360 Grad: Top, die Wette gilt!
«Wetten, Dass..?» fuhr mit seiner letzten Ausgabe das schlechteste Ergebnis seit Bestehen der Sendung ein. Julian Miller analysiert.
Wo man hinsieht, laufen «Wetten, Dass..?» die Zuschauer weg. Mit einer Einschaltquote von vergleichsweise mageren neun Millionen fuhr die Show am letzten Samstag das schlechteste Ergebnis seit Bestehen der Sendung ein. Und so, wie es aussieht, wird sich der Abwärtstrend wohl weiterhin fortsetzen. Es sei denn, man fängt in Mainz langsam einmal damit an, die richtigen Maßnahmen einzuleiten.
Die Zeiten der großen Samstagabendshows sind in der deutschen Fernsehlandschaft seit Jahren vorbei. Zu vielfältig ist heute das Angebot, als dass sich Opa und Enkel an einem Samstagabend dasselbe Programm ansehen würden. Da ist es schlichtweg nicht zu erwarten, dass ein Format, das seit einer Generation keine wesentlichen Umgestaltungen außer der Hinzufügung einer kreischenden Schweizerin erfuhr, ebenso durch die Bank bei allen Zuschauern populär ist wie im Drei-oder-Vier-Programme-System der achtziger Jahre. Und wenn ein Mit-Fünfziger in der Mid-Life Crisis namens Harry oder Klaus sich von einem Panzer überrollen lässt und dabei "La Paloma" singt, fasziniert das eben nur noch bedingt.
Erschwerend hinzu kommt noch, dass man bei den Privatsendern längst den Braten gerochen hat, und sich nicht mehr dazu genötigt fühlt, einer «Wetten, Dass..?»-Ausgabe durch die dutzendste Wiederholung irgendeines Hollywood-Gewäschs aus dem Weg zu gehen. Dass «Das Supertalent» mit seinen abgehalfterten Alleinunterhaltern, die sich für nen Appel und nen Ei zum Deppen machen, weite Teile der Zielgruppe mehr anspricht, als das Erraten der Farbe eines Malstifts am Geschmack, wird wohl niemanden verwundern. Und wenn der Dieddär seinen "Talenten" mit chronischer Selbstüberschätzung verbal eins auf die Zwölf gibt, johlt im Wohnzimmer die Familie. Auch wenn es natürlich niemand zugibt. Gummibärchen kann man ja auch ohne den Tommy dabei naschen.
«Wetten, Dass..?» bot immer familienfreundliche, seichte Unterhaltung ohne Ecken und Kanten. Nicht zuletzt deswegen konnte das Format ja auf der anderen Seite des Atlantiks auch nie Fuß fassen und wurde für ABC vor einiger Zeit zu einem rabiaten Desaster. Und nun verliert das Original echter deutscher Wertunterhaltung ebenfalls in großer Zahl seine Zuschauer. Vielleicht helfen ja etwas weniger Effekthascherei und Klamauk und dafür wieder wirklich spannende Wetten. Oder die Titanic veröffentlicht mal wieder einen Artikel. Hat ja auch schon mal geholfen.
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