Die Kritiker: «Das Feuerschiff»

Story
„Ich war nie ein Held. Ich war nie ein Märtyrer“. Kapitän Johann Freytag musste schon viele Schicksale hinnehmen. Unter anderem einen Gangsterüberfall, bei dem einer seiner Männer ums Leben gekommen war. Heute halten viele seiner Crewmitglieder den Kapitän für einen Feigling, weil er seinem Kollegen damals nicht geholfen hat – aber was wirklich geschah, weiß nur er selbst. Freytag ist Kapitän eines Feuerschiffs, das ein allerletztes Mal zur Wache ausfährt. Zu diesem Anlass nimmt er seinen Sohn Fred mit auf die Nordsee. Doch die letzte Routinefahrt entpuppt sich als Spiel auf Leben und Tod. Denn als Freytag Schiffsbrüchige findet und die Leute an Bord holt, stellt sich heraus, dass dies eine dreiköpfige Gangsterbande ist. Doktor Caspary, Führer der Bande, verlangt von Freytag die Reparatur des eigenen Schiffes oder die Aussetzung an Land – zu beidem willigt der verantwortungsvolle Kapitän nicht ein.

Seine Crew drängt immer wieder darauf, die Gangster bei Nacht zu erledigen, doch Freytag wehrt sich. Er will warten, bis die Wache des Feuerschiffs beendet ist und die Situation unblutig bereinigt werden kann, auch weil die anderen bewaffnet sind. Immer wieder erinnern seine Männer und besonders sein Sohn Fred ihn daraufhin daran, dass er wieder feige der Konfrontation entgeht, wie er es damals getan hat, als er seinem Kollegen nicht half. Es entwickelt sich ein psychologisches Spiel zwischen der Schiffscrew und den Gangstern, besonders in der Person des ruhigen Kapitäns Freytag und des intelligenten Doktor Caspary, bis niemand mehr dem anderen, auch nicht den eigenen Kumpanen, trauen kann und nicht mehr erkennbar ist, wer Freund oder Feind ist.

Darsteller
Jan Fedder («Großstadtrevier») ist Johann Freytag
Tobias Schenke («Harte Jungs») ist Fred Freytag
Axel Milberg («Tatort») ist Caspary
Margarita Broich («Teufelsbraten») ist Inga
Christian Tasche («Die Rettungsflieger») ist Rethorn

Kritik
«Das Feuerschiff» ist ein beklemmender, düsterer Film. Jederzeit hat man das Gefühl, als könnte die Situation auf dem Schiff eskalieren und ein offener Kampf entbrennen. Diese Spannung, die sich im Laufe des Films immer weiter steigert, ist das zentrale Element dieser Geschichte, die auf der literarischen Erzählung von Siegfried Lenz basiert. Durchzogen wird der komplette Film bis auf wenige Stellen von einer passenden Hintergrundmusik. Die Szenen, in denen keine Musik eingesetzt wird, stechen dann besonders hervor. Regelmäßige authentische Soundeffekte wie das ständige Knarren des Schiffs intensivieren die beklemmende Atmosphäre, die den Film auszeichnet.

Negativ zu kritisieren sind die etwas farblosen Nebencharaktere, die allesamt nicht viel zur Story beitragen und insgesamt wenig unterscheidbar sind. Hier hätten die Macher die Schiffsmitglieder etwas intensiver und prägnanter darstellen sollen, auch wenn natürlich nicht zu sehr von der Buchvorlage abgewichen werden darf. Denn so konzentriert sich der Film doch sehr stark auf den Kapitän Freytag und dessen Schicksal. Ziemlich unglücklich sind die versuchten Anpassungen an die heutige Gesellschaft, wie beispielsweise die Benutzung von Handys. Da es bemannte Feuerschiffe ohnehin schon viele Jahre nicht mehr gibt, hätte es solche unnötigen Modernisierungen nicht gebraucht, weil sich dadurch auch klare Logikfehler ergeben.

Insgesamt ist «Das Feuerschiff» ein guter und spannender Film, der besonders durch die exzellenten und authentischen schauspielerischen Darbietungen von Axel Milberg als Caspary und ganz besonders von Jan Fedder als Kapitän Freytag glänzen kann. Wer sich auf die ruhige, psychologisch aufgeladene Atmosphäre ohne jegliche Action einlassen kann, wird seinen Gefallen an dem Film finden. Aber Achtung: Dies ist kein Popcornkino, das man anschaut und sofort wieder vergisst. Nein, gemäß der Lenz‘schen Vorlage, ist dies ein Drama, das einen nach der Konsumierung nicht sofort loslässt.

Die ARD strahlt «Das Feuerschiff» am Mittwoch, 26. November 2008, um 20.15 Uhr aus.
25.11.2008 11:52 Uhr  •  Jan Schlüter Kurz-URL: qmde.de/31169