360 Grad: «30 Rock» Bottom
Julian Miller bewertet seit über vier Jahren Filme und Serien. In seiner neuen Reihe geht er der Frage nach, warum ZDFneo scheitert.
Die Premiere der US-Sitcom «30 Rock» beim hippen und coolen neuen Sender ZDFneo erreichte maximal 4.999 Zuschauer. Das müssen selbst die größten Optimisten in den Reihen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zugeben. Noch gnadenloser kann ein Fehlstart gar nicht mehr aussehen. Aber was haben die Mainzer in Maßanzügen denn hier nun wieder falsch gemacht?
Zunächst haben sie einmal ein grundlegendes Image-Problem. Zwischen Mainzelmännchenalter und Pensionierung verirrt sich kaum ein Zuschauer noch zum ZDF. Umso bezeichnender ist es natürlich, dass man sich nun mit einem auf intellektuelle US-Sitcoms ausgerichteten Kanal die Zielgruppe zugänglich machen will. ZDFneo ist die televisionäre Allegorie eines siebzigjährigen Rentners mit Bierbauch und etwas längeren Fußnägeln, der grellbunte Hawaiihemden trägt und sich die Haare pink färbt, um jugendlich zu wirken. Da fällt es schwer, ernst genommen zu werden. Und so lange beim Hauptsender die Prime-Time mit der dutzendsten Auflage irgendeiner Schunkelshow zugemauert wird, ohne gleichzeitig in Formate gleich welcher jüngeren Generation zu investieren, wird sich daran nichts ändern.
Das deutsche Quotenversagen von «30 Rock» hat es indes schon in die amerikanische Presse geschafft. Auf der anderen Seite des Atlantiks liest man primär Unverständnis darüber, dass die Krauts sich mit dem Format nicht anfreunden können. Verwunderlich ist das allerdings nicht. Angelsächsischer Humor ist subtiler und kommt ohne große Gag-Keulen aus, während die meisten Deutschen es vorziehen, auf jede Punchline demonstrativ hingewiesen zu werden. «30 Rock» ist hier nur ein neues Beispiel einer längst bekannten Tatsache. «Seinfeld» und «Frasier», riesige Hits in den USA, führten in Deutschland ein kümmerliches Nischendasein im Nachtprogramm und auch der verzweifelte Versuch des deutschen Comedy Central-Ablegers, deutsche Zuschauer mit der phänomenalen FOX-Sitcom «Arrested Development» zu beglücken, scheiterte kläglich. Anhänger von Barth'schem Chauvinismus und grellen, kölschen Klamauk-Queens wie “Cindy aus Marzahn” können mit der dynamischen Dialogführung und den intelligenten Verwicklungen der Charaktere schlichtweg nichts anfangen.
Mehr als eine kleine, interessierte Randgruppe ist für «30 Rock» bei ZDFneo als Zuschauerklientel wohl auch in den nächsten Wochen nicht zu erwarten. Wenn die Serie überhaupt so lange durchhält. In gewisser Weise eine typische «Seinfeld»-Situation.
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