TV und so: Schnee-TV
Wie Tief „Daisy“ in den vergangenen Tagen das Fernsehverhalten beeinflusst hat, vermutet unser Praktikant.
Er war als Jahrhundertsturm angekündigt und wurde es glücklicherweise doch nicht. Nur die Hälfte Deutschlands wurde in ein Meer von Schneemassen getaucht; besonders der Westen unseres Landes hatte größtenteils Glück und blieb verschont. Dennoch ist ein solches Wetter-Chaos ein Ereignis: Man glaubt, wenn man in den vergangenen Tagen das Radio, Fernsehen oder Internet eingeschaltet hat, es gäbe keine anderen Nachrichten neben „Tief Daisy“ mehr.
Besonders die lokalen Fernsehstationen dürften von „Daisy“ profitiert haben. Ob private oder öffentlich-rechtliche Regionalprogramme wie der WDR, NDR oder das Bayerische Fernsehen: Sie waren mit starken Einschaltquoten die wichtigste Anlaufstelle für die verunsicherten Bürger, die nun wissen wollten, ob sie eingeschneit werden. Auch im Radio wurde laufend berichtet. Noch heute werden in den Lokalnachrichten die Folgen des Tiefs beleuchtet: In NRW mussten aufgebrachte Essener Bürger über das WDR-Radio beruhigt werden, weil sich in ihren Straßen der Müll stapelte und die Müllabfuhr die Nebenstraßen nicht mehr befahren konnte.
Im Internet waren zeitweise die bekannten Wetterseiten nicht erreichbar oder vollkommen überlastet. Und Bild.de berichtete in der berüchtigten Weise reißerisch mit apokalyptischen Schlagzeilen über die bevorstehende Katastrophe, die Menschenschicksale hinter dem Sturm und die besten Tipps für die Notversorgung.
Vor dem Tief Daisy warnte das Boulevardmagazin allen Ernstes mit Tipps wie: „Nicht rasieren und nicht mit Seife waschen, damit die natürliche Fettschicht erhalten bleibt. Fäustlinge wärmen besser als Fingerhandschuhe. Taschenlampe, Batterien, Kerzen und Streichhölzer griffbereit hinlegen – falls der Strom ausfällt. Mineralwasser kaufen oder Gefäße mit Wasser füllen, falls die Wasserleitung einfriert oder platzt.“ Danke, Bild.de. Ohne dich hätten wir Daisy nicht überstanden. Nun geht es zurück an die Tagesordnung: Fernsehen, Radio und Internet brauchen neue Sensationsgeschichten, um die Menschen einschalten zu lassen. Und wenn es keine Sensationsgeschichten gibt, dann werden eben wieder welche erfunden.
Tag für Tag erleben wir im Fernsehen skurrile Situationen und verrückte Ereignisse. Unser Quotenmeter-Praktikant nimmt den Wahnsinn der TV-Welt zum Anlass, um seine Gedanken aufzuschreiben. Doch die sind meist nicht intelligenter als das, worüber er schreibt. Trotzdem gibt es jeden Mittwoch die Ansichten eines Fernsehjunkies in „TV und so“. Nur auf Quotenmeter.de.
13.01.2010 00:00 Uhr
• Quotenmeter.de-Praktikant
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