Hinter den Kulissen von «Ich kann Kanzler»

Am 14. und 15. Mai fand im Plenarsaal des ehemaligen Bundestags in Bonn das Casting zur ersten Politiktalentsshow im deutschen Fernsehen statt. Das ZDF strahlt die Dokumentation zum Casting von „Ich kann Kanzler!“ am Donnerstag, 18.06., um 21.00 Uhr aus. Tobias Kurzmaier, einer der 40 Vorrundenteilnehmer, beschreibt exklusiv für Quotenmeter.de vorab seine Eindrücke und Erlebnisse.

Zunächst gilt es festzuhalten, dass für mich alles zu «Ich kann Kanzler!» mit Quotenmeter.de begann. Meiner Erinnerung zufolge war es heuer im Januar als ich dort zum ersten Mal etwas über «IKK» las. Den Aufruf des ZDF, Kandidaten würden für die erste Politiktalentshow im deutschen Fernsehen gesucht, nahm ich gerne auf. Die Hauptanforderungen sah ich auf den ersten Blick erfüllt: Teilnehmeralter zwischen 18 und 35 Jahren sowie politisch interessiert und bestenfalls auch engagiert. Ich bin 32 Jahre, bezeichne Politik als mein größtes Hobby, allerdings nicht erst seit kurzem, sondern schon seit meiner Jugendzeit. 15 Jahre bin ich Mitglied der Jungen Union und 13 Jahre der CSU.

Per E-Mail ging meine Bewerbung ans ZDF. Zu erarbeiten galt es unter anderem eine „Idee für Deutschland“, die man als Bundeskanzler gerne umsetzen würde. Ich entschied mich für „Mehr Austausch wagen“, was ein neues Gesetz vorsah, das regelt, dass jeder Schüler während seiner Schulzeit an einer allgemeinbildenden Schule mindestens einen Schüleraustausch mit dem Ausland absolviert. Dazu sollte man ein kurzes Video über sich drehen und einen Menschen, zu dem man aufschaut, als Paten für seine Bewerbung gewinnen. Die Videos aller 40 Vorrundenteilnehmer sind unter www.kanzler.zdf.de abrufbar. Es erfüllte mich mit einigem Stolz, dass mit Herrn Botschafter a.D. Hermann Huber aus Grafing bei München ein langjähriger guter Freund die Patenschaft für meine Bewerbung übernahm. Hermann Huber managte als Deutscher Botschafter in Prag 1989 mit großem Engagement und Geschick das Flüchtlingsdrama der DDR-Bürger auf dem Botschaftsgelände. Zusammen mit Bundesaußenminister a.D. Hans-Dietrich Genscher stand er am 30.09.1989 (meinem 13. Geburtstag) auf dem Balkon der Prager Botschaft, als dieser den ca. 6.000 Flüchtlingen ihre Ausreiseerlaubnis in die BRD verkündete.

Einige Wochen vergingen bis ich in einer Pressemitteilung des ZDF las, dass sich letztlich 2.500 Menschen für «IKK» beworben hatten. Diese Zahl überraschte mich immens. Mit so vielen Mitbewerbern hatte ich nie gerechnet. Parallel dazu erreichte mich ein erster Anruf des Redakteurs Armin Block von i & u TV, der Produktionsfirma von Günther Jauch, die «IKK» für das ZDF produziert, dass ich in einer engeren Auswahl für die 40 Vorrundenteilnehmer sei und man würde gerne bei mir zuhause ein paar Filmaufnahmen machen. So geschah es dann auch wenige Tage später. Der Besuch von Herrn Block wird mir stets in bester Erinnerung bleiben, weil er es journalistisch gut verstand mich treffend zu portraitieren. Da ich selbst Fachjournalist bin, erlaube ich mir diese Wertung. Vielleicht mag ihm die „Kulisse“ bei mir daheim an der einen oder anderen Stelle etwas gestellt vorgekommen sein, aber es war eben keine Kulisse, sondern es war so wie es immer bei mir ist. Auf dem Schreibtisch die Deutschlandfahne, Portraitbilder von Franz Josef Strauß und Papst Benedikt XVI., eine Menora aus Jerusalem, verschiedene Münzen, ein Globus, dazu an den Wänden im Büro eine Menge Weltkarten und in der Bibliothek unter anderem die Biographien Kurt Georg Kiesingers, Ariel Scharons, Richard Nixons, Bücher wie Der Baader Meinhof Komplex, Elite und Demokratie, Der lange Weg zum 20. Juli, die Charta der Grundrechte der EU und natürlich das Grundgesetz.



