Vorbild oder Vollpfosten?
Unser Kolumnist über das Phänomen Bushido.
Er ist das Idol vieler Teenies und das Grauen derer Eltern. Nach 8 Alben und einer Biographie (mit 31 Jahren) ist der Berliner Rapper Bushido aktuell wieder stark in den Medien vertreten, denn mit «Zeiten ändern dich» startete vergangene Woche der Film über seine Lebensgeschichte in den Kinos. Was ist dran an diesem Typ und warum ist er eigentlich so erfolgreich?
Bushidos Karriere begann um die Jahrtausendwende, als der deutsche Hiphop sich veränderte. Neben Interpreten wie den Fantastischen Vier oder Fettes Brot gab es auf einmal auch deutschen Gangsta-Rap und Bushido war einer der Wegbereiter dieses Subgenres. Besonders in der Anfangszeit machte der Rapper, auch bekannt unter dem Pseudonym Sonny Black, mit stark homophoben, frauenfeindlichen und gewalt- und drogenverherrlichenden Texten auf sich aufmerksam und viele seine Songs landeten zu Recht auf dem Index. Daneben rappt Bushido auch oft über Berliner Ghettos und seine angeblich so schwierige Kindheit.
Seltsam - gibt es doch in Berlin per Definition gar keine Ghettos; außerdem wuchs Bushido wohlbehütet bei seiner fürsorglichen Mutter auf. Darüberhinaus besuchte er bis zur 11. Klasse das Gymnasium. Ist Bushido eine Mogelpackung? In der ARD-Talkrunde «Menschen bei Maischberger» zeigte er sich vergangenen Dienstag entgegen aller Erwartungen als kompetenter Gesprächspartner, der vor allem durch einen gepflegten Sprachstil und wohlbedachte Wortwahl auffiel, und so manch anderen Talkgast rhetorisch ausspielte. Selbst Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer findet, dass der «Rüpel-Rapper» ein netter Mensch sei, und hat ihm bereits vorgeschlagen, eine Wahlkampfhymne für die CSU zu schreiben.
Bushido hat eine gesellschaftliche Nische entdeckt. Die Jugend wollte sich schon immer von der Elterngeneration abgrenzen: in den 60er Jahren konnte man seine Eltern noch schocken, indem man die Rolling Stones hörte oder sich der Flower Power-Bewegung anschloss. Ähnliches gelang in den 90er Jahren, der Hochkonjunktor der Technomusik, mit der alljährlichen Love Parade. Doch inzwischen passen sich die Eltern immer mehr der Jugend an, tragen «hippe» Kleidung und hören wie ihre Kinder die Musik von Lady GaGa. Jemand wie Bushido ist noch eine der wenigen Möglichkeiten für die Teenies, sich abzugrenzen und ansatzweise eine eigene Jugendkultur zu leben. Dies legitimiert in keinster Weise die grenzwertigen Ansichten und Texte des Rappers, doch die meisten Jugendlichen können glücklicherweise differenzieren. Sie wissen, dass sie damit provozieren können und um nichts anderes geht es ihnen. Bushido ist keineswegs ein Vollpfosten, aber noch weniger ein Vorbild - er ist ein knallharter Geschäftsmann, der sein selbstauferlegtes (schlechtes) Image bewusst und gezielt pflegt.