Kennst du schon…Ingo Stabler, den Redaktionsleiter von «Britt»?

Die Daily-Talkshow «Britt» ist seit vielen Jahren ein beständiges und erfolgreiches Programm am Mittag bei Sat.1. Quotenmeter.de sprach mit Ingo Stabler, dem Redaktionsleiter der Sendung, über Hintergründe und Erfolgsgeheimnisse im Talkshow-Geschäft.

Am spannendsten ist es für Ingo Stabler und sein Team, wenn die Kamera aufnimmt und die Aufzeichnung ansteht. „Kommen alle eingeladenen Gäste? Wie entwickelt sich der Talk auf der Bühne? Da unsere Geschichten ja nicht gescriptet sind, ist der Ausgang meistens offen“, erläutert Stabler, für den jede neue Sendung Überraschungen bereit halten kann.

Stabler ist seit der ersten Sendung im Januar 2001 Redaktionsleiter der Daily-Talkshow «Britt», die werktäglich um 13.00 Uhr in Sat.1 ausgestrahlt und von Schwartzkopff-TV produziert wird. Er kennt das Geschäft daher in- und auswendig. „Für mich war schon sehr früh klar, dass ich zum Fernsehen möchte. Nach meinem Volontariat und einem Studium (Medienberatung) habe ich als Redakteur für die Talkshow «Sonja» (Sat.1) gearbeitet. Später wechselte ich dann zu «Ricky», wo ich Chef vom Dienst war. Redaktionsleiter bei «Britt» bin ich seit der ersten Sendung“, sagt er über seinen beruflichen Werdegang. Ihn gab es aber nur „im Doppelpack“: Sein Hund „Fröhlich“ war von nun an die tierische Seele des Teams.

Im Monat gibt es durchschnittlich sechs Aufzeichnungstage, an denen jeweils drei Shows mit Moderatorin Britt Hagedorn produziert werden. An den restlichen Tagen des Monats geht es um „Recherche, Recherche, Recherche“, wie Stabler betont. „Das ist schon ein bisschen wie Goldgräberei. Die Gäste müssen in unser Format passen und echt sein. Bis eine Sendung aufgezeichnet wird, führen die Redakteure sehr viele Telefonate und Gespräche, machen Recherchen und Gegenrecherchen. Gemeinsam mit seinem Chef vom Dienst plant der für die Sendung verantwortliche Redakteur die Inszenierung und den dramaturgischen Ablauf der Sendung, mit welchem Gast im Vorwege evtl. gedreht wird, wo welche Tests gemacht und organisiert werden müssen usw.“

Die meisten Bewerber, die als Gast in einer Show auftreten, melden sich laut Stabler heute hauptsächlich per SMS. Entscheidend für einen wirklichen Auftritt sei dann die Fallhöhe: „Was steht auf dem Spiel, um welche Konsequenzen geht es? So paradox das klingen mag: Manchmal ist es besser, eine Sache im öffentlichen Raum auszudiskutieren, weil der im Einzelfall einen größeren Schutz bieten kann als die eigenen vier Wände. Wer die Tragweite seines Handelns nicht abschätzen kann, hat nichts auf unserer Bühne verloren.“ Letztendlich ist der Auftritt des jeweiligen Gastes wichtig: „Ein Gast, der lebhaft und unverblümt seine Story erzählt, ist mir lieber, als einer, der nur Andeutungen macht – auch wenn seine Geschichte vielleicht viel besser ist.“

Immer wieder gab es, besonders in den 90er Jahren den Vorwurf, die Talkshow-Gäste seien Schauspieler und gar nicht echt. „Was unsere Gäste erleben und auf der Bühne schildern kann sich der beste Drehbuchautor manchmal sicherlich kaum ausmalen. Und ehrlich gesagt, kann ich sogar nachvollziehen, dass der Zuschauer teilweise den Eindruck bekommen kann, wir würden einige Fälle faken. Das liegt dann wahrscheinlich daran, dass die eigene Fantasie nicht soweit reicht. Was aber kein Vorwurf sein soll. Wir suchen eben immer nach der ganz besonderen Geschichte, die weit über das hinaus geht, was man als „Normalbürger“ so erlebt“, entgegnet Stabler den Kritikern, die den Wahrheitsgehalt der Gäste anzweifeln.