Kurz vor Ostern rief mich Herr Block dann erneut an, dass meine Bewerbung, mein Video, meine Idee sowie mein Pate, ergo das Gesamtpaket, das ZDF überzeugt habe, und ich tatsächlich unter den 40 Vorrundenteilnehmern bin. Natürlich freute ich mich darüber. Sogleich wurde ich von ihm zum zweitägigen Casting nach Bonn eingeladen, wo eine Jury bestehend aus Anke Engelke, Günther Jauch und Henning Scherf entscheiden würde welche sechs der 40 Teilnehmer ins Finale kommen. Die Firma MBTV Productions aus Berlin übernahm die gesamte Reise- und Übernachtungskoordination sowie die Betreuung der Teilnehmer vor Ort in Bonn und dies tat sie gar exzellent. Man brauchte sich um wirklich nichts kümmern und fühlte sich sehr professionell versorgt. Am Donnerstag, 14.05., früh morgens ging es dann im ehemaligen Bundestag los. Als medienkundiger Mensch erkannte ich rasch, dass das ZDF diese Produktion nicht auf die leichte Schulter nahm. Man sah sofort anhand der Ausstattung, des zahlreich eingesetzten Personals und des ganzen Aufbaus, dass hier eine große Kiste laufen würde. Alle 40 Kanzlerkandidaten versammelten sich in einem Besprechungsraum über dem Plenarsaal und als Erster ergriff ZDF Chefredakteur Nikolaus Brender das Wort. Der ging dann auch um den großen Besprechungstisch herum, begrüßte jeden Teilnehmer einzeln und gab jedem die Hand.

Ein Kandidat stand auf, reichte ihm die Hand und sprach laut für alle vernehmbar „Halten Sie gegen die CDU-Front durch!“. Da dachte ich mir gleich, hier bist Du tatsächlich am richtigen Platz. Hier wird es schon bei der Begrüßung politisch! Wir 40 erfuhren, dass 20 von uns am Donnerstag und die restlichen 20 am Freitag der Jury vorsprechen würden. Ich gehörte zur Freitagsgruppe und konnte so einen entspannten Tag in der schönen Bundesstadt Bonn verbringen. Wie es sich für einen Kanzlerkandidaten gehört, nutzte ich die freie Zeit, um auf den Spuren ehemaliger Kanzler zu wandeln. Wenn man dann mal selbst vor dem Palais Schaumburg und dem alten Bundeskanzleramt, das man von so vielen TV-Bildern aus den siebziger und achtziger Jahren kennt, steht, ergreift einen schon, - jedenfalls mich -, ein staatsmännisches Gefühl. Gerüttelt an den Stäben und gerufen „Ich will hier rein!“ wie es vom späteren Bundeskanzler Schröder überliefert ist, habe ich im Übrigen nicht. Oder vielleicht doch? Dann höchstens geistig … Jetzt wäre ich aber hier auch falsch, denn das ehemalige Kanzleramt ist nun Dienstsitz des Bundesministeriums für Entwicklungshilfe und wirtschaftliche Zusammenarbeit und Frau Wieczorek-Zeul möchte ich ihren Job nicht streitig machen.

Jeder der 40 Kandidaten hatte rund 15 Minuten Zeit vor der Jury zu sprechen und sie von sich und seiner „Idee für Deutschland“ zu überzeugen. Die ersten waren bereits am Donnerstag ausgeschieden und traten abends noch die Heimreise an. Für mich als „alten“ Politikhasen, der man auch schon mit 32 sein kann, war das allerdings kaum verwunderlich. Ich zolle jedem der 39 Mitbewerber, die wie ich dort unter dem Bundesadler am Rednerpult des ehemaligen Bundestags standen, wo auch schon Helmut Kohl und Gerhard Schröder sprachen, Respekt, insbesondere den jüngeren und den gerade mal mit 18 volljährigen. Dass es gleich drei 18-Jährige ins Finale geschafft haben, überrascht, aber zeugt auch von deren Qualität.

Warum nicht alle Kandidaten wirklich für das Format geeignet waren, verrät Tobias Kurzmaier auf der nächsten Seite.



Am 14. und 15. Mai fand im Plenarsaal des ehemaligen Bundestags in Bonn das Casting zur ersten Politiktalentsshow im deutschen Fernsehen statt. Das ZDF strahlt die Dokumentation zum Casting von „Ich kann Kanzler!“ am Donnerstag, 18.06., um 21.00 Uhr aus. Tobias Kurzmaier, einer der 40 Vorrundenteilnehmer, beschreibt exklusiv für quotenmeter.de vorab seine Eindrücke und Erlebnisse.

