Die Kritiker: «Tatort: Falsches Leben»

Story
Ein Jugendzentrum brennt nieder. In dem Gebäude wird die Leiche des 40-jährigen Ulf Meinert gefunden. Zunächst deutet alles darauf hin, dass er den Brand gelegt hat, doch dann finden die Hauptkommissare Eva Saalfeld und Andreas Keppler eine Spur, die zu Ludwig Kleeberg und seiner Tochter Nadja führt. Denen gehört das Grundstück, auf dem sich das Jugendzentrum befand, zudem befinden sich die Geschäftsleute in finanziellen Schwierigkeiten und wollten das Grundstück verkaufen, da ihr Auktionshaus hoch verschuldet ist. Bislang scheiterte das Vorhaben am Widerstand der Betreiber des Jugendzentrums.

Möglich also, dass die Kleebergs etwas mit der Brandstiftung am Jugendzentrum zu tun haben, um ihre finanzielle Situation zu verbessern. Doch während ihrer Ermittlungen stoßen Saalfeld und Keppler auf weitere Spuren. Der Boxschulenbesitzer Norbert Zirner gerät ins Fadenkreuz der Kommissare. Auch dessen Schüler Mischa, der mehrfach bei der Polizei aktenkundig geworden ist, könnte im Auftrag Zirners den Brand gelegt haben. Genau wie Ludwig Kleeberg war Zirner 1968 in die schicksalhaften Ereignisse rund um die Sprengung der Leipziger Paulinerkirche verwickelt, für deren Wiederaufbau sich die Mutter des verstorbenen Ulf Meinert in der Leipziger Innenstadt mit Aktionsständen einsetzt. Denn Hannah Wessel ist Kunsthistorikerin.

Sie führt die Ermittler auf diese Spur, berichtet ihnen aber nur nach und nach Details von den Ereignissen aus der DDR-Vergangenheit. Damals gab es Gewinner wie Verlierer. Auch Kommissarin Saalfeld wird von Boxtrainer Zirner immer wieder mit ihrer Vergangenheit konfrontiert.

Darsteller
Simone Thomalla («Ein Fall für den Fuchs») ist Hauptkommissarin Eva Saalfeld
Martin Wuttke («Inglourious Basterds») ist Hauptkommissar Andreas Keppler
Thekla Carola Wied («Schuldig») ist Hannah Wessel
Lavinia Wilson («Lenz») ist Nadja Kleeberg
Dieter Mann («13 Semester») ist Ludwig Kleeberg
Volkmar Kleinert («In aller Freundschaft») ist Norbert Zirner
Sergej Moya («Freunde von früher») ist Mischa Celinski
Dagmar Sitte («In aller Freundschaft») ist Katja Celinski
Peter Schneider («Lila, Lila») ist Ulf Meinert
Katharina Spiering («SOKO Köln») ist Sybille Schäfer

Kritik
Dass sowohl die Verdächtigen Kleeberg und Zirner als auch Kommissarin Saalfeld die DDR-Vergangenheit in dem «Tatort: Falsches Leben» einholt, passt gewissermaßen zum Titel der MDR-Episode der Krimi-Reihe. Denn die Spuren der Ereignisse rund um eine Brandstiftung, bei der es einen Toten gab, gehen in die Vergangenheit zurück. Damals sollte die Paulinerkirche gesprengt werden, Bürger demonstrierten und gerieten ins Visier der Staatsmacht, die harsch dagegen vorging. In diese Situation verwickelt waren auch die Verdächtigen des Falls von Saalfeld und Keppler. Der Boxtrainer Zirner war damals als Polizist für die Staatsmacht tätig. Wie auch der Vater von Ermittlerin Eva Saalfeld. Mit dieser Vergangenheit werden beide im Laufe der Serien-Folge konfrontiert. Sie stellen Recherchen an. Diese historischen Hintergründe versprechen zunächst eine gute Thematik den «Tatort: Falsches Leben». Doch im Drehbuch wurde daraus zu wenig gemacht. Zwar ist eine Grundspannung da, da die Suche nach dem wahren Täter nicht durchsichtig, sondern auch dem Zuchauer ein kleines Rätsel aufgibt. Doch sind das nur Voraussetzungen für die Umsetzung eines Krimis, der den Zuschauer unterhalten soll. Zumal zwischenzeitlich immer mal wieder etwas Spannung verloren geht, da die Erzählweise von Hajo Gies in der Regie etwas trocken und langatmig wirkt.

Das Drehbuch von Andreas Pflüger hält zwar interessante Themen und Konstellationen bereit, doch sind diese vielleicht zu vielfältig, so dass die eigentliche Story beinahe untergeht. Denn nach einer guten Stunde Spielzeit hat man den Eindruck, dass es plötzlich primär um die Vergangenheitsbewältigung von Kommissarin Saalfeld und dem Boxtrainer Zirner geht, die sich bei jeder Gelegenheit der direkten Konfrontation aussetzen. Dann ist da noch die Geschichte um die Mutter des Verstorbenen, die als Kunsthistorikerin verzweifelt Spenden für die Paulinerkirche suchte, aber auch damals in die Ereignisse involviert war, gar als Verliererin hervorging, doch meistens geheimnisvoll und nichtssagend jegliche Nachfragen abblockt. Zugleich beschäftigt sich der «Tatort» mit dem jungen Mischa, der als Jugendlicher bereits vorbestraft ist und Rückendeckung von Zirner erhält. Von den Antiquitätenhändlern Kleeberg ganz zu Schweigen. So wird mit den unterschiedlichen Geschichten jeweils ein eigenes Süppchen gekocht, doch im Großen und ganz fällt der Turm der eigentlichen Ermittlungsgeschichte in sich zusammen, weil er zu vielschichtig aufgebaut wurde.

Dabei macht Simone Thomalla als Ermittlerin eine gute Figur, wirkt stets glaubwürdig und überzeugt sowohl im offenen Handgemenge als auch als kluge Ermittlerin, die die Verdächtigen gegeneinander ausspielt. Auch die anderen Charaktere stehen ihr in nichts nach, so dass es an den Schauspielern nicht liegt, dass der «Tatort: Falsches Leben» nicht vollends funktioniert. Die Schwachstelle ist da eher das zu facettenreiche Drehbuch, da die vielen Nebengeschichten von dem eigentlichen Fall ablenken. Auch die ruhige, fast steife Erzählweise im Film begünstigt dies zudem. Dennoch ist die Thematik gut gewählt und auch das Ende ist lobenswert, nimmt es doch eine überraschende Wendung. Auch wenn die Spannung teilweise etwas flöten geht, so bleibt dem Zuschauer doch der übliche Rätsel-Spaß bei der Frage danach, wer der Täter sein mag, denn dank der verschachtelten Story bleibt diese Frage zumindest lange offen. Gut für den Krimi-Charakter.

Das Erste zeigt den «Tatort: Falsches Leben» am Sonntag, den 06. Dezember 2009, um 20.15 Uhr.
03.12.2009 13:29 Uhr  •  Jürgen Kirsch Kurz-URL: qmde.de/38837