Die Kritiker: «Tatort: …es wird Trauer sein und Schmerz»

Story
Ein „Sniper“ treibt in Niedersachsen sein Unwesen. Deshalb nimmt der Urlaub für Hauptkommissarin Charlotte Lindholm ein abruptes Ende, da sie diesen eher zufällig in dieser Gegend verbringt. In Braunschweig wird beim ehelichen Streit ein Bäckermeister aus kurzer Distanz plötzlich vor den Augen seiner Frau erschossen. Als die Polizei eintrifft ist die Frau am Boden zerstört. Ihr Mann war bereits das dritte Opfer eines Serientäters. Wie es aussieht, mordet ein Heckenschütze offenbar wahllos aus dem Hinterhalt. Für Hauptkommissarin Lindholm ist es schwer eine Spur des Täters ausfindig zu machen. Denn Alter, Beruf, Geschlecht der Toten weisen keine Übereinstimmungen auf – die Opfer kannten sich nicht und passen in kein erkennbares Muster.

Hauptkommissarin Lindholm muss ihren Urlaub abbrechen, um diesen schwierigen Fall, auf den sie das LKA Hannover angesetzt hat, zu übernehmen. Fortan soll sie die Braunschweiger Ermittler um Kommissar Kohl bei ihrer Arbeit unterstützen, denn auch ihre Kollegen finden keine Zusammenhänge zwischen den Morden und wollen nicht auf Anhieb mit der Kommissarin kooperieren. Nach und nach wird aber klar: Alle Angehörigen der Opfer des „Snipers“ erhielten Briefe mit Sprüchen wie „…es wird Trauer sein und Schmerz“. Diese Tatsache gibt aber nur noch neue Rätsel auf, langwierige Ermittlungsarbeiten beginnen.

Darsteller
Maria Furtwängler («Räuber Kneißl») ist Charlotte Lindholm
Ingo Naujoks («Ein Sommer mit Paul») ist Martin Felser
Sven Lehmann («Der neue Tag») ist Kai Bergmann
Felix Vörtler («This Is Love») ist Kohl
Anne Ratte-Polle («Der Tote im Spreewald») ist Beate Petersen
Jörg Hartmann («Allein unter Schülern») ist Karl Matthiesen
Patrick von Blume («Allein unter Schülern») ist Frank Wenzel

Kritik
Der «Tatort» aus Niedersachsen mit dem Titel „…es wird Trauer sein und Schmerz“, für den der NDR verantwortlich zeichnet, hat mit Maria Furtwängler in der Hauptrolle eine Menge Action und Spannung zu bieten. Dabei ist der Spielfilm auch noch von hoher Aktualität, was den Inhalt betrifft und hat am Ende weit mehr Tiefgang als vorher angenommen. Denn durch die aufgewühlte Thematik im Film hält man auch noch etwas Kritik an der heutigen Mediengesellschaft im Zeitalter des Internets bereit.

Der «Tatort: …es wird Trauer sein und Schmerz» beginnt mit einer Ausgangssituation, die es in Krimi-Serien schon zu genüge gegeben hat. Offenbar werden wahllos Menschen getötet, ein Serienmörder soll dahinter stecken. Doch den Ermittlern fehlt jede Spur, noch haben sie irgendwelche Anhaltspunkte, um Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Opfern zu knüpfen. Soweit nichts Neues, alles schon einmal da gewesen. Dann sind da plötzlich die Briefe, die die Angehörigen der Opfer erhalten. „…es wird Trauer sein und Schmerz“ – diese poetischen Zeilen stammen nicht etwa von dem befreundeten Schriftsteller, sondern stammen vermutlich vom „Sniper“, der wohl etwas mitzuteilen versucht. Da ist sie dann plötzlich, die Spur nach der die Kommissar so lange gesucht haben. Dafür musste Hauptermittlerin Lindholm (Furtwängler) aus ihrem Urlaub berufen werden. Krimi-Autorin Astrid Paprotta selbst möchte eine Botschaft überbringen. Die hat sie geschickt in eine typische Krimi-Geschichte gepackt. Denn mit der allmählichen Aufklärung der Morde sowie der voran schreitenden Ermittlungen erhält der «Tatort: …es wird Trauer sein und Schmerz» seine tiefgründige Bedeutung, die gerade zum Schluss noch mal richtig deutlich wird.

Spannungsgeladen hat Regisseur Friedemann Fromm diese Thematik umgesetzt. Denn es dauerte eine ganze Weile bis Hauptermittlerin Lindholm dem Täter im Nacken sitzt. Als sie erfährt, dass alle Opfer am Neujahrstag nach einem schweren Unfall auf der Autobahn im Stau standen, nimmt die Dramaturgie erste Formen an. Lindholm verdächtigt einen jungen Polizisten, doch am Ende wird die Auflösung für weit mehr Verblüffung sorgen, die selbst Krimi-Fans so nicht erwartet haben dürften. Dem preisgekrönten Regisseur Fromm gelingt es mit Bravour den Spannungsbogen auf jeder der unterschiedlichsten Ebenen, die dieser «Tatort» zu bieten hat, aufrecht zu erhalten. Die Wirkung ist stets intensiv. All diese Faktoren sorgen dafür, dass die auf den ersten Blick nicht sonderbare Story den Film doch zu einem Erlebnis und einer Erkenntnis zugleich werden lässt. Denn zum Schluss regt der «Tatort» auch zum Nachdenken an.

Maßgeblichen Anteil haben auch die Schauspieler, allen voran Maria Furtwängler ist es zu verdanken, dass der Krimi im Ersten eine rundum gelungene Sache wird. Denn gerade auch das Zusammenspiel mit ihren Kollegen, die nicht immer mit ihr zusammenarbeiten wollen oder gar ihre Ermittlungen etwas bremsen. Da ist zum einen der Sturkopf Kohl (Felix Vörtler), der eine gewisse Antipathie gegen die Hauptkommissarin hegt, auf der anderen Seite dessen Kollege Bergmann (Sven Lehmann) sich zu Lindholm offensichtlich etwas hingezogen fühlt. Eine Figurenkonstellation, die das ohnehin spannende Drehbuch besser nicht hätte aufwerten können. Dank der guten Darsteller gelingt die Umsetzung auch problemlos.

Doch zurück zur Botschaft von Autorin Paprotta: Die wird am Ende erst richtig klar, ist aber während des Films durchweg präsent, wenn auch eher im Hintergrund unterschwellig gelagert. Da geht es um Neugier, Voyeurismus, Sensationsgeilheit und unterlassene Hilfestellungen. Denn bei jedem Tatort treffen die Niedersachsener Ermittler auch hinter dem Absperrband auf die neugierigen Blicke von Schaulustigen, die mit ihren Handys filmen. Mehr und mehr wird dieses Szenario fester Bestandteil des Films und rückt zum Ende hin in den Vordergrund. Im Zeitalter des Internets hat diese Thematik mehr Aktualität denn je: Der tragische Unfall verkommt durch die Neugierde der Unbeteiligten zum Sensations-Ereignis, das mit dem Mobiltelefon gefilmt und bei üblichen Videoportalen eingestellt wird. Da trifft die Autorin genau den Nerv der heutigen Gesellschaft, was dem herausragenden «Tatort» eine besondere Note einer hochwertigen Güteklasse verleiht.

Das Erste zeigt den «Tatort: …es wird Trauer sein und Schmerz» am Sonntag, den 15. November 2009 um 20.15 Uhr.
13.11.2009 10:53 Uhr  •  Jürgen Kirsch Kurz-URL: qmde.de/38372