Nur und das muss auch in aller Offenheit und Ehrlichkeit gesagt werden, waren schon einige, gerade jüngere, Kandidaten dabei, wo man wirklich nur den Kopf schütteln konnte. Drei selbst erlebte Beispiele gefällig? Gerne! Ein Kandidat kehrt vom Juryinterview zurück und sagt er ist nicht weiter. Als Vorbild vor der Jury, - jeder Teilnehmer musste sich vorab für ein Vorbild entscheiden, Politiker, Sportler, Künstler etc. und von diesem Vorbild wurde ein Bild ans Rednerpult gestellt -, habe er Helmut Schmidt genannt. Daraufhin fragte ihn Günther Jauch nach drei Verdiensten von Bundeskanzler Schmidt. Er wusste allerdings nicht eines. Weiteres Beispiel: Ein anderer Kandidat fragt mich: „Wen hast Du denn als Vorbild?“ Ich antworte Kurt Georg Kiesinger. Er darauf: „Ah ja, wer war das nochmals gleich, unser erster Bundeskanzler, oder?“ Und noch ein Beispiel: Wieder ein anderer Kandidat zu einer Kandidatin: „Wo kommst du her?“ Antwort Kandidatin: „Aus Magdeburg.“ Reaktion Kandidat: „Ah aus Thüringen - oder Magdeburg das ist doch im Osten?“

Am Freitag, 16.05., gegen 10.30 Uhr war es dann für mich soweit. Wie hätte es Uri Geller angekündigt „The stage is yours.“ Nachdem ich verkabelt war und die Maske noch etwas Make up aufgelegt hatte, musste ich vor einer gläsernen Tür zum Plenarsaal warten. Drinnen war noch mein Vorredner zu Gange. Ein freundlicher Redakteur nutze die Zeit für ein kurzes Interview und stellte mir einige Fragen, insbesondere wie ich denn die Jury einschätzen würde? Meine Einschätzung der Jury änderte sich im Übrigen keinen Deut nach meiner Viertelstunde mit ihr und somit auch nicht, nachdem ich wusste, dass ich nicht im Finale bin.

Mir begegneten die drei Juroren exakt dergestalt wie ich es auch erwartet hatte: Hennig Scherf saß politisch korrekt links außen, Günther Jauch in der Mitte und Anke Engelke rechts. Henning Scherf hatte für mich eine klare Berechtigung Teil dieser Jury zu sein, da er jahrelang politische Verantwortung in der SPD innehatte und das herausragende Amt des Bürgermeisters der von mir geschätzten sowie gemochten Freien Hansestadt Bremen bekleidete. Mit ihm sah ich mich gerne Auge um Auge.

Mit Günther Jauch und mir scheint es irgendwie eine schicksalhafte Bande zu sein, die Göttin Fortuna einmal verhängt hat. Nicht nur, dass ich seit über 15 Jahren mit einem seiner engen Berater befreundet bin und mit Thomas Gottschalk schon vor über zehn Jahren die eine oder andere Hausparty in Grünwald gefeiert habe, sondern auch noch, dass wir zwei uns vor drei Jahren schon einmal in kompetitiver Haltung gegenüber einfanden, als ich ihm als Kandidat bei „Wer wird Millionär?“ gegenüber saß. Nun also wieder mal ein medialer Akt Jauch - Kurzmaier – der nächste und bei unserem Lauf wahrscheinlich gewiss nicht der letzte. Dass auch er wie Henning Scherf letztlich nicht für mich mit ja stimmte, nehme ich ihm aber keineswegs übel – genauso wenig wie die Frage nach dem Schraubenschlüssel, die mich damals bei «Wer wird Millionär» von 16.000 Euro auf 500 Euro abstürzen ließ.



Günther Jauch ist für mich ein von Grund auf anständiger Kerl, der sich unter anderem für Denkmalschutz, den Erhalt von Religionsunterricht und eine solide konservative Erziehung von Kindern einsetzt. Bei all diesen Themen hat er mich als Mitstreiter an seiner Seite. Somit war auch Jauch meines Erachtens gut in der Jury aufgehoben. Etwas schmunzeln musste ich, dass er keine Krawatte trug. Die wenigen Sätze, die man bei «Wer wird Millionär» zwischen Verkabeln und dem gemeinsamen in die Mitte gehen wechselt, drehten sich bei uns beiden nämlich ums Krawattenbinden. Jauch sagte zu mir: „Mensch, Sie haben aber einen tollen Krawattenknopf gebunden. Ich hab damit immer meine Probleme.“ Augenscheinlich wollte er dem Bundestag seine Krawattenkunst ersparen. Wer meiner Meinung nach hingegen völlig deplatziert war und auch so auf mich wirkte: Anke Engelke. Ein «Ladykracher» im Bundestag – Das konnte nicht gut gehen!

