Kerner: 'Es wird immer ein paar Krümelsucher geben'

Geschrieben wird über die Quoten der neuen Sat.1-Sendung «Kerner» viel - gesagt hat der Moderator bisher eher wenig. Manuel Weis sprach mit Johannes B. Kerner am Donnerstagmittag. Welche Ziele er hat und was er über die unterschiedlichen Anfangszeiten seiner Sendung denkt, verriet er im Interview.

Herr Kerner, ich vermute Sie werden zur Zeit recht häufig auf das Thema Quoten angesprochen, oder?
Eigentlich nicht. Ich spreche mit vielen Menschen, die die Quoten gar nicht so sehr interessieren. Häufiger und lieber spreche ich über Inhalte. Tatsächlich steigen die Quoten aber zuletzt. Es wird immer ein paar Krümelsucher geben. Über Quoten sprechen fast ausschließlich Journalisten. Ich habe immer gesagt, dass es ein langer Prozess sein wird, wir sind mittendrin.

Das SZ Magazin haut morgen drauf. So ist das, wenn eine Woche vorher im Zeit-Magazin das große Interview stand. Man kann es halt nicht allen recht machen.

Auch wir müssen jetzt über dieses Thema sprechen – das lässt sich in einem Quotenmeter-Interview nicht ganz verhindern. Wie schätzen Sie die Werte Ihrer Sendung derzeit ein?
Die Werte, die wir derzeit erzielen, werden immer besser. Teilweise haben wir ein neues Publikum, das wir noch auf uns aufmerksam machen müssen. Wir setzen uns nicht in ein gemachtes Nest, sondern leisten Aufbauarbeit. Das macht übrigens richtig Spaß. Bislang gab es eine solche Programmfarbe bei Sat.1 nicht. Beim ZDF haben wir im letzen Halbjahr donnerstags 16 Prozent geholt und wurden in den letzten Jahren immer erfolgreicher. Ein solcher Erfolg geht aber nicht von heute auf morgen – auch bei Sat.1 nicht.

Sie sprechen den positiven Trend an - wo liegt denn das mittelfristige Ziel?
Das Ziel ist immer gute und interessante Sendungen zu machen. Ende des Jahres könnte ich mir vorstellen, dauerhaft zweistellige Marktanteile zu holen.

Welche Rolle spielen bei Ihrer Gewichtung denn auch Abrufzahlen aus dem Online-Bereich? Die steigen und steigen und bekommen somit eigentlich immer mehr Gewicht.
Das wird immer wichtiger. Wir legen großen Wert auf die Online-Zahlen, unser Kerngeschäft bleibt aber das TV.

Der Sendeplatz Ihrer Show erweist sich etwas als Problem – nachdem es am Montag nicht funktionierte hatte Sat.1 eigentlich keine andere Wahl, es blieb nur der Donnerstag. Wie ärgerlich ist es denn für Sie wenn Sie – wie nun gerade – in 5 Wochen nur einmal um 22.15 Uhr und vier Mal um 23.45 Uhr antreten müssen.
Das ist sicher ein Problem, weil wir nicht so verlässlich sein können. Wir wussten aber, dass dies gerade im März und April unvermeidbar ist und deshalb ist es in Ordnung. Der Zuschauer bekommt ja guten Fußball geboten, das ist auch sehenswert.

Verwirrt das die Zuschauer möglicherweise auch? Die erwarten Kerner doch eigentlich um kurz nach zehn…
Viele wissen doch noch gar nicht wo ich sende. Das wird sich mit der Zeit ändern.

Was machen Sie bei Sat.1 nun konkret anders? Worin unterscheidet sich die Sendung im Vergleich zu Ihrem ZDF-Talk?
Eigentlich ist das offensichtlich: Unsere Einspieler sind länger, die filmische Qualität hat zugenommen. Was gleich geblieben ist: Sehr gute Gäste, sehr gute Geschichten. Heute Abend haben wir beispielsweise Manfred Amerell in unserer Sendung.

