ProSiebenSat.1 lässt keinen Stein auf dem anderen

Die deutschen Free-TV-Sender von ProSiebenSat.1 werden personell neu ausgerichtet. Das Unternehmen dreht munter am Personal-Karussel - doch die Mitarbeiter dürften derzeit ganz andere Probleme haben. Inzwischen steht auch fest, wie viele Mitarbeiter vom Umbau betroffen sein werden.

Foto: Sat.1Bei ProSiebenSat.1 rumort es kräftig: Nach Bekanntwerden des Umzugs von Sat.1 aus der Hauptstadt nach München, von dem Mitarbeiter und Chefs der Tochterunternehmen erst aus der Presse erfuhren, wird es auch personelle Veränderungen geben – und zwar in sehr großer Form.

In der Geschäftsführung gibt es zahlreiche Änderungen – die Wichtigste zuerst: Matthias Alberti (Foto) und Torsten Rossmann werden ihre Ämter als Geschäftsführer von Sat.1 niederlegen. Während Alberti neben Andreas Bartl Geschäftsführer bei der German Free-TV-Holding in München wird, bleibt Rossmann in Berlin und übernimmt dort die Leitung bei den Nachrichten und Magazinen. kabel eins-Chef Guido Bolten wird im Gegenzug neuer Chef von Sat.1 und Jürgen Hörner, der bislang bei ProSieben das Sagen hatte, wandert als neuer Geschäftsführer zu kabel eins.




Foto: ProSiebenSat.1„Ich freue mich sehr, dass ich die Senderfamilie in München mit langjährigen Weggefährten aufbauen kann. Matthias Alberti ist der Mann, der Sat.1 gemeinsam mit Torsten Rossmann wieder stabil auf elf Prozent Marktanteil gebracht hat. Dass wir nun gemeinsam am Erfolg aller Sender arbeiten, ist ein wichtiges Signal für die neue Familie“, sagte Andreas Bartl (Foto). „Guido Bolten hat aus kabel eins den innovativsten Sender der zweiten Generation gemacht und in diesem Jahr die höchsten Marktanteile der Sendergeschichte erzielt. Seine Kreativität wird bei Sat.1 neue Impulse setzen. Jürgen Hörner ist ein erfahrener Programmstratege und wird mit neuen Ideen den Programmerfolg von kabel eins weiter ausbauen.“

Unterdessen zählen nicht nur die Sat.1-Mitarbeiter zu den Verlierern, sondern auch diejenigen, bei bei SevenOne Media in Berlin arbeiten. Auch sie müssen nach München ziehen und werden dort mit SevenOne Media und SevenOne Interactive fusionieren. Der Plan der Gruppe ist schlicht und einfach: Die Konzernkommunikation wird künftig zentral gebündelt und alle Verwaltungsaufgaben werden in München erledigt. So will die ProSiebenSat.1-Gruppe insgesamt 225 Stellen einsparen.

Logo: ProSiebenSat.1Bei ProSiebenSat.1 spricht man indes von einem „Zukunftsprogramm“, mit dem allerdings ein Personalabbau von 225 Stellen über alle Funktionen einhergeht. Das entspricht etwa drei Prozent aller 6.000 Mitarbeiter der Gruppe oder etwa sieben Prozent der 3.000 Mitarbeiter in Deutschland. „Die vier Free-TV-Sender Sat.1, ProSieben, kabel eins und N24 sind das Herz unseres Unternehmens. Wir tun alles, um diese Sender zu stärken, damit ihr Erfolg im Zuschauer- und Werbemarkt nachhaltig gesichert ist“, sagte der scheidende ProSiebenSat.1-Vorstandschef Guillaume de Posch. Eine Aussage, über die die meisten Mitarbeiter der vier Sender wohl nur lachen können.

Die Anleger haben unterdessen jegliche Hoffnung auf Besserung verloren. Die Aktie des Unternehmens liegt derzeit bei nur noch 1,80 Euro - innerhalb eines Jahres verlor das Wertpapier somit fast 18 Euro an Wert. Vorstandschef Guillaume de Posch macht gute Miene zum bösen Spiel: „Die ProSiebenSat.1 Media AG ist seit der Übernahme der SBS Broadcasting Group im Sommer 2007 die zweitgrößte europäische TV-Gruppe. In einem schwierigen Marktumfeld haben wir einen Integrationsprozess gestartet, der die Marktposition der Gruppe entscheidend verbessert.“ Was er verschweigt: Erst mit der Zwangsübernahme von SBS ist das Unternehmen überhaupt in eine finanzielle Schieflage geraten.

Aus Kostensicht ist die Zusammenlegung und die Einsparung von über 200 Arbeitsplätzen bei einem so hoch verschuldeten Unternehmen verständlich, doch mit der Art und Weise hat die Geschäftsführung sicherlich erneut einen Keil zwischen Mitarbeiter und Arbeitsgeber getrieben.
13.11.2008 13:00 Uhr  •  Alexander Krei / Fabian Riedner Kurz-URL: qmde.de/30959