«Rom» – Bellum omnium contra omnes

Der Krieg aller gegen alle: Wie hat sich die zweite Staffel der historischen Serie entwickelt und wie gut war das Finale?

Im Juli 2009 hat es RTL II nach Verschiebungen endlich geschafft, die zweite Staffel der Serie «Rom» des Pay-TV-Senders HBO auszustrahlen. Bis heute gilt die Show als teuerste Fernsehproduktion aller Zeiten – allein die Herstellungskosten betrugen über 100 Millionen US-Dollar. Nun ging die zweite und letzte Staffel am Sonntag zu Ende. Und auch wenn die Einschaltquoten miserabel waren, so wird sich wohl jeder einzelne Zuschauer, der am Ball geblieben ist, über das großartige Finale gefreut haben.

Nicht umsonst war die Produktion so teuer: Historiengetreu und mit viel Liebe zum echten Detail waren Schauplätze und Requisiten ein Fest für das zuschauende Auge. In der zweiten Staffel gab es fast gar keine Momente, in denen man sich zweifelhaft fragte, ob dies wirklich in der damaligen Zeit so ausgesehen haben könnte – ein Manko, das viele historische Hollywood-Monumentalfilme haben. Nicht nur die Kulissen wurden meisterhaft inszeniert, auch die dargestellten Schlachten. In Erinnerung wird hier besonders die Entscheidungsschlacht bleiben, in der Brutus und Cassius fallen – einer der bildgewaltigen Höhepunkte dieser Staffel.

HBO ist dafür bekannt, die Verhältnisse damaliger Zeiten realitätsgetreu darzustellen: Schon in der grandiosen Westernserie «Deadwood» monierten die Kritiker die sehr vulgäre Aussprache und die unnötige Gewalt – aber hey, der Wilde Westen war nun mal kein Kirmesplatz. Ebenso in «Rom»: Auch hier wurde die Gewaltverherrlichung kritisiert, doch ist es nicht gerade die Authentizität, die wir Zuschauer von Serien fordern? In «Rom» bekam man die unmaskierte, blutige und nicht verharmloste Wahrheit zu sehen – historische Hollywood-Epen kommen mit ihrem falschen Moralitätsanspruch und der vermeintlichen Massenkompatibilität nicht annähernd an den Originalitätscharakter heran wie diese Serie. Die erotischen Szenen wurden gegenüber Staffel eins ein wenig reduziert, was letztendlich zu einer besseren Dosierung führte.



In Hinsicht der Charaktere hat auch die zweite Staffel das gewisse Etwas, das bei vielen «HBO»-Serien vorherrscht: Bei den «Sopranos» ist der Hauptprotagonist eigentlich ein „Böser“ und doch begeistert er uns und wir haben Mitleid mit ihm. In «Rom» ist es ähnlich; viele Figuren sind in Staffel zwei so ambivalent konzipiert, dass wir immer wieder neue Charakterzüge an ihnen feststellen und sie wieder und wieder versuchen, neu einzuschätzen. Allen voran die Figur des Octavian, dessen Skrupellosigkeit einerseits, aber vermeintlich hervorragende politische Befähigung andererseits den Zuschauer über die Staffel fesselt.

Das Finale schließlich war für einige aufmerksame Zuschauer vorhersehbar: Nicht nur Geschichtsinteressierte haben den Tod der Cleopatra und von Marc Anton kommen sehen. Auch die anderen Storystränge wurden passend zu Ende geführt; die Kreise haben sich geschlossen. Ist Lucius Vorenus nun gestorben? Die Antwort bleibt wohl dem Zuschauer überlassen. Sicherlich kann man sich genau in diesem Finale über die fehlende historische Akkuratheit beschweren, doch die etwas freiere Interpretation der Geschichte in diesem Finale bewirkt genau das, was eine Drama-Serie braucht: Spannung.

Insgesamt war die zweite Staffel von «Rom» dunkler und etwas schneller als die erste. Viele sehen daher diese zweite Season als die beste an. Worüber man sich einig sein kann: Beide Staffeln sind hervorragende Fernsehunterhaltung auf höchstem Niveau. Das endgültige Ende der Serie besiegelte makabererweise passend ein Vorfall, wie er dramaturgisch besser nicht in die Geschichte dieser Produktion hätte passen können: Ein ausgebrochenes Feuer legte das Set in Schutt und Asche; begrub damit alle Hoffnungen auf eine dritte Season. Zuletzt mehrten sich aber Gerüchte um einen Kinofilm von «Rom». Dies würde mit der Aussage der Produzenten übereinstimmen, die im Nachhinein zugaben, dass es einer ihrer größten Fehler gewesen sei, die Serie einzustellen.
28.07.2009 09:10 Uhr  •  Jan Schlüter Kurz-URL: qmde.de/36345