Die Kritiker: «Die Tote in der Zisterne»

Story
Eine unbekannte Frau wird in der Zisterne Yerebatan Sarayi ermordet aufgefunden. Die Tote hat keine Papiere bei sich und niemand will etwas Ungewöhnliches bemerkt haben. Nur durch Zufall kann Kommissar Mehmet Özakin ihre Identität feststellen: Nach Jahren trifft er seinen Jugendfreund Yunus wieder, der die Ermordete als seine deutsche Nachbarin Anja Sonntag identifiziert, die er seit Tagen vermisst.

In ihrem Haus findet Özakin Hinweise darauf, dass Sonntag als Journalistin an einem investigativen Artikel über eine türkische Hotelkette gearbeitet hat und hohe Summen an einen Hotelanimateur überwiesen hat. Diese Spur und Nachforschungen der Journalistin Monika Adler, der besten Freundin der Ermordeten, führen ihn und seinen Kollegen Mustafa Tombul in das Touristenparadies Alanya, in dem sie als Urlauber getarnt einen Konflikt um türkische Traditionen, moderne Sitten und viel Geld aufzudecken versuchen. Doch die Suche nach dem Mörder gestaltet sich schwieriger als erwartet.

Darsteller
Erol Sander («Alexander», «Pompeji») ist Mehmet Özakin
Oscar Ortega Sánchez («Tatort») ist Mustafa Tombul
Christine Neubauer («Löwengrube», «Geierwally») ist Monika Adler
Burcu Günay ist Anja Sonntag
Murat Karabey Yilmaz («Süperseks») ist Yunus

Kritik
Der Krimi «Mordkommission Istanbul - Die Tote in der Zisterne» ist Start einer womöglich mehrteiligen Krimireihe um Kommissar Mehmet Özakin, der in Istanbul nicht nur gegen das Verbrechen, sondern auch gegen seine Vorgesetzten und die türkische Mentalität kämpfen muss.

Erol Sander, der zum ersten Mal in seiner Geburtsstadt Istanbul spielt, bildet darin mit Christine Neubauer das sympathische Duo aus Mehmet Özakin, dem aufgeschlossenen türkischen Kommissar, und Monika Adler, einer deutschen Journalistin, die türkische Polizeiarbeit eher skeptisch betrachtet. So sind kleine Konflikte vorprogrammiert, die den Film zu Anfang durchaus bereichern, ihn an einigen Stellen aber auch unnötig in die Länge ziehen.

Deutlich langatmig wird der Film auch durch die recht späte Besinnung auf die richtige Spur, die in das Touristenmekka Alanya führt sowie durch zahlreiche Zwischensequenzen in Özakins Wohnung, in der mit Özakins von Zuhause weggelaufener Nichte ein zweiter Handlungsstrang seinen Platz findet, der die Geschichte aber nicht beeinflusst. Positiv zu erwähnen sind die zahlreichen Naturbilder und stimmungsvollen Städteeindrücke rund um Istanbul, die davon zeugen, dass der Film mit viel Liebe zum Detail inszeniert wurde.

Leider schöpft der Film sein Potential, Kontroversen über Türkei zu entkräften oder in einen positiven Zusammenhang zu setzen, nicht aus. So reißt der Film diverse interessante Fragen zu durchaus aktuellen Themen wie Gleichberechtigung oder der Rolle von Bräuchen in einer modernen Metropole wie Istanbul an, denkt diese aber leider nicht konsequent zu Ende. Auch nach der Lösung des Falles, die einen Mord auf Basis von Konflikten zwischen moderner Welt und traditionellen Werten offenbart, hält sich der Film mit tiefergehenden Wertungen zurück. Nur oberflächlich werden Probleme wie Zwangsverheiratungen in die Handlung eingebunden, um sie nach kurzer und inhaltsloser Auseinandersetzung fallen zu lassen.

Die ARD präsentiert einen unaufgeregten Kriminalfilm, der erst gegen Ende an Fahrt zunimmt und trotz einiger Längen vor allem wegen beeindruckenden Bildern von Istanbul und der türkischen Riviera sowieso seines sympathischen Ermittlerduos Spaß macht. Mehr als eine nette Abendunterhaltung sollte man allerdings nicht erwarten.

Das Erste zeigt «Mordkommission Istanbul - Die Tote in der Zisterne» am Donnerstag, den 02. Oktober 2008, um 20:15 Uhr.
30.09.2008 11:01 Uhr  •  Jakob Bokelmann Kurz-URL: qmde.de/30080