Seit dem Start der Talkshow vor neun Jahren hat sich viel im Geschäft verändert. Die klassischen Daily-Talks sind rar geworden – heute ist «Britt» das aktuell einzig erfolgreiche Format seines Genres, sodass Ingo Stabler und das Team die Show immer wieder neu erfinden müssen: „Die Vorbereitung der einzelnen Sendungen ist heute sehr viel komplexer als noch vor ein paar Jahren. Damals wurde ja praktisch über jedes Thema im Talk geredet. «Britt» hat sich sehr spezialisiert auf Partnerschafts- und Beziehungskonflikte. Da wir in den Sendungen immer lösungsorientiert sind, machen wir eine Fülle von Vaterschafts- oder Lügendetektortests, drehen Einspieler mit den Gästen, sowohl vor als auch nach der Show.“

Das Sehverhalten der Zuschauer hat sich im Laufe der Zeit verändert. In den Gerichtsshows wird am Ende in Form des Urteils ein deutliches Ergebnis geliefert, bei «Britt» geht man seit vielen Jahren mit der Zeit und präsentiert ebenfalls harte Fakten in Form eines Vaterschaftstest oder Lügendetektors: „Ergebnisse, Entscheidungen, Konsequenzen – das ist das, was der Zuschauer heute sehen will“, sagt Stabler über die Ansprüche des Publikums. „Welche Entscheidungen treffen die Gäste? Welche Konsequenzen gibt es? Der Zuschauer ist da sehr wählerisch geworden. Einige Themen, die noch vor Jahren gut gelaufen sind, funktionieren deshalb heute überhaupt nicht mehr. Das Spannende – und manchmal auch der Fluch - am Medium Fernsehen ist ja, dass man als Macher quasi täglich eine Quittung für seine Arbeit bekommt. In Form der Einschaltquote.“

In dieser Hinsicht scheint die Redaktion von «Britt» also gute Arbeit zu leisten. Denn die Show ist im neunten Jahr weiterhin ein sehr erfolgreiches Nachmittagsprogramm und meist beliebter als die RTL-Konkurrenz der «Oliver Geissen Show» um 14.00 Uhr. Ingo Stabler macht für den Erfolg hauptsächlich das Konzept sowie die Moderatorin verantwortlich: „Eine Talkshow ist aber auch eine Show – und das heißt, dass wir durch Inszenierungen den Talk spannend machen und den Zuschauer unterhalten wollen. Wir haben mit Britt eine Moderatorin, die sich wirklich für ihre Gäste interessiert und sie ernst nimmt. Der Zuschauer spürt so etwas. Heute ist es auch richtig und wichtig, als Moderator einer Talkshow eben nicht ausschließlich moderat zu sein. Britt sagt ihre Meinung und spricht damit aus, was der Zuschauer denkt.“

„Ich bin überzeugt, dass der Talk – in welcher Form auch immer – seine Berechtigung im Fernsehen hat“, sagt Stabler über die Langlebigkeit des Daily-Talkshow-Genres, das immer wieder totgesagt wurde. Doch nicht nur die Halbwertszeit dieser Formate wurde häufig diskutiert, sondern auch das vermeintlich niedrige Niveau, das mit Sendungen wie «Britt» oft für den Qualitätsverfall des deutschen Fernsehens verantwortlich gemacht wird. „Was soll schlecht sein an Spannung, Lachen, Weinen, Streiten, Überraschung und Provokation? Mir fallen da einige Fernsehformate ein, die diese Attribute nicht unbedingt für sich behaupten können“, entgegnet Stabler den Kritikern.

„Talk ist ein sehr faszinierendes und buntes Genre. Wo sonst erleben Sie Menschen, die so offen über ihre Probleme sprechen, Konflikte austragen, Meinungen austauschen oder ihren Emotionen auch mal freien Lauf lassen? Das Zwischenmenschliche ist für uns alle wichtig, jeder sucht nach Orientierung und den unmittelbaren Vergleich.“ Besonders quotenmäßig kann auch das Team von «Britt» jedem Vergleich standhalten. Und so wird es wohl in den nächsten Jahren weiterhin tägliche Talkshow-Ware in Sat.1 für den Zuschauer geben.
09.04.2009 10:44 Uhr  •  Jan Schlüter Kurz-URL: qmde.de/34220