Wieso bringen die Veränderungen der Show keine Quotenbesserung? Geht Pocher den richtigen Weg? 5 Quotenmeter.de-Redakteure mit ihrer Meinung zu dem Format.
Manuel Weis, Chefredakteur Quotenmeter.de
Das Quotenproblem von Oliver Pocher – woran liegt es? Natürlich ist in diesem Zusammenhang der Sendeplatz zu nennen: Am Montagabend, wo sich «Stars & Stories» derzeit erholt, hätte Pocher sicherlich leichteres Spiel gehabt. Aber auch inhaltlich liegt inzwischen einiges im Argen bei der Show. Ich sage: Die ersten Sendungen waren deutlich besser. Es ist unverständlich, dass Pocher nicht mehr auf seine Stärken setzt. Verrückte Einspieler – Pocher irgendwo unterwegs. Weg mit Merkel, weg mit Weischenhirn, Parodien vielleicht allenfalls als Oli Kahn oder Poldi. Für das Studio müsste mehr Spontaneität her. Und genau da liegt das Problem: Weil die Quoten schlecht sind, plant die Redaktion alles genau durch – damit es passt und gut wird. Möglicherweise fühlt sich Pocher in diesem Korsett aber nicht wohl. Also: Mehr Freiräume lassen, auch wenn das hin und wieder dazu führt, dass eine Studioaktion nicht wirklich gelingt. «Die Oliver Pocher Show» sollte sich insgesamt wieder mehr auf das besinnen, was sie einmal vor vier oder fünf Monaten war.
Jan Schlüter, Redakteur Quotenmeter.de:
Es wäre vermessen zu sagen, dass Oliver Pocher mit seiner Show am Freitagabend gescheitert ist. Aber weit davon ist er sicherlich nicht entfernt. Seit Beginn waren die Quoten nicht überdurchschnittlich, in den meisten Fällen sogar desaströs. Marktanteile in der Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen lagen teilweise sogar nur bei 5,X Prozent – für einen TV-Star wie Pocher viel zu wenig. Hätte Sat.1 denn mehr erwarten müssen? Nein, denn genau hier liegt das Problem. Pocher ist ein Meister der Selbstinszenierung und –vermarktung. Er hat es regelrecht erzwungen, seinen eigenen Marktwert so in die Höhe zu treiben, dass erst Harald Schmidt und dann Sat.1 ihn haben wollten (oder, um es gehässig auszudrücken: auf ihn reingefallen sind). Denn schon vor seiner Sat.1-Zeit war Pocher nie der Quotenking, als der er ausgegeben wurde: Seine letzte Staffel «rent a Pocher» lief nur in der Nähe des Senderschnitts, auch seine anderen Formate auf ProSieben wie «Pochers WM-Countdown» oder der «Gameshow-Marathon» überzeugten quotenmäßig nicht oder wurden gar zu Flops. Harald Schmidt und die ARD kauften ihn ein, um die Quote bei den jungen Zuschauern zu holen. Im ersten Jahr konnte dieses Ziel halbwegs erreicht werden, im zweiten Jahr waren die Zuschauerzahlen durch alle Zielgruppen hindurch schlecht – gleichzeitig verlor Schmidt dazu noch seine älteren Fans. Und nun wundert sich Sat.1, dass man am traditionell quotenschwachen Freitagabend mit einer Personality-Show des Pseudostars Pocher so schlechte Quoten hinnehmen muss? Realität sieht anders aus.