Auch sie stimmte nicht für mich, aber mit ihr hätte ich mich schon gerne in einen Wissenswettstreit über Politik begeben. Frau Engelke meinte zu mir, ich überzeuge sie nicht als Politiker. Das ist ihr gutes Recht. Davon lebt Demokratie und das in Deutschland seit 60 Jahren tadellos. Exemplarisch hätte ich ihr nur irgendwelche Fragen zur Bonner Republik stellen müssen, zum Beispiel: Was war der Kressbronner Kreis? oder Wer war 1972 Kanzlerkandidat der CDU? oder Wer war Elisabeth Schwarzhaupt? Ich bin mir sicher sie hätte die Antworten nicht gewusst. Scherf und Jauch wie ich allerdings wohl ja. Als «Ladykracher» muss sie die Antworten darauf auch nicht kennen, jedoch als Mitglied der Jury von «Ich kann Kanzler!» schon, sonst ist man irgendwie fehl am Platz im ehrwürdigen Bundestag.

Weil für mich zur Politik auch immer ein Maß an Selbstkritik gehört, sehe ich in der Retrospektive ein, dass ich einen Fehler gemacht habe. Ich nahm «IKK» zwar weder zu ernst noch zu locker, aber verstand bzw. interpretierte es in der Grundtendenz falsch. «IKK» ist eine Politiktalentshow, aber es ist mehr Show als Politik! Das darf man dem ZDF aber auch nicht vorwerfen, - und das tue ich auch nicht -, denn letztendlich ist «IKK» eine Unterhaltungssendung, die zur Primetime am Freitagabend eine gute Einschaltquote einfahren soll. Und bei dem Aufwand, den ich gesehen habe, ist das auch berechtigt. Wie die Quote übrigens ausfallen wird, da bin ich mindestens genauso gespannt wie wohl Herr Brender sowie weitere Damen und Herren auf dem Mainzer Lerchenberg. Bei dieser Politiktalentshow mit mehr Show als Politik hatte ich keine Chance! Bei einer Politiktalentshow mit mehr Politik als Show würde ich die Würfel für manch anderen ausgeschiedenen Vorrundenteilnehmer und mich gerne nochmals fallen sehen!

„Alea iacta est.“ heißt es jedenfalls diesen Freitag, 19. Juni, um 21.15 Uhr im ZDF beim Finale von „Ich kann Kanzler!“ für die verbliebenen sechs Finalkandidaten Antje Krug, Nuray Karaca, Jabob Schrot, Philip Kalisch, Delano Osterbrauck und Siegfried Walch. Das ZDF hat alle Vorrundenteilnehmer zur Live Show nach Berlin eingeladen. Eine feine Geste wie ich finde. Den Gewinner wählen die Zuschauer dann per Telefon. Eines bleibt für mich aber auf jeden Fall bestehen: Ich kann Kanzler!

Tobias Kurzmaier, Jahrgang 1976, geboren in München, war von 2.500 Bewerbern unter den 40 Vorrundenteilnehmern der ZDF Politiktalentshow „Ich kann Kanzler!“. Er ist Fachjournalist und arbeitet seit 2002 als selbständiger PR-Berater in Haag i. OB (Landkreis Mühldorf am Inn). Neben seinen Mitgliedschaften in JU und CSU setzt er sich vor allem als Mitglied der DIG (Deutsch Israelische Gesellschaft) für den weiteren Ausbau deutschisraelischer Beziehungen auf verschiedenen Ebenen ein. In drei exklusiven Beiträgen für quotenmeter.de fasst er das Casting der IKK-Kandidaten in Bonn zusammen, gibt am Tag der Live Show seine Prognose zu möglichen Gewinnern ab und meldet sich mit einem Nachbericht zum Finale und der Aftershowparty aus der Hauptstadt. Direkten Kontakt zum Autor können Sie unter ikk09(at)web.de aufnehmen.
17.06.2009 10:06 Uhr  •  Tobias Kurzmaier Kurz-URL: qmde.de/35591