Der Fernsehfriedhof: Die Kammern des Schreckens

Quotenmeter.de erinnert an all die Fernsehformate, die längst im Schleier der Vergessenheit untergegangen sind. Folge 73: Die legendären Ursprünge des RTL-Dschungelcamps.

Liebe Fernsehgemeinde, heute gedenken wir des Vorläufers aller späteren Ekelshows.

«Fort Boyard» wurde am 20. Dezember 1990 in Sat.1 geboren und war die deutsche Version der gleichnamigen französischen Abenteuershow. Schauplatz war eine alte Festung vor der Atlantikküste Frankreichs, die mit zahlreichen Kammern ausgestattet war. In jeder dieser Kammern wartete auf die sechs Kandidaten einer jeden Folge eine herausfordernde Aufgabe. Ziel war es stets einen Schlüssel für die Schatzkammer zu erobern. Gelang es einem Mitspieler nicht, die Aufgabe zu lösen, wurde er in der Kammer eingesperrt und konnte seinem Team nicht mehr helfen. Die Spiele waren für die damaligen Verhältnisse sehr hart und nah an der Ekelgrenze. So musste in einem dunklen Raum voller Spinnen und Ratten ein Gegenstand gefunden oder eklige Delikatessen heruntergeschlungen werden. Viele Spiele oder Abwandlungen tauchten in der späteren RTL-Show «Ich bin ein Star, holt mich hier raus!» wieder auf. Zusätzlich stellte der Turmwächter kniffelige Denkaufgaben, mit denen das Ergebnis nachträglich verbessert werden konnte.

Waren am Ende der Sendung ausreichend Schlüssel erspielt worden, durften die verbliebenen Kandidaten direkt in die Schatzkammer einziehen. Reichten sie nicht, mussten sie einen beschwerlichen Weg durch die Kanalisation überwinden. Im Finalspiel kämpften die Kandidaten um die Aufenthaltsdauer in der Schatzkammer, in der sie soviel Goldstücke wie möglich herausholen konnten. Maximal waren 50.000 DM möglich. Nach dem Ablauf der Frist, schloss sich jedoch der einzige Ausgang und die Kandidaten waren dann den losgelassenen wilden Tigern hilflos ausgesetzt. Dazu kam es jedoch nie.

Begleitet wurden die Teilnehmer von der «Sat.1-Frühstücksfernsehen»-Moderatorin Rita Werner. Als Burgherr fungierte der Schauspieler Reiner Schöne, der in unzähligen deutschen und amerikanischen Serien mitgespielt hatte. Die Aufgaben stellte ein kleinwüchsiger Franzose. Nicht zuletzt deswegen wirkte die Sendung oft wie eine altertümliche Varietee-Show.

Die einstündige Sendung wurde von der französischen Firma produziert, die auch für das Original verantwortlich war und zahlreiche andere internationale Ableger produzierte. Der Sender Sat.1 zeigte seine Version am Donnerstagabend um 20.00 Uhr. Wahrscheinlich war die Show jedoch ihrer Zeit voraus, denn sie entwickelte sich zu keinem großen Publikumserfolg und wurde bereits nach rund zwei Monaten wieder eingestellt.

Im Jahr 2000 reaktivierte ProSieben das Konzept und ersetzte die „normalen“ Kandidaten durch prominente Spieler. Fortan trug die Sendung den Untertitel «Stars auf Schatzsuche» und bot den üblichen Verdächtigen wie Götz Otto, Carsten Spengemann, Axel Schulz oder Martin Semmelrogge eine Bühne. Sowohl der Schauplatz als auch das grobe Spielprinzip wurden übernommen und lediglich das Finalspiel etwas modifiziert. Zu gewinnen waren nun bis zu 200.000 DM für einen guten Zweck. Als Moderatoren sprangen Alexander Mazza, Steven Gätjen und Sonya Kraus als neue Turmwächterin ein. Von der Neuauflage strahlte ProSieben insgesamt zwei Staffeln am Sonntagvorabend um 18.00 Uhr aus.

Rund zehn Jahre später entstand für Kabel eins eine weitere Staffel, in der jeweils zwei Promi-Trios für einen guten Zweck gegeneinander antraten. Unter ihnen waren Andrea Kempter, Marco Ströhlein, Christian Clerici, Ross Antony, Oliver Petszokat, Andreas Elsholz und Christian Kahrmann. Diesmal führten Andrea Kaiser und Alexander Wesselsky durch die Sendung, die ab 11. Januar 2011 dienstags um 20.15 Uhr ausgestrahlt wurde. Nach einem guten Start sanken die Quoten deutlich ab, weswegen (vorerst) keine neuen Ausgaben in Auftrag gegeben wurden.

«Fort Boyard» wurde am 08. März 2011 beerdigt und erreichte ein Alter von insgesamt 34 Folgen. Davon entfielen acht Ausgaben auf die Sat.1-Version, 17 auf das ProSieben-Remake sowie neun auf die Kabel eins-Variante. Die Show hinterließ unter anderem die Moderatorin Rita Werner, die später zu einem Münchner Regionalsender wechselte und heute als Manager Training und Internal Communication bei einem Uhrenhersteller arbeitet.

Möge die Show in Frieden ruhen!

Die nächste Ausgabe des Fernsehfriedhofs erscheint am kommenden Donnerstag und widmet sich dann einem kultigen, bunten Bällchen.
04.02.2010 11:00 Uhr  •  Christian Richter Kurz-URL: qmde.de/40022