Keine Serie steht so sehr für das Zeitgefühl der schrillen 90er Jahre wie der Welterfolg «Baywatch». Zeitweise sahen über eine Milliarde Zuschauer eines der erfolgreichsten Fernsehprogramme aller Zeiten. Quotenmeter.de erinnert daran.
The Hoff rettet Leben
”Some people stand in the darkness. Afraid to step into the light…“ Wenn diese beiden ersten Zeilen des Titelsongs der Serie «Baywatch» aus der Stimme des Survivor-Frontmanns Jimi Jamison erklingen, dann sitzen in den 90er Jahren Woche für Woche zeitweise über 1,1 Milliarden Zuschauer vor den heimischen Fernsehgeräten. Dies ist nicht irgendein utopischer Wert aus Internetforen, sondern die offizielle Zahl, die das „Guinness Buch der Rekorde“ nennt – für die größte Zuschauerzahl aller Zeiten bei einer Serie. Damit ist das 90er-Phänomen «Baywatch» aus Sicht der Einschaltquoten die erfolgreichste Serie der Welt.
Als einzige wirkliche Konstante prägt Schauspieler David Hasselhoff das Format, das in elf Staffeln zwischen 1989 und 2001 produziert wird. Zum Konzept gehört es, dass andere Darsteller nur für eine Season engagiert oder nach spätestens wenigen Jahren ausgetauscht werden. Während der Cast munter durchwechselt, ist „The Hoff“ als Rettungsschwimmer Mitch Buchannon zehn Jahre lang am Strand von Malibu im Einsatz und prägt damit wie kaum ein anderer Schauspieler die Fernsehwelt der Dekade – genauso wie er es ein Jahrzehnt vorher mit «Knight Rider» als Phänomen der 80er getan hat.
Von Anderson zu Electra, von Miami nach Hawaii, vom Flop zum Welterfolg
Eurodance, Bubblegum-Pop, Spaßgesellschaft und Dekadenz: Das Leben der 90er war in der Retrospektive einfach und oberflächlich. «Baywatch» passte perfekt hinein: Das immergleiche dramaturgische Konzept (Jemand geht unter, wird gerettet) wird unterstützt von meist relativ dünnen Charakterentwicklungen. Private Probleme werden zwar behandelt, sind aber oft nur Nebenbestandteil, was auch darauf zurückzuführen ist, dass außer Hasselhoff (und als Nebendarsteller Michael Newman) kein Schauspieler dauerhaft in der Serie mitwirkt.
Stattdessen setzen die Macher in vielen Episoden auf den Körperkult: Die leicht bekleideten Rettungsschwimmerinnen, darunter beispielsweise prominente Namen wie Pamela Anderson und Carmen Elektra, räkeln sich teils in minutenlangen Szenen vor der Kamera, die auch durch die belanglosen Strandmelodien im Hintergrund eher Musikvideoclip- als Seriencharakter haben. Doch genau diese perfekten Körper tragen letztlich dazu bei, dass «Baywatch» ein weltweiter Megaerfolg wird. Schönheit als universelle Sprache – „body language“ einmal anders. Die Produktion setzt auf einfache Handlungsstränge und den „Eye Candy“ im Bewegtbild. Die Zuschauer wissen, dass sie simple, unkomplizierte Unterhaltung erwartet, die etwas fürs Auge ist anstatt fürs Hirn.
“Don't you worry. It's gonna be alright“, heißt es recht treffend im Titelsong.
Bis zum großen Erfolg hat «Baywatch» allerdings einen steinigen Weg: Die erste Staffel wird beim produzierenden Sender NBC 1989 ein Flop und eingestellt. Doch Schauspieler David Hasselhoff ist von dem Format so überzeugt, dass er die Rechte kauft und mit seiner eigenen Produktionsfirma „All American Television“ eine zweite Staffel realisiert, die in den USA im Syndication-Markt, also bei kleineren Sendern, zu sehen ist. Hauptsächlich sind die Rettungsschwimmer aber ein Exportschlager: Schon bald wird «Baywatch» in über 140 Länder verkauft, was zu den enormen Zuschauerzahlen von über einer Milliarde pro Woche führt. Im Heimatland ist das Programm nie besonders erfolgreich, im Ausland – besonders auch in Deutschland – erreicht es Kultstatus, was auch schon daran erkennbar ist, dass Deutschland das einzige Land ist, in dem alle elf Staffeln der Serie auf DVD erhältlich sind.
Hierzulande präsentiert die ARD im Jahr 1990 die ersten Folgen donnerstags am Nachmittag. Der große Erfolg kommt aber auch hier erst mit der zweiten Season, die zum Privat-TV nach Sat.1 wechselt und fortan am Wochenende, später am werktäglichen Nachmittag um 16.00 Uhr ausgestrahlt wird. Zwei Spin-Offs werden von «Baywatch» produziert: Von 1995 bis 1997 versucht man sich in «Baywatch Nights» am Krimi- und Mystery-Genre, nachdem die Serie «Akte X» zum weltweiten Zuschauerphänomen wird. Auch hier gehört Hasselhoff zum Cast und spielt in derselben Rolle als Mitch Buchannon einen Privatdetektiv, der gemeinsam mit seinem Partner Sgt. Garner Ellerbee (der zuvor in der Hauptserie als Polizeichef auftrat) unerklärlichen Phänomenen auf der Spur ist. In Staffel zwei verlagert sich die Handlung in Richtung Sci-Fi und Mystery – ein Todesstoß für das Format, das nun nur noch sehr schlechte Einschaltquoten erreicht.
Mit «Baywatch Hawaii» soll das ursprüngliche Konzept der Hauptserie auch in den 2000ern noch einmal revitalisiert werden: Diesmal verändert man inhaltlich nichts, sondern verlegt lediglich den Handlungsort von Malibu nach Hawaii. Von 1999 bis 2001 laufen die Staffeln zehn und elf also unter dem Titel «Baywatch Hawaii»; Hasselhoff spielt allerdings nur noch in Staffel zehn mit. 2001 endet die Ära «Baywatch» mit ihren TV-Rettungsschwimmern, viel nackter Haut und zahlreichen geretteten Menschenleben. Das Format selbst geht als wohl weltweit erfolgreichste Serie aller Zeiten in die Geschichte ein. Seit Jahren andauernde Gerüchte über einen Kinofilm werden immer wieder zurückgewiesen. 2007 wird berichtet, dass sich Steven Spielberg und Ivan Reitman die Rechte für einen «Baywatch»-Kinofilm in 3-D gesichert haben. Im Februar diesen Jahres meldet der „Hollywood Reporter“, dass die Comedyautoren Brian Gatewood und Alessandro Tanaka vom Produktionsstudio Paramount engagiert wurden, um ein Drehbuch für den Film zu verfassen, der im Sommer 2011 in die Kinos kommen soll.