Gibt es denn auch Gäste, die gerne zum ZDF kamen, im Programm von Sat.1 aber nicht auftreten wollen?
Das ist bis jetzt nicht vorgekommen. Die Gäste kommen gerne zu Kerner, weil sie dort gut behandelt werden. Das war früher so und das wird sich auch in Zukunft nicht ändern.

Kann denn auch einmal ein Politiker bei Ihnen auftauchen oder empfiehlt sich das bei Sat.1 nicht?
In jedem Fall und zwar immer dann, wenn es inhaltlich passt und Erfolg verspricht.

Wie stehen Sie eigentlich zum Thema HD? Wäre Kerner in HD denn ein Mehrwert und ab wann ist eine HD-Produktion angedacht?
Im Grunde genommen muss man solche Fragen dem Sender stellen. Ich selbst sehe Fußball hin und wieder in HD und ich sehe den Unterschied.

Seit einigen Wochen ist Katja Hofem-Best für Sie zuständig – eine Frau, die von vielen Fernsehmachern sehr gelobt wird. Konnten Sie in der kurzen Zeit von Ihrer Arbeit schon profitieren, gestaltet sich das Miteinander angenehm?
Das Miteinander gestaltet sich sogar sehr angenehm. Wir führen sehr gute Gespräch, sie ist offenbar eine sehr erfahrene Fernsehfrau und hat viel Erfahrung im Team. Alle wissen, dass es Zeit braucht, eine neue Programmfarbe zu etablieren.

Neben Ihrem Magazin, von dem es 50 Folgen pro Jahr geben wird und den «ran»-Sendungen hieß es einmal, Sie könnten auch noch andere Events für Sat.1 moderieren. Ist denn irgendein Projekt schon in Arbeit?
Wir haben den Jahresrückblick 2009 gemacht und freuen uns, ihn auch 2010 zu machen. Seien Sie sicher, dass noch das ein oder andere kommt.

Für «ran» sind Sie in den nächsten Wochen wieder in ganz Europa unterwegs, wenn es um die entscheidenden Spiele der Königsklasse geht: Wie anstrengend ist das als Familienvater – immerhin waren Sie auch schon für das ZDF viel unterwegs.
Für die Familie ist es anstrengend, sie akzeptiert es. Ich bin ja froh, dass wir zu Hause noch nicht so weit sind, dass sie sich freuen, wenn ich weg bin. Alle wissen, Fußball ist meine große Leidenschaft.

Anders als beim ZDF haben Sie bei «ran» vor dem Spiel und auch während der Pause nur recht wenig Zeit, die Zuschauer einzustimmen. Was ist Ihnen in den wenigen Minuten besonders wichtig. Was wollen Sie transportieren?
Eine Sache hat sich geändert: Bei «ran» ist die Nachberichterstattung der journalistische Hauptplatz, beim ZDF war das die Vorberichterstattung. Ich kann mit dieser Veränderung sehr gut leben. Was geblieben ist, ist Franz Beckenbauer – seine Art ist unverwechselbar und ein großer Gewinn für «ran».

Ein Blick noch auf die Euro League – sind Sie überrascht, dass die Spiele quotentechnisch nicht ganz so sehr durch die Decke schießen, sondern in den meisten Fällen eher nur auf Senderschnitt liegen?
Klassischer Weise ändert sich das in Richtung K.O.-Spiele, besonders wenn deutsche Mannschaften dabei sind.

In den kommenden beiden Wochen stehen die Achtelfinalrückspiele in der Champions League an – Bayern muss in Florenz ran, Stuttgart trifft wieder auf Barcelona. Wer kommt weiter?
Ich hoffe, dass beide weiterkommen, sorge mich aber um den VfB Stuttgart etwas mehr als um den FC Bayern.

Vielen Dank für das Gespräch.
04.03.2010 15:05 Uhr  •  Manuel Weis Kurz-URL: qmde.de/40552