Weißt du noch? Als «ran» in der Primetime scheiterte

Die Fußball-Bundesliga am Samstagabend gegen «Wetten, dass..?» – unvorstellbar, dennoch sollte genau das vor acht Jahren Realität werden. Sat.1 und Leo Kirch hatten die Rechnung damals allerdings ohne die Zuschauer gemacht.

Für die nächsten Jahre dürfte der Streit um die Fußball-Bundesliga nun erst einmal ruhen, nachdem die Rechte für die nächsten vier Saisons vergeben sind. Doch der Kampf um den rollenden Ball hat Tradition und führte in der Vergangenheit zu manch kurioser Entscheidung. Fußballfans werden sich mit Schrecken noch an das Jahr 2001 erinnern: Jenes Jahr, in dem die Macht der Zuschauer letztlich doch über die Macht der Fußball-Funktionäre siegte.

Worum ging es? Die Free-TV-Rechte an der Bundesliga besaß zum damaligen Zeitpunkt der Privatsender Sat.1, der am Wochenende die Spieltags-Zusammenfassungen im Rahmen von «ran» präsentierte. Das Konzept: Zwischen viel Show rollte damals zur Überraschung aller immer mal wieder der Ball. Der Berliner Sender war es, der aus den Berichten rund um die für viele schönste Nebensache der Welt eine Unterhaltungssendung machte, nicht immer zur Freude der Fans.

Wirklich rentabel war die Bundesliga für Sat.1 nie, doch immerhin brachte «ran» gute Quoten. Das sollte sich im August 2001 allerdings ändern. Leo Kirch, damals Betreiber des Pay-TV-Senders Premiere World, hatte eine Verschiebung der Fußball-Berichterstattung am Samstagabend auf 20:15 Uhr verlangt, um sein Bezahlfernsehen am Markt besser positionieren zu positionieren. Und letztlich kam es genau so: «ran» ging als große Samstagabendshow auf Sendung, wurde vom Publikum allerdings von Anfang an komplett abgelehnt.

Die Fußball-Bundesliga am Samstagabend gegen «Wetten, dass..?» – unvorstellbar, dennoch sollte genau das vor acht Jahren Realität werden. Sat.1 und Leo Kirch hatten die Rechnung damals allerdings ohne die Zuschauer gemacht.

Die Folge: Gerade mal 2,22 Millionen Fernsehzuschauer sahen den Auftakt zur neuen Saison, eine Woche später saßen sogar nur noch 2,05 Millionen Fans vor den Fernsehern. Besonders bitter für Sat.1: Selbst das zwei Stunden später ausgestrahlte «Aktuelle Sportstudio» erreichte mehr Menschen als die Erstverwertung der Liga-Bilder durch den Privatsender. Der Super-GAU für Sat.1 war damit perfekt. „Hier zwingt man den Menschen ein Produkt auf zu einer Zeit, in der sie es eigentlich gar nicht haben wollen“, beschrieb Gerd Niebaum, Präsident von Borussia Dortmund, die Lage deutlich. „Der Bruch mit den tradierten Gewohnheiten ist zu groß. Ich gebe «ran» keine große Chance.“

Und er sollte Recht behalten, denn die Probleme wurden immer größer – spätestens mit der Ankündigung großer Unternehmen, auf Werbung innerhalb der quotenschwachen Sendung verzichten zu wollen, musste gehandelt werden. Hoffnung auf mehr Zuschauer gab es ohnehin nicht, denn spätestens mit der Rückkehr von Thomas Gottschalk oder Günther Jauch aus der Sommerpause wäre ein weiterer Quoten-Rückgang wohl unvermeidlich gewesen. Ohnehin gab es nach drei Wochen den endgültigen Tiefpunkt für «ran»: Mit 1,68 Millionen Zuschauern spielte Sat.1 nun nicht mal mehr in der zweiten Liga.

„Ich bin sprachlos, und weiß echt nicht, was wir noch machen können“, sagte der damalige «ran»-Moderator Jörg Wontorra. „Ich bin enttäuscht über die Quote, weil Fußball eigentlich mehr Wert hat.“ Daher musste schließlich gerettet werden, was eigentlich nicht mehr zu retten war: Nach drei verkorksten Wochen siegten die Fans über Sat.1 und die Bundesliga, mit der Folge, dass «ran» samstags um 19:00 Uhr an den Start gehen konnte. Eine weitere Saison hielt die Fußballshow noch durch, ehe die Rechte schließlich von der ARD erworben wurden, wo die «Sportschau» eine Renaissance feierte, wenngleich auch die öffentlich-rechtliche Zusammenfassung angesichts des immensen Werbe-Umfelds bis heute immer wieder kritisiert wird.

Die Quoten sprechen dennoch eine deutliche Sprache: Schon das Comeback der «Sportschau» ließ das Interesse deutlich ansteigen – über 36 Prozent Marktanteil wurden zu Beginn der Saison 2003/2004 gemessen. Inzwischen schalten wöchentlich bis zu sechs Millionen Fans ein. Kaum zu glauben, dass sich daran in den nächsten Jahren etwas verändern wird. «ran» kehrt ab dem Herbst allerdings trotzdem auf die Bildschirme zurück, wenngleich Sat.1 nur die Wortmarke für seine Berichterstattung über Champions League und Europa League zu neuem Leben erwecken wird. Wahrscheinlich keine schlechte Idee, denn trotz aller Negativ-Schlagzeilen wird der Name «ran» noch immer mit Sat.1 in Verbindung gebracht. Daran konnte auch das gescheiterte 20:15 Uhr-Projekt im Jahr 2001 nichts ändern.
23.05.2009 09:38 Uhr  •  Alexander Krei Kurz-URL: qmde.de/35070