Die Kritiker: «Ein Strauß voll Glück»

Story
Straußenvögel auf der Insel Amrum? Für die selbstbewusste Anna Lehmann ist diese Kombination von afrikanischer Tierwelt und norddeutscher Bodenständigkeit kein Widerspruch, im Gegenteil: Nach dem Tod ihres Mannes hat sie beschlossen, sich und ihren beiden Kindern Laura und Paul mit einer professionellen Straußenzucht eine neue Existenz aufzubauen. Unterstützt von ihrem besten Freund, dem Anwalt Matthias, und ihrem Schwiegervater, liegen zwei Jahre harter Aufbauarbeit hinter ihr - nun soll das Geschäft mit den delikaten Eiern und dem feinen Straußenfleisch endlich starten.

Als Werbemaßnahme und um ihre künftigen Kunden für ihre Produkte zu begeistern, schickt Anna an die umliegenden Restaurants auf dem Festland Straußeneier. Doch diese erste Lieferung gerät zu einem Desaster. Die Reederei, die den Fährbetrieb zum Festland betreibt, hat Annas Steigen zu lange in der Sonne stehen lassen, so dass alle Eier verdorben ihren Bestimmungsort erreichten. Damit ist Annas Ruf natürlich erst einmal ruiniert und ihr Betrieb steht vor dem Bankrott, noch bevor das Geschäft wirklich begonnen hat. Keine Frage, dass sie von dem verantwortlichen Großreeder Fritjof Reents neben einer Entschädigung vor allem ein öffentliches Schuldeingeständnis verlangt, um das Vertrauen ihrer Kunden zurückzugewinnen.

Reents, ein zynischer Selfmade-Millionär, denkt jedoch gar nicht daran, irgendetwas zuzugeben. Es geht ihm dabei gar nicht ums Geld, sondern allein ums Prinzip. Erst als Anna und Matthias in einer aufsehenerregenden Aktion eine seiner Fähren pfänden lassen und der charmante Hamburger Journalist Marc, der zu Matthias' Eifersucht mehr als nur journalistisches Interesse an Anna hat, den Fall auf die Titelseite seiner Zeitung bringt, scheint Reents kalte Füße zu bekommen. Er sieht den bevorstehenden Börsengang seines Unternehmens gefährdet. Doch sein vermeintlich großzügiges Friedensangebot ist nur ein weiterer Trick, um Anna endgültig in die Knie zu zwingen. Mit perfiden Methoden gelingt es ihm sogar, die Bewohner von Amrum gegen die Straußenzüchterin aufzubringen. Allerdings hat der vermeintlich übermächtige Großreeder den Kampfgeist und den Einfallsreichtum von Anna und ihren Freunden unterschätzt.

Darsteller
Janina Hartwig («Um Himmels Willen») ist Anna Lehmann
Michael von Au («Das Echo der Schuld») ist Matthias Dierksen
Uwe Friedrichsen («Hilfe Hochzeit!») ist Opa Lehmann
Gunter Berger («Adelheid und ihre Mörder») ist Fritjof Reents
Alexander Radszun («Held der Gladiatoren») ist Rechtanwalt Tönnsen
Florian Fitz («Equilibrium») ist Marc

Kritik
Schon angesichts des puren Handlungsabrisses auf dem Papier lässt sich erahnen, dass einen bei dem neuen ARD-Streifen von Regisseur Helmut Metzger eineinhalb Stunden triefender Kitsch und erbärmliche Ideenarmut erwarten. Und diese Erwartung wird bis ins letzte Detail bestätigt. Der Plot von «Ein Strauß voll Glück» ist hanhnebüchern ohne Ende und von auch nur einem Quentchen Glaubwürdigkeit kann man bis zum Schluss nur träumen. So mangelhaft wie der dramaturgische Aufbau dieses unausgegorenen Machwerks aus der Feder von Johannes Lackner kommt auch der Figurenaufbau daher. Denn sämtliche Charaktere werden so differenziert dargestellt wie schwarz und weiß. Der böse, böse, böse Fritjof Reents will sein Recht durchsetzen und seiner Firma zu mehr Gewinn verhelfen. Doch dass er sämtliche legitimen Mittel des deutschen Rechts durchsetzt, um sein Ziel zu erreichen, macht ihn in den Augen des Schreiberlings und der ARD-Redakteure zu einem Widerling. Denn seine Gegnerin ist ja das arme Hascherl Anna, die nicht auf drei zählen kann und zudem noch zwei süße Kinder hat. Man merkt, wie suggestiv der ganze Film ausfällt.

Dieses Machwerk besingt das Kollektiv und die Trivialität in höchsten Tönen. Wer ums Überleben kämpfen muss, hat Erfolg verdient, aber wer die ihm zustehenden Rechte einfordert, soll zugrunde gehen. So lautet schließlich und endlich die Botschaft des Films. Nur ist das leider weder richtig noch tiefsinnig, sondern einfach nur abscheulich.

Während Handlung und Figurenkonstruktion so desaströs ausfallen, wie schon seit langem in keinem ARD-Film mehr, wären gute Schauspieler die letzte Hoffnung, zumindest noch ein paar Bonuspunkte aus diesem banalen Konzept zu holen. Doch auch hier wird man, wie erwartet, enttäuscht. Janina Hartwig rattert ihre Figur gebetsmühlenartig herunter, während einzig Michael von Au und der äußerst versierte Alexander Radszun, der allerdings in «Der Alte: Die dunkle Wahrheit» sichtlich besser aufgehoben war, einen kleinen Lichtblick in «Ein Strauß voll Glück» bringen. Trotzdem bleibt der Film eine Blamage für einen Sender mit einem Bildungsauftrag.

Das Erste strahlt «Ein Strauß voll Glück» am Samstag, den 29. August 2009, um 20.15 Uhr aus.
27.08.2009 10:16 Uhr  •  Julian Miller Kurz-URL: qmde.de/36921