«Die perfekte Minute» - oder: das Spiel mit der Zeit

Geschicklichkeit und gute Nerven sind bei der neuen Sat.1-Gameshow gefragt. Quotenmeter.de-Redakteur Jürgen Kirsch sah sich bei der Aufzeichnung das Konzept der Show genauer an.

Eine perfekte Minute muss es sein: 60 Sekunden, die über Sieg oder Niederlage entscheiden. Den Kandidaten in der neuen Sat.1-Spielshow «Die perfekte Minute» wird einiges abverlangt: Jede Menge Geschicklichkeit und ein enorm gutes Nervenkostüm. Denn nur wer hier Nerven aus Stahl hat, kann das große Geld abräumen, denn unlösbar sind die Aufgaben nicht. Die Zeit ist hier aber ein hartnäckiger Gegner – und gnadenlos. Doch das Spektakuläre sind die irrwitzigen Aufgaben, die gestellt werden. Verrückte Sachen, die den Machern da eingefallen sind, doch sind sie leicht nachahmbar, ungefährlich und zudem noch für Jedermann spielbar. Ulla Kock am Brink moderiert «Die perfekte Minute» und damit nach langer Zeit wieder eine Spielshow im Free-TV. Vor dem Auftakt zur ersten Sendung am heutigen Freitagabend um 20.15 Uhr auf Sat.1 schaute Quotenmeter.de-Redakteur Jürgen Kirsch bei den Dreharbeiten zur Quizsendung im Studio im Kölner Coloneum vorbei und nahm die aus den USA adaptierte Gameshow unter die Lupe.

Das Konzept dieser Gameshow, die im Original bei Friday TV/NBC ihren Ursprung hat, ist schnell erläutert. Zwei Wochen vor dem Aufzeichnungstermin hatten die Kandidaten eine Box mit 30 Spielen erhalten, die sie mit Hilfsmittel aus dem eigenen Haushalt üben konnten. Zehn davon müssen sie in der Show meistern, wobei sie nicht wissen, welche Spiele drankommen. Jedes Spiel muss in 60 Sekunden erledigt sein, bei Erfolg geht es im Gewinnbaum eine Stufe nach oben. Maximal sind 250.000 Euro drin. Nach dem fünften Spiel gibt es ein „Safety Level“ ähnlich wie bei «Wer wird Millionär?». Die dann erreichten 25.000 Euro sind sicher und auch bei Misserfolg sind sie dem Kandidaten nicht mehr zu nehmen. Dabei kann der Spieler nach jeder Runde aussteigen, drei Fehlversuche werden ihm insgesamt zugestanden. Denn wie von dem Konsolen-Spiel «Super Mario» bekannt gibt es zu Beginn der Show drei „Leben“ für den Kandidaten. Schafft er eine Aufgabe nicht in einer Minute, verliert er ein Leben. Sind alle aufgebraucht heißt es wie in der virtuellen Spielwelt eben „Game Over“. Leicht verständlich also der Spielmodus, vielleicht zu einfach, denn die 30 verschiedenen Aufgaben, welche den Kandidaten unterschiedlich leicht oder schwer fallen dürften, sind gar nicht mal die größte Schwierigkeit. Der Nervenkitzel und das Spiel gegen die Zeit sind ausschlaggebend und sorgen für die Spannung in der Show. Doch auch hier spielen einige Faktoren eine nicht unwesentliche Rolle.

