Verücktes Herz, Jo Baiers 20 Millionen Euro Blutzoll, Ziegen als Darsteller und Alice im Unterland.
«Alice im Wunderland»
Mit "Alice's Adventures in Wonderland" und der direkten Fortsetzung "Through the Looking-Glass and What Alice Found There", die heutzutage meist als dieselbe Erzählung betrachtet werden, schuf Lewis Caroll einen Teil Weltliteratur, der sich in den verschiedensten Kreisen großer Beliebheit erfreut und in der Vergangenheit bereits unzählige Male Gegenstand von Adaptionen im Bereich von Zeichentrick, Musicals, Filmen und Bühnenstücken war. Im Juli 2008 wurde bekannt, dass Tim Burton, der sich in einem Vertrag bereit erklärt hatte, zwei Filme im Disney Digital 3-D Format zu drehen, mit «Alice in Wonderland» eben dieser Forderung nachkommen würde (Nebst einem Remake des eigenen Filmes «Frankenweenie»). Produziert werden sollte das Spektakel von Richard D. Zanuck, der diese Position schon zuvor in drei Werken Burtons eingenommen hatte, unter anderem in «Charlie und die Schokoladenfabrik» (2005). Während Johnny Depp wenig überraschend in die Rolle des verrückten Hutmachers schlüpfen sollte, wurde die wenig bekannte Mia Wasikowska als Alice besetzt. Die gebürtige Australiern zeigte in der ersten Staffel «In Treatment» große Begabung und sollte der Figur entschieden die nötige Authentizität verleihen. Helen Bonham Carter, Mrs. Lovett aus «Sweeney Todd», wurde als rote, Anne Hathaway als weiße Königin engagiert.
Burton und Zanuck entschlossen sich wider Erwarten gegen 3D-Kameras, die ihnen zu unhandlich erschienen. Es wurde beschlossen, die Szenen im Zuge der Postproduktion in das gewünschte Format umzusetzen. James Cameron, der im Vorfeld mit seinem «Avatar» für Aufregung sorgte, äußerte sich diesbezüglich mit Unverständnis: “Es macht keinerlei Sinn, in 2D zu drehen und in 3D zu konvertieren.” Für Burton war es nach eigenen Angaben zudem das erste Mal, dass er mit Green Screen arbeitete. Cast und Crew zeigten sich nach den circa 50 Drehtagen von der Farbe schwer angeschlagen, während Burton selbst dem Effekt mit Brillengläsern der Farbe lila vorgebeugt hatte. Die Story des Filmes ist kurz zusammengefasst: Die inzwischen 19-jährige Alice kann sich nicht mehr an die Abenteuer erinnern, die sie vor 13 Jahren im Wunderland erlebte. Den Heiratsantrag eines uninteressantes Adeligen unbeantwortet gelassen, flüchtet sie zurück in die Traumwelt und muss sowohl den wirklichen Namen “Unterland” anerkennen als auch das Misstrauen der merkwürdigen Gestalten, auf die sie trifft. Ob sich der Besuch lohnt, verrät die Quotenmeter.de-Kinokritik am Wochenende.
OT: «Alice in Wonderland» von Tim Burton; mit Mia Wasikowska, Johnny Depp, Helen Bonham Carter, Anne Hatheway, Matt Lucas und Stephen Fry.
«Henri 4»
Jo Baier drehte mehr als 60 Ausgaben der Dokumentationsreihe «Unter unserem Himmel», bevor er mit «Rauhnacht» sein Spielfilmdebüt gab. Mit «Henri 4» wagte sich der Regisseur in völlig neue Dimensionen vor. Rund 20 Millionen Euro flossen in die Produktion des monumentalen Werkes, das sich lose auf Heinrich Manns Buchfolge “Henri Quatre” beruft. Der Trailer verdeutlicht, was den gewillten Zuschauer erwartet: Hunderte Komparsen, verteilt auf riesigen Schlachtfeldern, freizügiges Triebleben, ein Bruchteil an Geschichte und eine Masse an potentiellen Problemen. Es wird dem Betrachter bereits in diesen wenigen Minuten bewusst, dass Zeitsprünge die Tagesordnung bilden und stereotypische Figuren wie die boshafte Stiefmutter die Fäden ziehen – womöglich kann die zweifellos spektakuläre Inszenierung über derartige Fakten hinweg trösten. Im Rahmen der Premiere der Berlinale Special Gala stieß man jedoch auf eminente Ablehnung.
«Henri 4» erzählt vom Prinzen Navarras (Julien Boisselier), der sich im Frankreich des 16. Jahrhunderts gegen das katholische Paris wendet. Dort versucht Katharina von Medici (Hannelore Hoger) alles, um die Aufstände und Flucht der Hugenotten mit Gewalt niederzuschlagen. Letztlich soll es die Hochzeit zwischen Henri und ihrer Tochter Margot (Armelle Deutsch) richten, doch die Trauung endet mit großen Leichenbergen im Louvre. Letztere Tragödie wurde von Patrice Chéreau in einem Zweiteiler verfilmt, während Baier es zur Nebensache deklariert. Mit dem sich über 155 Minuten erstreckenden Film hat Baier mutmaßlich bewiesen, nicht nur exzellente Bilder für den kleinen Schirm einfangen zu können. Ob das die inhaltlichen Schwächen überdeckt und die immensen Produktionskosten wieder eingespielt werden können, bleibt fraglich.
