360 Grad: Hilferuf ans Fernsehen
Kabel eins plant eine neue Heimwerker-Sendung. Julian Miller über das Do-It-Yourself-Genre im deutschen Fernsehen.
Deutsche Fernsehzuschauer scheinen in nahezu jeder Lage dringend Hilfe zu brauchen. Sei es bei Finanzfragen, wenn so manche Familie erkennt, dass sie sich von Hartz IV keinen Privatjet leisten kann, bei der Kindererziehung, wenn man die verkommene Brut in den Wilden Westen zur Rocky-Mountain-Domina Annegret Fischer-Noble schickt, weil man die kleinen alkoholsüchtigen Gewalttäter nicht mehr unter Kontrolle hat, oder eben bei der Renovierung der eigenen vier Wände. Irgendwie ist es bezeichnend, dass so viele Deutsche ohne die Hilfe des Fernsehens schon zu blöd zum Wohnen sind.
In der Tradition der Do-It-Yourself-Shows setzt an diesem Punkt die neue Reality-Serie «Die Super-Heimwerker» aus dem Hause kabel eins an. Im Grunde genommen hat die Sendung keinerlei Konzept, doch erfahrungsgemäß brauch man das bei solchen Shows auch nicht wirklich. Vor ein paar Jahren hat man Sonya Kraus mit einer Bohrmaschine in der linken und einem Hammer in der rechten Hand auf baufällige Wohnhäuser losgelassen, heute sind es eben drei wirkliche Profis, die jedem mit zwei linken Händen einmal zeigen wollen, wo der Hammer hängt.
Innovativ klingt das alles nicht. Ist wohl auch nicht Sinn der Sache. Hauptsache, man schafft einen billig produzierbaren Trivialdoku-Übergang zwischen dem Sitcom-Block am Nachmittag und den Reality-Serien über die pedantisch kontrollierende Staatsgewalt am Vorabend. Doch ein wirklich erfolgreiches Revival des Do-It-Yourself-Genres scheint eher abwegig. Denn in der Vergangenheit verschwand jede dieser Shows nach einer recht kurzen Lebensdauer in der Quotenversenkung, ehe ProSieben (oder wahlweise kabel eins) den Stecker zog. Diese Konzepte scheinen nämlich nur zu funktionieren, wenn man sie mit melodramatischem Gewäsch über sozial schwache Familien nach einem Schicksalsschlag verbindet, wie Vera Int-Veens «Helfer mit Herz» es vormachte. Ansonsten fehlt wohl das Drama, dessen Gipfel es dann ist, wenn sich einer der Handwerker unabsichtlich irgendein Körperteil amputiert. Obwohl das schon fast wieder Erfolg versprechend klingt.
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