TV und so: Fernsehen ohne Quote
Wäre das Fernsehprogramm besser, wenn keine Einschaltquoten gemessen würden?
Geld regiert die Welt. In der Fernsehwelt stimmt dies zwar auch bedingt, aber hier bestimmt die Einschaltquote alle Entscheidungen. In Deutschland werden Reichweiten und Marktanteile seit 1975 anhand von repräsentativen Haushalten ermittelt, mittlerweile gehören 5640 Haushalte zum Pool derjenigen Zuschauer, die über Erfolg und Misserfolg eines Programmes und ganzer Sender bestimmen. Oft genug wurde die Debatte über den Qualitätsverfall im deutschen Fernsehen geführt, 2008 gipfelte sie in der Wutrede Ranickis auf dem Deutschen Fernsehpreis und der anschließend einberufenen – ziemlich lächerlichen – Diskussion mit Thomas Gottschalk.
Gottschalks Argumentation für das aktuelle Fernsehprogramm bestand auch aus der Tatsache, dass die Menschen nun einmal das zu sehen bekommen, was sie sehen wollen. Und wenn sieben Millionen Menschen «DSDS» einschalten, dann hat die Sendung ihren Platz im Fernsehprogramm verdient. Dass «DSDS» aber so erfolgreich ist, wissen wir erst durch die Einschaltquotenmessung. Wäre das Fernsehprogramm denn besser und hochwertiger, wenn wir rein hypothetisch auf die Messung der Zuschauerzahlen verzichten würden?
Sicherlich sähe das Fernsehprogramm dann anders aus. Grundsätzlich käme es bei den Privatsendern dann auch nicht mehr unbedingt auf die jungen Zuschauer, die sogenannte werberelevante Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen an. Die Sender müssten sich dann noch stärker an die Bedürfnisse der Werbetreibenden anpassen und vereinzelte Sendungen vielleicht sogar noch spezifischer auf sie zuschneiden. Aber dass dabei besseres Programm herauskommen würde, ist Wunschdenken. Denn die Werbetreibenden wollen Programm eine maximale Zuschauerschaft – und diese wird schon aus rein logischer Denkweise nicht durch hochwertiges Programm erzielt, sondern durch massentaugliche Ware. Vielleicht hätten wir dann also zwar keine Fake-Dokus im Nachmittagsprogramm mehr, aber für mehr als Boulevard würde es auch dort nicht reichen.
Und auch ohne eine Quotenmessung wäre bei Straßenfegern wie «DSDS» aufgrund der Boulevard-Berichterstattung und der Mund-zu-Mund-Propaganda ein Erfolg vorprogrammiert. Vereinzelte Sendungen würden Gesprächsthema werden, woraus sich dann obligatorisch eine hohe Zuschauerzahl ableiten würde. Ohne Quotenmessung würden sich die Sender allerdings sicherlich noch weniger Mühe geben, ein gutes und attraktives Fernsehprogramm anzubieten – sprich: Es gäbe mehr Wiederholungen oder billige B-Spielfilme. Diese Entwicklung ist ja sogar mit Quotenmessung im Sommer bemerkbar. Da zu dieser Jahreszeit deutlich weniger Menschen fernsehen, sparen die Sender komplett am Programm und senden fast nur noch Wiederholungen zur Primetime.
Ein hochwertigeres Programm würde es ohne die Ermittlung der Zuschauerzahlen lediglich bei den öffentlich-rechtlichen Fernsehstationen geben, da man sich dann dort vom Quotenwahn verabschieden würde, dem man seit Jahren verfallen ist. ARD und ZDF haben die Voraussetzungen, um Qualitätsfernsehen zu produzieren. Und dies zeigen sie ja auch vereinzelt. Dennoch ist die Qualität des Programms dieser Sender, einhergehend mit dem abstrusen Marktanteils-Wahn der letzten Jahre, gesunken. Würde man sich nicht mehr auf die Reichweiten und Marktanteile fixieren, wären die GEZ-Gebühren sicherlich ohne eine Quotenmessung besser angelegt als in der heutigen TV-Realität.
Tag für Tag erleben wir im Fernsehen skurrile Situationen und verrückte Ereignisse. Unser Quotenmeter-Praktikant nimmt den Wahnsinn der TV-Welt zum Anlass, um seine Gedanken aufzuschreiben. Also gibt es jeden Mittwoch die Ansichten eines Fernsehjunkies in „TV und so“. Nur auf Quotenmeter.de.
07.04.2010 00:00 Uhr
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