Zum einen sind dies die Spiele selbst. Abwechslung ist zunächst einmal garantiert, denn die Aufgaben, die die Kandidaten zu bewältigen haben, hat man in einer Spielshow im Fernsehen noch nicht gesehen. Das weckt erstmal Interesse daran, wie diese Spiele wohl funktionieren mögen und ob die Kandidaten diese auch beherrschen. Ein Pappteller, der auf einem runden Stift liegt, muss ausbalanciert werden, Toilettenpapier muss vom Besenstil abgerollt werden, Stifte müssen in Becher geworfen werden, ein Besen so gegen den Tisch gestoßen werden, dass ein Ei ins Glas fällt, ein schiefer Turm muss aus Pizza-Kartons gebaut werden, ein Turm aus Keksen auf dem Gesicht gestapelt werden oder mit einem Jojo um die Hüfte müssen Sachen umgestoßen werden – all das sind Beispiele für die Aufgaben, die auf die Kandidaten in «Die perfekte Minute» warten. Größtenteils wurden sie aus der USA-Adaption übernommen, teilweise wurden aber auch eigene Spiele kreiert, die im Vorfeld mehrere Stunden vorbereitet und zum Testen aufwendig auf- und abgebaut werden mussten. 30 Spiele sind es bekanntlich insgesamt, während der Aufzeichnung musste hier und da noch einmal nachgebessert werden, doch sind die Aufgaben leicht verständlich und auch umsetzbar. Der Auf- und Abbau mancher Spiele dauert mal zwei, mal fünf Minuten. Das nach jedem Versuch. Schafft es der Kandidat nicht, muss das Produktionsteam das Spiel erneut aufwendig aufbauen. Als Live-Show würde dies also nicht funktionieren. In der geschnittenen Aufzeichnung sieht der Zuschauer die Versuche der Kandidaten flüssiger hintereinander. Das sollte also kein Grund für aufkommende Langeweile sein, doch was, wenn die 30 Spiele alle gezeigt wurden? Die ersten Sendungen leben noch vom Interessen an den verrückten Spielen, doch sind die erstmal alle durchgespielt, müsste man sich eigentlich Neues ausdenken, um nicht mit Gewohntem zu langweilen. Das eine oder andere Spiel mag man sich auch bei «Schlag den Raab» vorstellen können, so sonderbar und einfallsreich wie die Spiele sind. Die Kreativität der Macher im Hintergrund ist jedenfalls ein Pluspunkt dieser Gameshow, denn jedes der gezeigten Spiele ruft Neugier hervor und schließlich will man wissen, welchen Aufgaben noch kommen mögen. Und wer weiß, vielleicht schaut sich die «Schlag den Raab»-Redaktion das eine oder andere Spiel ab, schließlich zielen sie alle auf Geschicklichkeit ab. Mehr ist nicht erforderlich. Außer guten Nerven, die durch den Zeitdruck und die nötige Konzentration benötigt werden.

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Geschicklichkeit und gute Nerven sind bei der neuen Sat.1-Gameshow gefragt. Quotenmeter.de-Redakteur Jürgen Kirsch sah sich bei der Aufzeichnung das Konzept der Show genauer an.

Vielleicht ist es ganz gut, dass der Auftakt von «Die perfekte Minute» an jenem Abend über die Bühne geht, an dem viele Bundesbürger später noch in den Mai tanzen wollen, eignen sich die leicht auszuprobieren Aufgaben in der Show vermutlich auch als Partyspiele. Möglicherweise ist der Sendestart der neuen Gameshow aber auch ein Nachteil, sollte die Mehrzahl der vor dem Fernsehen sitzenden Deutschen lieber tanzen wollen. Die Zeit, ein weiterer wichtiger Faktor, der zum Gelingen des Konzepts beiträgt, könnte also hier auch gegen die eigene Show spielen. Dabei ist sie der Hauptakteur in der Gameshow. Fünf Episoden wurden vorerst gedreht. Die vor acht Monaten gegründete Produktionsfirma Shine Germany mit Standort in Köln und München hat den Modus der Show in den Mittelpunkt gestellt. Auch wenn nicht immer alles auf Anhieb klappte, bei den Regeln nahm man es sehr genau, selbst dann, wenn man den sympathischen Kandidaten ein Weiterkommen gewünscht hätte. Regisseur Mark Achterberg, der unter anderem für «Big Brother», «Popstars» oder die «Oliver Pocher Show» zuletzt verantwortlich zeichnete, warf seine Erfahrung in die Waagschale, so dass von der technischen Seite eine gelungene Gameshow bei Sat.1 zu sehen sein wird. In der zweistündigen Sendung am Freitagabend kommt es aber auch auf die Kandidaten an, denn auch von ihnen lebt die Show. Es braucht einen Spieler oder eine Spielerin, die emotional bei der Sache ist, es am besten richtig spannend macht und aus sich herausgeht, letztlich damit sogar Sympathien beim Publikum weckt. Ein arroganter Kandidat vom Typ eines Hans-Martin bei «Schlag den Raab» ist hier genauso wenig förderlich wie jemand, der zu zurückhaltend agiert und keine Mine verzieht. Die Sympathie beim Publikum muss schon geweckt werden, damit man vor dem Fernseher mitfiebern kann, denn ansonsten funktioniert die Show eher weniger.

