Die Kritiker: «Harper's Island»

Story
«Harper’s Island» ist eigentlich einfach gestrickt: Auf einer abgelegenen Insel vor Seattle trifft sich eine Hochzeitsgesellschaft. Schon als das Boot, das die insgesamt 25 Menschen auf die Insel bringen soll, ablegt, wird jemand vermisst, der aber an die Schiffsschraube gekettet ist. Als das Boot schließlich ablegt, wird dieser enthauptet. Der Auftakt zu grausamen Morden auf «Harper’s Island». Denn die Insel hat eine dunkle Vergangenheit. Vor sieben Jahren wurde sie bereits Schauplatz eines Serienkillers, es gab mehrere Tote. Darunter auch die Mutter von Abby Mills, die ebenfalls unter den Hochzeitsgästen ist und auf die Insel zurück kehrt. Gleich wird sie auch mit ihrer Vergangenheit konfrontiert. Mills wird zudem von Alpträumen heimgesucht. Doch nun steht die Hochzeit ihres Freundes Henry Dunn und seiner Braut Trish Wellington an. Doch schon kurz nach der Ankunft werden Hochzeitsgäste tot aufgefunden.

Darsteller
Christopher Gorham («Without a Trace») ist Henry Dunn
Katie Cassidy («Supernatural») ist Patricia 'Trish' Wellington
Elaine Cassidy («And When Did You Last See Your Father?») ist Abby Mills
Amber Borycki («Eureka», «Psych», «Kyle XY») ist Beth Barrington
Sean Rogerson («Blood Ties») ist Joel Booth
Adam Campbell («Date Movie» ist Cal Vandeusen
Cameron Richardson («Woman in Trouble») ist Chloe Carter
Brandon Jay McLaren («Dr. Doolittle») ist Danny Brooks
Victor Webster («Moonlight») ist Hunter Jennings
Dean Chekvala («ER», «Without a Trace») ist J.D. Dunn
Cassandra Sawtell («Psych», «Blood Ties») ist Madison Allen
Chris Gauthier («Reaper», «Eureka») ist Malcolm Ross
Richard Burgi («Nip/Tuk», «Freitag, der 13.») ist Thomas Wellington
Jim Beaver («Supernatural») ist Sheriff Charlie Mills
Matt Barr («Gossip Girl») ist Christopher „Sully“ Sullivan
Harry Hamlin («Disappearance – Spurlos verschwunden») ist Marty Dunn

Kritik
Mit «Harper’s Island» startet ProSieben eine weitere Mystery-Serie - nicht wie gewohnt montags, sondern am Mittwoch. Produzent Jon Turteltaub hat Filme wie «Phenomenon», «Cool Runnings» und «While You Were Sleeping» im Repertoire. Im April dieses Jahres war die Mystery-Serie in den USA auf CBS gestartet, wurde nach einer Staffel aber abgesetzt. Vom Plot her verspricht «Harper’s Island» bereits einiges an Spannung. Doch kann die Serie dieser Erwartungshaltung nachkommen? Die Pilotfolge beinhaltet zunächst einmal die Einführung der Charaktere und verschafft einen Grundriss des Szenarios, das in 13 Wochen zum Inhalt der Serie werden soll. Das gelingt aber nicht ganz zur Zufriedenheit des Zuschauers. Am Anfang wird nur kurz – was in dem Fall positiv ist – mit Untertiteln und knappen Sequenzen auf die Morde vor sieben Jahren, die ein Serienkiller auf der Insel verübt hat, eingegangen.

Eine Minute später findet sich der Zuschauer auf einem vollen Boot wieder, das mit Hochzeitsgästen besetzt ist. Unter ihnen herrscht Vorfreude auf die bevorstehende Hochzeit. Die verschiedensten Charaktere auf einmal kennen zu lernen, ist direkt am Anfang aber zu viel des Guten. Leicht verliert man den Überblick. Zudem werden auch noch mehrere Nebengeschichten, die sich während der Staffel fortsetzen sollen, begonnen. So zum Beispiel die geheimnisvollen Anrufe auf dem Handy der Braut von Hunter Jennings oder des Bräutigams Onkel Marty Dunn, der dem Vater der Braut Thomas Wellington auf die Schliche kommt. Dieser will die Hochzeit von Henry Dunn und Trish Wellington verhindern. Die Schauspieler sind allesamt erfahren in Sachen Mystery-Serien und haben teilweise auch schon in einigen Serien zusammen gespielt. Dennoch gelingt es ihnen zunächst nicht, die jeweiligen Charaktere und die Beziehungen untereinander so darzustellen, dass der Betrachter sich nicht etwas überfordert fühlt.