Stefan Tewes, Redakteur Quotenmeter.de
Der Werdegang der «Oliver Pocher Show» führte von Beginn an vom Regen in die Traufe. Begann die Show mit einem Konzept, das Oliver Pochers Stärken und
Schwächen alles andere als gerecht wurde, so ist sie mittlerweile in einem Zustand gelandet, der Pocher zwar vor den gröbsten Fettnäpfchen bewahrt, dies mit totaler Konzeptlosigkeit aber teuer bezahlt. Einmal verlorene Zuschauer sind schwer wieder zurück zu gewinnen, das gilt auch für jene die im Herbst tatsächlich Interesse an der neuen Latenight-Show aufwiesen, dann aber von Pochers verkorkstem Stand-Up und unsäglichen Witzfilmchen vergrault wurden. Sie sollten zurückgeholt werden durch einen permanenten Eventstatus. Angetrieben vom Erfolg der Schweinegrippe-Sonderausgabe reitet die «Oliver Pocher Show» seither von einem vermeintlichen Highlight zum nächsten und hängt sich verzweifelt an jeden Trend. Der erste Fußball-WM-Talk des Jahres, die schwangere Freundin live im TV, kommt der «DSDS»-Zweite in die Show oder nicht? Sensation ist hier längst Normalität und lockt selbst mit tatkräftiger Unterstützung der Medien die Zuschauer nicht mehr vor's TV-Gerät. Denn die Resultate versinken meist in einem Sumpf an Rat- und Ideenlosigkeit, der sich oft als einziger roter Faden durch die Show zieht. Das ist der Grund weswegen sich die Hoffnung auf ein Quotenhoch zur WM, wenn Pocher endlich wieder mit seinem Paradethema Fußball versuchen darf aufzutrumpfen, wohl zerschlagen dürfte: Viele Zuschauer haben die Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit der Sendung einfach einmal zu oft miterlebt.
Glenn Riedmeier, Kolumnist Quotenmeter.de
Obwohl er bereits 30 Jahre alt ist, gilt Oliver Pocher besonders unter Showgrößen wie Günther Jauch und Harald Schmidt immer noch als die größte Hoffnung unter den jungen Moderatoren. "Das wird einmal ein ganz Großer" hört man regelmäßig. Die Zuschauerzahlen sprechen jedoch eine andere Sprache, denn «Die Oliver Pocher Show» läuft nach wie vor unterdurchschnittlich und es gibt wenig Aussicht auf Besserung. Pocher ist kein Gesprächsthema mehr, weder beim jungen, noch beim älteren Publikum. Ob man am Freitag die Show gesehen hat oder nicht interessiert niemanden auf dem Schulhof oder im Büro. Dabei ist Oliver Pocher mit Sicherheit ein talentierter Komiker, der bestimmte Stärken hat, die jedoch in seiner Late-Night- bzw. Personality-Show zu kurz kommen. Er sollte sich auf seine Kernkompetenzen konzentrieren (wie z.B. überfallartige Reportagen) und die Dinge, die ihm nicht liegen, einfach sein lassen. Oliver Pocher verkleidet als Angela Merkel ist nunmal absolut nicht lustig, weil er weder ihre Stimme imitieren, noch die Parodie mit einem sinnvollen Text versehen kann. Dass bei solchen Showinhalten die Zuschauer fernbleiben, ist nun wahrlich kein Wunder.
Sidney Schering, Kinokritiker und -kolumnist:
Das Quotengrab schaufelte sich Oliver Pocher bereits in «Schmidt und Pocher». Nach einem viel versprechenden, anarchischen Anfang verlor die Show gänzlich ihren Reiz, als sich Pocher von einer gnadenlos schlechten Parodie in die nächste stürzte und aus der beißend-frechen Chemie zwischen den beiden Moderatoren reinste Planlosigkeit wurde. Der aus früheren Zeiten stammende Eindruck, dass Pocher am besten ist, wenn er spontan sein darf, ging völlig verloren. So wirbt man keine neuen Fans für die eigene Late-Night an, man vergrault eher alte Gelegenheitszuschauer. Der Sendetermin, vor dem Harald Schmidt bereits in der gemeinsamen Sendung mit Pocher warnte, schließt weitere Teile der von Pocher anvisierten Altersgruppe aus, die an einem anderen Wochentag vielleicht beim Zappen hängen bleiben oder bei einem interessanten Gast zuschauen würden. Ein schlechter Sendeplatz stellt jede Sendung auf eine harte Probe, doch mit enormer Qualität kann man sie vielleicht bestehen. «Die Oliver Pocher Show» allerdings erreicht in ihren besten Ausgaben ein passables Niveau. Man merkt ihr einfach an, dass sie zu voreilig auf Sendung geschickt wurde, die Redaktion hat ihr Ziel nie richtig definiert. Vor einigen Wochen wurden dann Themen aus dem Hut gezaubert, unter denen die Ausgaben der Sendung stehen sollten. Schnell gingen dem Team die Ideen aus, dann zauberte man nervige Baby-Puppen aus dem Hut. Jetzt steht die Pocher-Show wieder dort, wo sie zu Beginn stand. Nur mit nervigen Puppen anstelle von Pochers Vater in der Sidekick-Rolle und mit umgestellter Studiodeko. Wer erwartet da schon bessere Quoten?