Während die Mitarbeiter von Sat.1 nur einmal die Koffer packen müssen, werden die in Unterföhring arbeitenden Leute mehrfach umziehen.
Das europäische Medienunternehmen ProSiebenSat.1 Media AG überraschte in den vergangenen Jahren gleich mehrfach seine Aktionäre, Mitarbeiter und die Journalisten. So zwangen die Hauptaktionäre KKR/Permira den Fernsehkonzern die Tochterfirma SBS Broacasting zu einem Preis von knapp drei Milliarden Euro zu übernehmen. Die Finanzinvestoren erzielten mit dem Verkauf der Tochterfirma SBS an die andere Tochterfirma ProSiebenSat.1 einen Gewinn von einer Milliarde Euro, seither lastet auf den Schultern des Münchener Konzerns eine riesige Schuldenlast. Deshalb wird beim größten TV-Unternehmen in Deutschland an allen Ecken und Enden gespart, so sollen beispielsweise alle TV-Sendungen einen 30-prozentigen Gewinn einfahren – andernfalls kommt die gnadenlose Absetzung wie bei «Sat.1 am Mittag».
Kein Wunder also, dass die Stimmung mies ist. So mies sogar, dass die Mitarbeiter in den Streik traten und ihre Arbeit niederlegten. Das Problem an der Sache war allerdings, dass die streikenden Sat.1-Mitarbeiter, die nach Unterföhring verfrachtet werden sollen, keinen Schaden anrichten konnten. Die Nachrichten werden vom Schwestersender N24 hergestellt und an tagesaktuellen Sendungen hat man ansonsten das «Sat.1 Frühstücksfernsehen» und «Das Sat.1-Magazin» im Programm. Beide Sendungen zeichnen sich nicht durch teure und spezielle Themen aus, weshalb man auch mit Archivware zunächst zeitweise gut über die Runden kommt.
Dass die Angestellten in Berlin über die Arbeitsplatzsituation gefrustet sind, ist eine Sache. Doch es droht schon wieder neuer Ärger, denn in Unterföhring ist ebenfalls ein doppelter Umzug angesagt. Dieses Vorhaben ist noch nicht von der Konzernspitze bestätigt, allerdings stehen Umzugskartonagen in den Räumen bereit. Der Grund ist simpel: Die Kollegen aus Berlin brauchen innerhalb kürzester Zeit ein neues Zuhause, weshalb Architekten in den Gebäuden der ProSiebenSat.1-Gruppe herumlaufen und Ideen für neue Büros entwerfen. Aus den früheren Büros mit zwei bis drei Angestellten, werden nun Großraumbüros gestaltet. Immerhin sollen künftig noch mehr Menschen in der Unterföhringer Medienallee ihrer Arbeit nachgehen können.
In der Zeit des Umbaus müssen die Angestellten wie die von der ProSieben Television GmbH ihre Geschäftsräume verlassen und beziehen in Unterföhring ein anderes Gebäude. Dieses wurde angemietet und soll den mehreren hundert Leuten ermöglichen zu arbeiten. Wann es zum mehr oder weniger munteren Kofferpacken kommt und wie lange die Beschäftigen im Zwischenlager verweilen, ist unklar.
Vorsichtigen Spekulationen einiger Angestellten innerhalb der ProSiebenSat.1-Gruppe zufolge soll der gesamte Umzug und die Integration von Sat.1 in Unterföhring auf rund fünfzig Millionen Euro beziffert werden. Eine Auskunft der ProSiebenSat.1 Media AG gibt es zu diesem Thema natürlich nicht, immerhin weiß man selbst noch nicht, wie hoch die tatsächlichen Kosten ausfallen werden. Für die Mitarbeiter ist allerdings klar, dass dieser Schritt ausschließlich dazu diente, einen Großteil der Sat.1-Beschäftigten recht schnell vor die Tür zu setzen.
Zweifelsohne ist der Umzug für die Angestellten des Unternehmens eine Zumutung, jedoch eröffnen sich dadurch völlig neue Möglichkeiten. So wurde im Zuge dieses Umzuges der Sat.1-Geschäftsführer Matthias Alberti ebenfalls zum Chef der German Free-TV-Group bestellt. Der frühere kabel eins-Chef Guido Bolten soll künftig Sat.1 führen. Angesichts der oft zweifelhaften Vorhaben des Senders kann dieser Schritt in eine gute Richtung führen, denn mit den krampfhaften Versuchen am Mittwoch Doku-Soaps zu etablieren, am Donnerstag mit eigenproduzierten Serien zu punkten und am Freitag weiterhin mit Sketch-Shows erfolgreich zu sein, scheiterte Alberti kläglich.
Wenn Sat.1 seine neuen Büroräume in Unterföhring bezogen hat und die Mitarbeiter der übrigen Firmen wie ProSieben ihre neuen Arbeitsplätze aufsuchen, wird sich die schlechte Stimmung allmählich legen. Jedoch hat sich schon in den vergangenen Jahren gezeigt, dass den Gesellschaftern der ProSiebenSat.1 Media AG das Wohlwollen der Mitarbeiter schlichtweg unwichtig ist. Insofern ist es nur eine Frage der Zeit bis den Beschäftigten erneut ein Messer in den Rücken gerammt wird.