Die Kritiker: «Mörder auf Amrum»

Story
Der junge Polizeimeister Helge Vogt kommt aus dem Urlaub zurück auf seine Heimatinsel Amrum. Alles ist wie immer, die Zeit scheint stillzustehen: Eine beschauliche Provinz eben. Da öffnet sich die Reviertür und vor Helge und seinem Vorgesetzten Heinz steht die blutüberströmte BKA-Beamtin Agnes Sonntag mit der jungen Russin Mathilda. Sie steht unter Personenschutz, denn sie soll in wenigen Tagen als Zeugin in einem Mordprozess aussagen. Agnes Sonntag vermutet in ihrer eigenen Dienststelle einen „Maulwurf“, der jenen Leuten aus Kreisen der russischen organisierten Kriminalität zuarbeitet, gegen die Mathilda aussagen soll. Helge und Heinz fühlen sich von der Situation überfordert, umso mehr, als Frau Sonntag an ihren Verletzungen stirbt. Helge bringt Mathilda sicherheitshalber erst einmal bei sich zu Hause unter und Heinz erhält einen Anruf eines BKA-Beamten, der Agnes Sonntag sucht und am kommenden Tag nach Amrum kommen will. Als Heinz den angekündigten BKA-Beamten an der Fähre abholen will, spürt der altgediente Polizeibeamte gleich, dass etwas nicht stimmt.

Darsteller
Hinnerk Schönemann («Dr. Psycho», «Der Tote im Spreewald») ist Helge Vogt
Irina Potapenko («Moruk») ist Mathilda Hervas
Thomas Thieme («Liebe Mauer») ist Heinz Koops
Barbara Rudnik («Stinkstiefel») ist Carla Labahn
Hermann Beyer («Eine Frage des Vertrauens») ist Jörg Riemann
Pheline Roggan («13 Semester») ist Lona
Stephanie Eidt ist («Ein Fall für Zwei») ist Agnes Sonntag
Roland Wiesnekker («Dr. Psycho») ist Vitja Kerensky

Kritik
Wer genau hinschaut, erkennt, dass der Film «Mörder auf Amrum» allein schon mit zwei Hauptfiguren aus «Dr. Psycho» erstklassig besetzt ist. Beide spielen ihre Rollen überzeugend und geben dem Nordsee-Western ein Gesicht. Auch wenn man die beiden Schauspieler Roland Wiesnekker und Hinnerk Schönemann in «Dr. Psycho» in etwas anderen Rollen kennt, so gelingt es ihnen ihren Charakteren nicht nur Profil zu verleihen, sondern auch die Zuschauer an der Emotionalität ihrer Figuren teilhaben zu lassen. Auch hinter den Kulissen steckt ein eingespieltes Team. Die Produktion ist die vierte gemeinsame Arbeit von Holger Karsten Schmidt und Markus Imboden. Auch wenn die bisherigen gemeinsamen Werke sich in einem Punkt von «Mörder auf Amrum» drastisch unterscheiden: In dem ZDF-Film geht es teils sehr makaber zu. Dazu trägt der böse, trockene Humor nachhaltig bei. So beispielsweise jene Szenerie als der Polizist auf das Ultimatum der Geiselnehmern flapsig mit den Worten antwortet, er habe die gekidnappte Postbotin ohnehin nie gemocht. Sekundenbruchteile später ist die einzige Postbeamtin der Provinz tot. Auf die spätere Frage, was denn mit ihr passiert sei, antwortet der Beamte nur mit: „Das Briefgeheimnis ist wiederhergestellt“. Ein Hauch Zynismus weht da noch mit, wusste die Postbotin über die Sorgen und Probleme der Bewohner stets Bescheid. Hinnerk Schönemann spielt Helge Vogt aber keineswegs als einzelkämpferischen Helden wie Bruce Willis in «Stirb Langsam». Somit fehlt seinem Charakter die Coolness, über Leichen zu gehen. Denn als sein Vorgesetzter von den Geiselnehmern ermordet wird, schreitet er nicht ein, sondern versteckt sich lieber, um später dann doch sich auf den Weg zu machen, um den Bösewichtigen das Handwerk zu legen.

Dabei erlebt der Zuschauer den Wandel des einfachen, schnörkellosen Polizisten zum etwas unscheinbaren Helden, der aufgrund der großen Bedrohung über sich hinaus wächst und das stellenweise sogar muss, da die Dorgemeinde es von ihm verlangt. Schließlich steht er allein auf weiter Flur: Wegen eines Orkans ist Hilfe vom Festland nicht möglich und seine Freunde haben angesichts der Skrupellosigkeit der Eindringlinge die Waffen gestreckt. Einzig der Bestatter steht Helge zur Seite; gemeinsam nehmen sie den ungleichen Kampf auf. Auch hier stoßen wir wieder auf schwarzem Humor: Ganz schön makaber dieser Umstand, dass just der Bestatter, dessen Geschäft aufgrund der geringen Einwohnerzahl auf der Insel Amrum eher schlecht als recht läuft, plötzlich Profit wittert und sich über Leichen freut. Doch genau das zeichnet den Film aus. Mit Geschichten über Mörder kennt sich das Duo Holger Karsten Schmidt und Markus Imboden besten aus. Die Schlagzahl wurde bei «Mörder auf Amrum» aber noch mal erhöht. Der Schauplatz trägt sich dazu bei: Auf der Insel gibt es kein Entkommen. Die brache Landschaft tut ihr Übrigens. Hier geht es phasenweise auch um Heimatbewusstsein: Protagonist Helge nimmt Verhandlungen mit den Geiselnehmern erst auf, das deren Boss die Aussage Amrum sein „armselig“ zurück nimmt. Diese kleinen Details helfen auch den Spannungsbogen ordentlich zu spannen. Zudem sind die verschiedenen Schießereien packend inszeniert, so dass die Mischung zwischen packendem Thriller und seichter Komödie gut dosiert ist. Auch das Ende erhält, da es abermals verblüfft, die volle Punktzahl.

Das ZDF zeigt den Thriller «Mörder auf Amrum» am Montag, 11. Januar 2010 um 20.15 Uhr.
10.01.2010 16:18 Uhr  •  Jürgen Kirsch Kurz-URL: qmde.de/39503