«Schlüter sieht's»: Unser Star für Quoten
Die Quoten von «Unser Star für Oslo» sinken stetig ab. Hat das Auswirkungen auf den Grand Prix?
Am Dienstagabend lag der Marktanteil der Show «Unser Star für Oslo», die den deutschen Beitrag zum «Eurovision Song Contest» sucht, nur noch bei 10,7 Prozent in der werberelevanten Zielgruppe und damit erstmals unter dem Senderschnitt. Die Zahlen beweisen, dass sich die konstante Talfahrt des Formats fortsetzt – Anfang Februar war man mit 16,5 Prozent bei den 14- bis 49-Jährigen gestartet. Die Zuschauer konnten also nicht wirklich für die von Tausendsassa Stefan Raab organisierte Talentsuche begeistert werden. Woran liegt der überdurchschnittlich starke Zuschauerrückgang und hat dies eventuell negative – oder sogar positive – Auswirkungen auf unseren ESC-Beitrag?
Die Zuschauer entscheiden bei der Castingshow, wer weiterkommt und am Ende schließlich nach Oslo reisen darf. Interessant ist hier, dass das Format besonders in der Zielgruppe Reichweiten verloren hat: Beim Gesamtpublikum ab drei Jahren verlor man von der Anfangssendung bis zur vierten Ausgabe 750.000 Zuschauer. In der Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen gab es einen Rückgang von 660.000 Menschen auf zuletzt 1,38 Millionen. Fast alle Zuschauer also, die während der ersten Ausgaben verloren gegangen sind, stammen aus der werberelevanten Zielgruppe.
Dies bedeutet nichts anderes, als dass der «Eurovision Song Contest», im Volksmund noch traditionell „Grand Prix“ genannt, besonders bei den älteren Semestern noch immer einen verstärkten Einschaltimpuls hervorruft, während die Zuschauerfluktuation bei den jungen Menschen eher daher herrührt, dass sie keine besonders große Bindung mehr zu der europäischen Gesangsveranstaltung haben und die Sendung weniger als „nationale Aufgabe“ ansehen (so wie es von ProSieben vorher betitelt wurde), sondern eher als eine unter vielen Raab-Eventshows.
Ob das geringe Interesse der Zielgruppe nun Nachteile bei der Auswahl des Grand-Prix-Teilnehmers mit sich bringt, ist sehr spekulativ. Fest steht, dass die öffentlich-rechtlichen ARD-Vorentscheide der letzten Jahre, in denen die jungen Zuschauer ebenfalls fast nicht anwesend waren, keine guten Teilnehmer hervorbrachten – im Gegenteil wählten die Deutschen nur noch Flops zum ESC. Es ist sicherlich nicht von Vorteil, dass sich so wenig junge Zuschauer für «Unser Star für Oslo» begeistern, denn je größer die Reichweite, desto höher die Abstimmungszahlen, desto größer die Chance, einen guten Teilnehmer zu finden. Die „Weisheit der Vielen“ also.
Der große Unterschied im Vergleich zu den Flops der Vorjahre ist allerdings, dass Stefan Raab schon vor der Sendung die Teilnehmer selektiert hat und nur noch die besten Sängerinnen und Sänger in die Show ließ. Wer von ihnen nun also letztlich zum Grand Prix fährt, hat weniger Gewicht als in den vergangenen Jahren – denn jeder der Raab-Zöglinge hat das Zeug zu einem hervorragenden, erfolgversprechenden ESC-Auftritt. Dass Deutschland diesmal den lang ersehnten Sieg davontragen kann, ist dennoch höchst utopisch. Aber wie sang schon die deutsche Teilnehmerin Katja Ebstein 1970 beim Grand Prix? „Wunder gibt es immer wieder“.
Jan Schlüters Branchenkommentar beleuchtet das TV-Business von einer etwas anderen Seite und gibt neue Denkanstöße, um die Fernsehwelt ein wenig klarer zu sehen. Eine neue Ausgabe gibt es jeden Donnerstag nur auf Quotenmeter.de.