Ein generelles Werbeverbot bei ARD und ZDF wird derzeit diskutiert. Christian Richter und Manuel Weis vertreten ihren Standpunkt.
Pro von Christian Richter:
„Für unabhängige Medien. Dafür zahle ich meine Rundfunkgebühren.“ Mit exakt diesen Worten wirbt die GEZ in ihren Fernseh- und Kinospots für das Entrichten der Pflichtabgaben. Doch solange zumindest ein Teil des Programms von Werbung und Sponsoring abhängig ist, kann diese Unabhängigkeit nicht gewährleistet werden. Medien sollen Zusammenhänge und Praktiken hinterfragen und untersuchen. Auch Machenschaften von großen Unternehmen sollten beleuchtet werden können. Aber könnte sich das ZDF wirklich erlauben einen kritischen Bericht über Haribo oder DHL zu senden, wenn die Gefahr bestünde, dass einer der Hauptsponsoren von «Wetten Dass...?» verloren ginge?
Vereinzeltes Zurückgreifen auf Werbung wäre vielleicht noch zu verkraften, doch die Sender nutzen diese Möglichkeit schamlos aus und lassen diese zusätzliche Einnahmequelle bewusst ausufern. «Wetten Dass...?» verkommt immer mehr zu einer gigantischen Werbeshow, die fast den Stempel «Dauerwerbeseindung» verdient hat. Große Sportveranstaltungen werden oft von drei bis vier Partnern unterstützt, die regelmäßig jeweils mit einem Spot vorgestellt werden und so letztlich zu einer Art Miniwerbeunterbrechung führen.
Wie fatal der Einfluss von Werbung sein kann, zeigt sich vielerorts im Radio. Zahlreiche öffentlich-rechtliche Sender sind zusätzlich auf die Finanzierung durch Werbung angewiesen. In Extremfällen läuft bei diesen genauso viel Werbung wie bei privaten Anbietern. Dies führt gleichzeitig dazu, dass das Programm der öffentlich-rechtlichen Sender kaum noch von privaten zu unterscheiden ist. Egal ob öffentlich-rechtlich oder privat: Überall werden die Hörer mit einer lustigen Morgensendung geweckt und tagsüber mit den größten Hits und dem Besten von heute unterhalten. Noch ist zwar durch vereinzelte redaktionelle Berichte eine vollständige Angleichung nicht erfolgt, aber der Trend zeigt deutlich dorthin.
Die Erlaubnis Werbespots senden zu dürfen, tut zudem dem Programm der Sender nicht gut. Aus dem Drang nach hohen Einschaltquoten vor allem in der jungen Zielgruppe schickte das Erste am Vorabend die fragwürdigsten Formate auf Sendung. Man erinnere sich nur an «Bruce» oder schaue sich aktuell «Das Duell im Ersten» an. Die Daily Soaps «Marienhof» und «Verbotene Liebe» sowie «Das Quiz mit Jörg Pilawa» sind lediglich unmotivierte Duplikate erfolgreicher Privat-Formate. Im ZDF wechseln sich endlose «SOKO»-Ableger mit oft einfallslosen Geschichten ab. Auch wenn es sich dabei um keine tägliche Serie handelt, grenzt deren Qualität oft an austauschbare Massenware.
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk kann mehr. Die Anstalten haben bewiesen, dass sie wesentlich bessere und innovativere Formate liefern können. Doch die Abhängigkeit von der Werbeindustrie lähmt sie schlichtweg und verhindert ihr volles Potential ausschöpfen zu können. Die öffentlich-rechtlichen Programme sollten daher werbefrei werden, weil es das beste für sie selbst ist.
Contra von Manuel Weis:
Wer hat eigentlich wirklich Interesse daran, dass im Programm von ARD und ZDF keine Werbung mehr gesendet werden soll? Sind es wirklich die Zuschauer? Oder ist es nicht eher eine Lobby, die dem Privatfernsehen helfen möchte, so manchen vermeintlichen Nachteil wieder auszugleichen. Vorneweg: Natürlich ist es eigentlich ungerecht, dass ARD und ZDF aus staatlichem Topf Gelder bekommen, die die Bundesbürger für das Empfangen der Kanäle monatlich berappen müssen. Hinzu kommt, dass beide Anstalten fast schon regelmäßig nach einer Gebührenerhöhung verlangen, weil ihnen das zur Verfügung stehende Geld nicht ausreicht.
Beispiele für Verschwendung der Gebühren gibt es en masse: Da war es nicht nur Johannes B. Kerner 2008, der während der Olympischen Spiele kurz für ein Fußball-Freundschaftsspiel aus und wieder zu Olympia geflogen wurde – da ist es auch mancher Auslandskorrespondent, der nicht immer sein Geld wert ist. Verschwendung gibt es im öffentlichen System aber grundsätzlich – was sie natürlich aber keinesfalls legitimiert. Warum Gebühren für ARD und ZDF und warum die Trennung von privaten Sendern? Damit Dokumentationen, Politik und wertvolle Stoffe auch weiterhin prominent platziert werden.
Genau darüber sollte man streiten: Dokus stehen in der ARD auf der Kippe, weil sie am Montagabend nicht genügend Zuschauer holen, sie wären zur Zeit sicherlich auch nicht in der Primetime zu sehen, wäre kürzlich «Geld.Macht.Liebe» nicht so grandios untergegangen - und das hat nichts mit Werbung zu tun, weil im Primetime-Umfeld Spots überhaupt nicht zu sehen waren. Obwohl die ARD Gebührengelder bekommt, macht sie private TV-Inhalte nach. Das fängt bei den Soaps an und hört bei manchem Sportevent auf – bestes Beispiel ist eine Art Promi-Biathlon, das man von Stefan Raab abgekupfert hat.
Hier muss ein Umdenken stattfinden: Wertvolle Inhalte müssen her – und die Quote am nächsten Morgen darf dann gerne auch egal sein. Weil das umgesetzt werden muss, ist es durchaus legitim, wenn Das Erste wenige Minuten am Tag mit Werbung füllt und somit ein paar Euros hinzuverdient. Beispiel «Sportschau»: Hier dienen die Spots dazu, dass man die teuren Bildrechte halbwegs finanzieren kann – private TV-Stationen wie Sat.1 gerieten zuletzt in schwierige Situationen, da sich mit der Bundesliga kein Gewinn erzielen ließ.
Den Zuschauer stören die oftmals kurzen Werbeblöcke bei ARD und ZDF also sicherlich nicht – es sind eher RTL und Sat.1 die schlicht neidisch sind, weil Das Erste für sein Tagesprogramm in etwa doppelt so viel Geld ausgeben kann. Das ist gut so – nur leider gibt die ARD manchen Euro eben für falsche Produkte aus. Mehr Dokus, mehr Politik und mehr Wissensformate sollten ihren Weg ins öffentlich-rechtliche Fernsehen finden. Auch wenn sich eine Minderheit dafür interessiert – die ist es wert.