Pro & Contra: War Heidenreichs Rauswurf gerechtfertigt?
In der vergangenen Woche trennten sich die Verantwortlichen vom Mainzer Sender ZDF von ihrer Moderatorin Elke Heidenreich. Zuvor ist die «Lesen!»-Moderatorin negativ aufgefallen: Sie beschimpfte in einem öffentlichen Artikel den Deutschen Fernsehpreis und behauptete, man würde „Hirnlose Scheiße“ auf Sendung schicken.
Pro von Christian Richter Die Verantwortlichen beim ZDF konnten im Fall Elke Heidenreich nicht anders handeln, als eine Zusammenarbeit sofort zu beenden. Zu unverschämt waren ihre öffentlichen Angriffe gegen den Sender. Nicht nur, dass sie sich in Ihrem ersten Artikel in der „Frankfurter Allgemeinen“ direkt nach der Ausstrahlung des Deutschen Fernsehpreises heftig im Ton vergriffen hat, sie hat auch nachdem sie sich von ihrem Arbeitgeber eine Schelte für dieses Verhalten eingefangen hat, noch einmal nachgelegt, wie ein bockiges Kind.
Da sich Elke Heidenreich auch nach mehreren Aufforderungen nicht entschuldigt hat, und stattdessen für ihre ohnehin schon wackelnde Sendung bessere Sendeplätze forderte, grenzte an Größenwahn. In ihren Artikeln fordert sie ihren Rauswurf wortwörtlich heraus. Diese Provokation musste entsprechende Konsequenzen nach sich ziehen. Darüber muss sich eine Frau, die seit Jahrzehnten in den Medien arbeitet, im Klaren sein.
Das ZDF hat sicher kein Problem mit einem gesunden Hinterfragen der eigenen Leistungen oder anderer Programme, aber seinem Arbeitgeber öffentlich „Hirnlose Scheiße“ vorzuwerfen und gleichzeitig das Aushängeschild Thomas Gottschalk zu beleidigen, übersteigt das zu tolerierende Maß.
Als öffentlicher, rechtlicher Sender hat das ZDF einen Bildungsauftrag und muss auch gesellschaftlich als Vorbild dienen können. Dies gilt ebenso für die Moderatoren, die den Sender repräsentieren und bei denen ein höheres Maß an Integrität vorausgesetzt wird. Diesem Idealbild konnte Elke Heidenreich nach der öffentlichen Schlammschlacht nicht mehr gerecht werden, sodass sich das ZDF konsequenterweise von ihr trennen musste, um seinen eigen Ruf vor großem Schaden zu bewahren.
Die Leidtragenden dieses Fehlverhaltens seitens Elke Heidenreich sind leider die Zuschauer. So wurde das ZDF gezwungen eine der letzten Literatursendungen im deutschen Fernsehen einzustellen.
Contra von Jan Schlüter Über die Art und Weise, wie Elke Heidenreich Kritik an ihrem (Ex-)Sender geübt hat, kann man sicherlich diskutieren. Nicht aber über die Tatsache, dass sie Recht hat. Hätte sie nicht so drastische Formulierungen ergriffen, hätte sie ohnehin niemand erhört und das Klagen wäre im Nichts verstummt. Und war es nicht das ZDF selber, das sich immer damit gerühmt hat, diese streitfreudige Frau als Sendergesicht zu haben? Doch wenn es einmal Kritik an dem eigenen Sender hagelt, die auch durchaus berechtigt ist, dann haben die Verantwortlichen kein Verständnis.
Hintergründig muss erwähnt werden, dass Heidenreich seit Jahren ein besserer Sendeplatz von «Lesen!» seitens des ZDF versprochen wurde – beispielsweise wieder am Dienstag, wie zu Beginn. Ewige Vertröstungen und nicht eingehaltene Versprechen ließen in Heidenreich schon lange vor dem Reich-Ranicki-Eklat die Wut hochkochen. Dass sich diese Wut nun entladen hat, ist nicht nur menschlich, sondern einfach nur ehrlich. Denn ihr Beispiel zeigt, dass öffentlich-rechtliche Sender wie das ZDF sich nicht um mehr Kultur im Hauptabendprogramm bemühen.
Der Verlierer beim Rauswurf von Elke Heidenreich ist ohnehin nur der Zuschauer: Denn «Lesen!» war so populär wie nur wenige anspruchsvollere Kultursendungen im Fernsehprogramm. Hier wurde jahrelang gezeigt, wie man Kultur und Literatur auch massenkompatibel im Abendprogramm produziert: Mit hochkarätigen prominenten Gästen wie Harald Schmidt, einer großartigen Sendekulisse und einer sympathischen, ehrlichen Moderatorin. Dass diese Ehrlichkeit Heidenreich am Ende zum Verhängnis wird, ist nicht nur schade, sondern auch bezeichnend für eine Fernsehlandschaft, die Kultur und Anspruch bestenfalls auf Nischensendern und im Spätabendprogramm versteckt. Und auch dem Zuschauer gegenüber hätte nie die Entscheidung getroffen werden dürfen, Elke Heidenreich einfach zu feuern, anstatt sich erwachsen mit der Kritik auseinanderzusetzen und nach Lösungen zu suchen.