Vor allem aber auch die Sympathie des Studio-Publikums muss geweckt werden. Dieses spielt nämlich auch eine Rolle im Konzept der Show. Würde das Publikum teilnahmslos zusehen, wäre der Spaß-Faktor der Gameshow dahin. Feuert es hingegen den Kandidaten an, bekommt er von den 600 Menschen im Hintergrund die volle Unterstützung, so kann dann auch der Funke auf den Fernsehzuschauer überspringen. Dass das Publikum und vor allem auch die Fans und Familienangehörigen der Kandidaten fleißig mitmachen und zu einer guten Atmosphäre im Studio beitragen, dafür hat Warm-Upper Christian Oberfuchshuber bereits gesorgt. Ein Profi, der die Zuschauer im Studio, die bei der Aufzeichnung bis in die späten Abendstunden jede Menge Sitzfleisch brauchen, bei Laune hält – am Anfang, zwischendurch und auch noch am Schluss der Aufzeichnung haben sie ein Lächeln auf den Lippen. Damit das während der täglich fast dreistündigen Aufzeichnungen auch so bleibt, gibt es sogar Kamelle im Kölner Coloneum. Ulla Kock am Brink konzentriert sich voll und ganz auf ihre Moderation, die nicht nur auf das Präsentieren der verschiedenen Spiele und Kandidaten beschränkt ist. Sie fiebert richtig mit, spricht den Kandidaten in der Drehpause wie auch im Kurz-Interview Mut zu. Spontane Emotionen sind da nicht ausgeschlossen, die Moderatorin als unterstützende Kraft der Kandidaten, der Gegner allein ist die Zeit, die unerbittlich ist. Auch das macht «Die perfekte Minute» sympathisch, so hat Ulla Kock am Brink bei Erfolg der Sat.1-Gameshow auch ihren maßgeblichen Anteil daran. Auch sonst ist sie stets gut aufgelegt, macht hier und da ein paar Späße mit dem Produktionsteam. Als Moderatorin in der Gameshow ist sie eine gute Besetzung und schafft es gleich zu Beginn der Show die Gunst des Zuschauers zu erlangen.

Fazit: Die Aufgaben in der Show geben keine Rätsel auf, sind einfach nachzuvollziehen. Das Interesse des Zuschauers wecken sie. Von emotionalen Kandidaten, die fluchen, ausrasten oder Luftsprünge machen, lebt die Show gleichermaßen wie vom dem Spiel mit der Zeit und dem Mitfiebern von Publikum samt Moderatorin als Unterstützerin. Das als Gesamtpaket verspricht Spannung und eine schnelle Spielshow, deren Produktion hingegen viel Zeit beansprucht hat. Setzt man den Zeit-Faktor richtig ein, könnten bald mit 30 neuen Spielen fünf weitere Episoden gedreht werden. Der Sendeplatz am Freitagabend entscheidet aber auch darüber, ob die aus den USA adaptierte Spielshow dauerhaften Erfolg bringt oder nur ein Spiel auf Zeit darstellt.
30.04.2010 08:30 Uhr  •  Jürgen Kirsch Kurz-URL: qmde.de/41658