OT: «Henri 4» von Josef-Albert Baier; mit Julien Boisselier, Joachim Król, Roger Casamajor, Andreas Schmidt, Armelle Deutsch und Chloé Stefani.
Lesen Sie auf der folgenden Seite von Männern, die auf Ziegen starren und Jeff Bridges Oscar-Sprungbrett «Crazy Heart».
Verücktes Herz, Jo Baiers 20 Millionen Euro Blutzoll, Ziegen als Darsteller und Alice im Unterland.
«Männer, die auf Ziegen starren»
George Clooney und Grant Heslov begannen ihre Zusammenarbeit im Jahr 2005 mit dem für sechs Academy Awards nominiertem Film «Good Night, and Good Luck», der allerorts positive Resonanz und diverse Preise mit sich brachte. Wenige Monate später gründeten die beiden die Filmschmiede Smoke House. Mit «Männer, die auf Ziegen starren» setzt das Duo die erfolgsgekrönte Laufbahn fort: Heslov fungierte als Regisseur, Clooney als Hauptdarsteller. Neben den beiden sind einige weitere angesehene und talentierte Darsteller mit von der Partie, wie etwa Ewan McGregor, Jeff Bridges und Kevin Spacey – Namen, die auf gute Unterhaltung verweisen. Eben dies tut auch der mehr als gelungene Trailer, der mit schnellen Schnitten, viel Humor und Bostons “More than a Feeling” einen sehr sympathischen Eindruck vermittelt.
Das wahnwitzige Abenteuer eines Reporters auf den Spuren parapsychologischer Agenten der Regierung beruht auf einer gleichermaßen verrückten und doch wahren Begebenheit: Peter Straughan, Autor diverser Theaterstücke, verfasste das Drehbuch nach dem gleichnamigen Bestseller des Journalisten Jon Ronson, das durch die Ermittlungen von John Sergeant seltsame militärische Konzepte, Versuche und Erfahrungen der vergangenen drei Jahrzehnte zum Gesprächsstoff machte. Während das Buch allerdings Experiment an Experiment reiht, verfolgt der Film selbstverständlich einen roten Faden. Clooneys Charakter Lyn Cassady basiert auf Guy Savelli, welcher behauptet, durch reinen Blickkontakt einer Ziege das Leben genommen zu haben. McGregors Figur Bob Wilton stellt Ronson selbst dar, wohingegen Bridges und Spacey rivalisierende Mitglieder der Führungsetage mimen. Zu erwarten ist ein amüsanter Trip ins Absurde, der durch den großartigen Cast nur noch sehenswerter erscheint. Mehr darüber lesen Sie am Samstag in der Quotenmeter.de-Kinokritik.
OT: «The Men Who Stare at Goats» von Grant Heslov; mit George Clooney, Ewan McGregor, Jeff Bridges, Kevin Spacey, Robert Patrick und Stephen Lang.
«Crazy Heart»
Bereits vier Mal (u.a. für «Starman» und «Rufmord») wurde Jeff Bridges für den Oscar nominiert, doch bisher war es ihm nicht vergönnt, die begehrte Trophäe mit nach Hause zu nehmen. In diesem Jahr könnte sich das Blatt wenden: Für sein Porträt des Bad Blake in «Crazy Heart» wird der heute 50-Jährige ein weiteres Mal in der Kategorie des besten Darstellers gelistet, mit überdies äußerst großen Erfolgschancen – Kritiker bescheinigen ihm immerhin die “Rolle seines Lebens”. Der auf der Country-Legende Hank Thompson basierende Film von Regisseur Scott Cooper, der zuletzt in «Broken Trail» als Schauspieler agierte, weißt ein spärliches Budget von etwa sieben Millionen Dollar auf und sollte ursprünglich nicht einmal den Weg in die Lichtspieltheater finden. Fox Searchlight Pictures nahm sich jedoch dieser Angelegenheit an und rückte «Crazy Heart» ins Scheinwerferlicht. Aus finanzieller Hinsicht tat man sich damit definitiv einen Gefallen; die Rede ist von 22 Millionen Dollar Einnahmen. Wie sich das Werk an den deutschen Kinokassen schlägt, wird sich ab Donnerstag zeigen.
"I used to be somebody, now I'm somebody else": Bad Blake ist 57, hat zehn Dollar in der Tasche und streift von einem heruntergekommenem Motel zum nächsten. Vor gefühlten hundert Jahren war Blake ein überaus erfolgreicher Country-Sänger, der mehrere Hits landete. Nun scheint er sich nur wenige Sekunden vor dem endgültigem Fall zu befinden. Da lernt er die alleinerziehende Journalistin Jean (Maggie Gyllenhall) kennen, die nach all den gescheiterten Ehen in ihm erneut den Wunsch nach einer eigenen Familie weckt. Mithilfe seines ehemaligen Schützlings Tommy Sweet (Colin Farrell) und seinem alten Freund Wayne (Robert Duvall) versucht Bad wieder Fuß im Musikgeschäft zu fassen. Viele der Songs wurden von T-Bone Burnett, Ryan Bingham oder Stephen Bruton geschrieben und gesungen. Doch auch Bridges, Farrell und Duvall zeigen ihr musikalisches Talent. Erstgenannter tat dies bereits in «Die fabelhaften Baker Boys» (1989) an der Seite seines Bruder Beau. Die Filmkritik gibt es bei den Kollegen von
Country Music News.
OT: «Crazy Heart» von Scott Cooper; mit Jeff Bridges, Maggie Gyllenhaal, Colin Farell, Robert Duvall, Beth Grant und Tom Bower.