360 Grad: Ungeklärte Mysterien
Anlässlich der Absetzung von «Galileo Mystery» erörtert Julian Miller die schweren journalistischen Defizite des Formats.
Schon seit einigen Monaten wird man von neuen Ausgaben der als Wissensmagazin angepriesenen Verblödungssendung «Galileo Mystery» verschont. Nun verkündete ProSieben endlich, dass man den pseudo-journalistischen Wahnsinn in Gestalt von Aiman Abdallah und seinen selbsternannten Experten nicht fortsetzen wird. Das Résumé, das man am Ende des Formats ziehen kann, überrascht nicht wirklich: Abdallah zog aus, um den heiligen Gral zu suchen, und kam mit einem besudelten Topf zurück, dessen Marktwert auf drei Pfund Sterling geschätzt wird. Er begab sich auf die Suche nach UFOs und interviewte dafür ein paar kauzige Einsiedler im Übernatürlichkeitswahn, die zwar optisch hier und da an Aliens erinnerten, aber doch zumindest auf ihre eigene Art und Weise ganz menschliche Eigenschaften aufwiesen. Er wollte Frankenstein finden und entdeckte nichts weiter als einen Roman von Mary Shelley. Die Welt ist also durch die Sendung irgendwie kein bisschen schlauer geworden als vorher.
«Galileo Mystery» ist das erschreckende Ergebnis, das dabei herauskommt, wenn ProSieben-Redakteure und ein lächelnder Moderator, dessen Recherchefähigkeiten bereits mit dem Ablesen seiner Kärtchen vollständig ausgeschöpft sind, Journalisten spielen wollen. Inszenierte Interviews und Teambesprechungen, dunkle Höhlen und Wackelbilder so weit das Auge reicht – das volle Programm. Dass sämtliche Gedankengänge vollkommen an den Haaren herbeigezogen und von Anfang bis Ende unschlüssig waren, störte nicht. Zumindest, so lange man sie einigermaßen adäquat und reißerisch rüberbringen konnte. Abdallah ist von einem Journalisten so weit entfernt wie Mahmud Ahmadinezad von einem waschechten Demokraten. Doch das hielt den ProSieben-Moderator nie davon ab, sich mit einer immensen Dreistigkeit als investigativer Maverick der deutschen Journaille darstellen zu lassen.
Das war's nun mit den Verschwörungstheorien und den vielen roten Fäden, die stets irgendwie an «A Beautiful Mind» erinnerten. Doch der nächste Hammer wartet schon: «Galileo Experiment» soll der neue Ableger des Franchises werden. Der Titel lässt schon einmal Grausiges erahnen. «Galileo» geht jedenfalls weiter. Diesmal eventuell vielleicht auch auf sinnvolle Art und Weise. Mit überprüfbaren Fakten und so. Man wird ja noch hoffen dürfen...
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