Das mag aber auch daran liegen, dass die Dialoge am Anfang wenig Tiefgang haben, vorerst nur banale Dinge besprochen werden, ehe sich später dann genauer mit den Einzelschicksalen und den sozialen Bindungen untereinander beschäftigt wird. Die eigentliche Story um die mysteriösen Morde auf «Harper’s Island» entwickelt sich in der Pilotfolge nur langsam. Zwar wird der Cousin der Braut bereits vor dem Ablegen des Bootes vermisst und kurz darauf an die Schiffsschraube gekettet gezeigt, wo er später stirbt als das Boot Fahrt aufnimmt. Doch Spannung will hier noch nicht so recht aufkommen. Die Serie kommt schleppend in Fahrt. Den mysteriösen Touch bekommt «Harper’s Island» dann aber doch noch. Dies bewerkstelligt die Fokussierung auf Einzelschicksale.

Bei Ankunft auf der Insel erlebt Abby Mills, eine Freundin des Bräutigams, gleich eine Aufarbeitung ihrer Vergangenheit. Im Hintergrund verbirgt sich eine bedrohliche Gestalt und das Blumenmädchen scheint Vorahnungen zu haben und mutet ebenso beängstigend an. Schließlich findet die Insel auch ihr erstes Opfer. Ein Thriller-Szenario ist geschaffen. Die Idee eine muntere, feierlaunige Hochzeitsgesellschaft auf eine bedrohliche Insel zu schicken, auf der Morde geschehen sind und sich mysteriöse Dinge ereignen, ist nämlich an sicht nicht schlecht, doch daraus hat man zumindest in der ersten Folge noch zu wenig gemacht. Erst nach und nach schafft es die Pilotfolge ihrem Anspruch gerecht zu werden, das Spannungsbarometer schlägt dabei aber nicht weit aus. Wenn es erstmals richtig spannend zu werden scheint, ist die Folge auch zu Ende. Das Grundgerüst für eine gute Mystery-Serie ist gebaut, doch muss sich «Harper’s Island» noch steigern, will man den Zuschauer vor dem Bildschirm fesseln, denn viel Action hat die Pilotfolge von «Harper’s Island» nicht zu bieten, für Spannung ist noch viel Luft nach oben. Dennoch gelingt es zum Ende hin etwas Interesse zu erzeugen, wenn das Szenario fertig gestellt ist.

Letztlich liegt es also an der Serie selbst, den Spannungsbogen weiter aufzubauen und auf einem für eine Mystery-Serie angemessenen Level zu halten. Die Suche nach dem Mörder, der erst am Ende der 13 Folgen sein Gesicht zeigen soll, bietet einigen Raum für ordentlich Spannung und Grusel-Atmosphäre. Mit den mysteriösen Dingen, die zunächst nur angedeutet wurden, aber wohl weiter vertieft werden sollen, sowie den tragischen Morden auf der Insel, die bald das Hauptaugenmerk der Serie sein sollten – Stichwort: «Einer nach dem Andern», dem Titel der ersten Folge -, könnte das also gelingen. «Harper’s Island» spielt zudem mit Gegensätzen: Auf der einen Seite die malerische Insel und die fröhliche Hochzeitsgesellschaft, auf der anderen Seite die Morde und Geheimnisse auf der verborgenen geglaubten Insel.

Letzteres mag ein klein wenig nach «Lost» klingen. Doch die Schockmomente setzt «Harper’s Island» eher wie typische Teenager-Horrorstreifen ein, diese waren aber rar gesät. So ist es dann auch nicht mehr ganz so verwunderlich, dass ProSieben die Mystery-Serie nicht auf den Mystery-Montag gesetzt hat, sondern auf den Mittwoch, der mit «Grey’s Anatomy» im Vorfeld eher weibliche Zuschauer anzieht. Denn die Beziehungsgeflechte, die schon zu Beginn der Staffel zu beobachten sind, mitten im hochzeitlichen Fest der Liebe, dürften vor allem auch diese Zielgruppe ansprechen. Ein wenig mehr Mystery dürfte es dennoch sein.

ProSieben zeigt die Mystery-Serie «Harper’s Island» ab Mittwoch, den 26. August 2009, ab 21.15 Uhr in einer Doppelfolge. Alle weiteren Episoden werden mittwochs um 22.15 Uhr ausgestrahlt.
24.08.2009 10:56 Uhr  •  Jürgen Kirsch Kurz-URL: qmde.de/36859