Die Kritiker: «London, Liebe, Taubenschlag»

Inhalt:
Eigentlich steht einer sorgsam geplanten Trauung nach dem perfekten Antrag nichts mehr im Wege, so die Annahme seitens Annina Kasper und Lord William Huxley. Nicht gerechnet haben die beiden mit Williams Mutter, die in sieben Wochen aufbricht, um die Welt zu bereisen. Da Margarete Huxley unter allen Umständen die Vermählung ihres Sohnes miterleben möchte, muss die gesamte Angelegenheit nun etwas zügiger vonstatten gehen. Das Problem: Annina ist noch verheiratet und hat ihren Gatten Tom vor sechs Jahren in ihrem Heimatdorf Wiemelhausen zurückgelassen, wovon William nicht in Kenntnis gesetzt ist.

Unter falschen Vorwänden kehrt Annina zurück in die Vergangenheit – ihre Eltern, die sie seit nunmehr zwei Jahren nicht mehr gesehen hat, sind zerstritten und reden nicht mehr miteinander. Tom stimmt einer schnellen Scheidung zu, scheint jedoch noch immer an Annina zu hängen. Und auch sie entdeckt zwischen den alten Wegen und Bekannten längst vergessen geglaubte Gefühle wieder.

Darsteller:
Tanja Wedhorn («Meine wunderbare Familie») ist Annina Kasperavjchek
Stephan Luca («Faktor 8») ist Lord William Huxley
Marco Girnth («SOKO Leipzig») ist Tom Gerland
Johanna Gastdorf («KDD») ist Marion Kasperavijchek
Jochen Nickel («Schindlers Liste») ist Dieter Kasperavijchek
Christian Kahrmann («Equilibrium») ist Rüdiger Szymainak
Adele Neuhauser («Doctor's Diary») ist Margarete von Raustein Huxley

Kritik:
«Shadow Man», «Attack Force» und «Unsichtbarer Feind» sind die drei letzten Filme, die unter der Regie von Michael Keusch entstanden. Die Drehbücher dieser Actionfilme stammen von Steven Seagal, der auch in die wortkargen Hauptrollen schlüpfte. Drei Jahre nach letztgenannter Produktion folgt nun «London, Liebe, Taubenschlag», glücklicherweise ohne das Engagement des überzeugten Vegetariers mit Kampferfahrung. Waffengefechte hätten Keuschs neustem Werk buchstäblich den Wind aus den Segeln genommen, denn ungeachtet des wenig überzeugenden Titels, kann der Zweiteiler auf ganzer Linie begeistern. Drehbuch, Darsteller, Score, Running Gags und 'The Klauns' sprechen für eine deutliche Empfehlung.

Mit einem Scherz beginnt es. Ein Scherz, der sitzt. Die Kamera führt den Zuschauer anschließend auf die Höhe des London Eye und lässt ihn Zeuge des Antrags William Huxleys werden. Ein sympathischer Zeitgenosse, dem man Annina alias Tanja Wedhorn ohne Umscheife zugesteht - ein schönes Paar, dem von Margarete, Williams Mutter, ein Zeitfenster für die Hochzeit gesetzt wird, insofern sie denn nicht 12 Monate auf ihre Rückkehr warten wollen. Das Rennen gegen die Zeit beginnt, denn Annina ist noch nicht geschieden. Weshalb genau, erfährt man nie konkret. Der Schmerz nach der Abtreibung saß tief, wie es auch der Wunsch nach Abwechslung und einem Studium tat, und danach hat es sich offensichtlich nie ergeben, steuerliche Begünstigung erhält man schließlich auch nicht jeden Tag. So kehrt Annina also zurück nach Wiemelhausen und muss einige seltsame Fakten akteptieren: Zum einen reden ihre Eltern nicht mehr miteinander und selbst wenn sie sich im selben Raum befinden, beten sie Annina lediglich, dem Lebenspartner etwas mitzuteilen (Man fragt sich, ob sie vor der Ankunft ihrer Tochter tagelang geschwiegen haben). Zum anderen befindet sich Toms Laden direkt neben dem Geschäft ihrer Eltern und Rüdiger Szymainak, der die Schulausbildung zwei Jahre nach seinen Altersgenossen abschloss, ist inzwischen Anwalt. Wiemelhausen bietet eine wundervolle Atmosphäre und großartig geschriebene Charaktere, allen voran Marion und Dieter Kasperavijchek (Annina legte den Briten zu Liebe einen Bruchteil ihres Beinames ab). Die Jugendliebe Tom entspricht zwar einem klar strukturiertem Stereotyp, kommt durch das Spiel Marco Girnths aber charamt zur Geltung und macht dem guten William ernsthafte Konkurrenz.

An keiner schauspielerischen Leistung in «London, Liebe, Taubenschlag» gibt es etwas zu kritisieren, die Akteure harmonieren wunderbar, Tanja Wedhorn, Johanna Gastdorf und Jochen Nickel brillieren als schrullige Familie, Christian Kahrmann als mal mehr, mal weniger geistreicher Advokat und Adele Neuhauser geht ohnehin in jeder ihrer Rolle auf. Man fühlt sich wohl in Wiemelhausen, vermisst Londons vorsätzlich triste Kullise nicht. Die einzelnen Verbindunsstränge zwischen den Figuren entfalten sich neben dem Plot, der Wiedervereinigung von 'Tannina'. Und obwohl gegen Ende des ersten Teils durchaus ein Abschlussfeeling gegenüber dem roten Faden auftritt, ist das durchwegs unterhaltsame Spektakel noch nicht vorbei. 'Klapprad oder Klapperstorch' wirft dem Liebesdreieck eine neue Katastrophe entgegen und sieht die Bahn entgleisen. Ein anderer Aspekt von Part zwei sind 'The Klauns', Dieter Kasperavijcheks alte Band. Im ersten Moment noch seltsam wirkend, als wäre Autor Keusch nichts besseres eingefallen, findet man in der Folge großen Gefallen an der Truppe. Frontmann ist niemand geringeres als Ingo Naujoks in der Rolle des Jojo, Bruder von Marion. Während William versucht, Annina zurückzugewinnen und nebenbei einen begonnen Fahradgroßdeal mit Tom abschließt, beginnen 'The Klauns' kräftig zu rocken und sorgen für ein konstant breites Lächeln.

Der zweite Teil hat den Vorteil, die Charaktere nicht erst einführen zu müssen. Man hat sie bereits liebgewonnen und folgt gespannt den neuen Ereignissen. Auf eine gewisse Art und Weise ein Seriengefühl, man wünscht sich vielleicht sogar, die Opening Credits des Zweiteilers würden öfter über die Schirme flimmern. Doch das äußerst gelungene Ende macht bewusst, dass Gutes manchmal einfach ruhen muss (Böse Blicke an dieser Stelle, gerichtet auf ABC und «Scrubs»). Unabhängig davon: Ein klares Plädoyer für «London, Liebe, Taubenschlag» und das innige Verlangen nach einem Spin-off mit 'The Klauns'.

Das ZDF zeigt «London, Liebe, Taubenschlag» am Mittwoch, den 21. April 2010, um 20:15. Der zweite Teil folgt am Mittwoch, den 28. April 2010, 20:15 Uhr.
19.04.2010 10:00 Uhr  •  Marco Croner Kurz-URL: qmde.de/41411