Lieber Stefan Raab,

der Tag ist gekommen. Am heutigen Samstagabend wird die norwegische Haupstadt Oslo zum zweiten Mal in der Geschichte des Eurovision Song Contest Austragungsort des entsprechenden Finales. Nach den katastrophalen Flops der beiden vergangenen Jahre (Der Gedanke an das Duo 'Alex Swings Oscar Sings' schmerzt mein Ego nicht halb so sehr wie der Auftritt der 'No Angels', die ihrem Titel 'Disappear' alle Ehre gemacht haben), setzt unsere Nation ihre gesamte Hoffnung in Lena Meyer-Landrut. Ihr Geschenk an Deutschland? Während Buchmacher, Fans und gar Google Ihrer Entdeckung seit Wochen den ersten Platz einräumen, zweifeln andere Musikliebhaber an dem Song 'Satellite' und dessen Präsentation auf der Bühne – so ganz ohne Feuerwerk und Dita von Teese.

Mit Sicherheit war es nicht die optimale Lösung, das Lied für Oslo im selben Atemzug mit unserem Star zur demokratischen Abstimmung freizugeben. Meiner Ansicht nach haben die Zuschauer dennoch die richtige Wahl getroffen – Lena hat definitiv eine reelle Chance. Zumindest Ihr Ziel, Herr Raab, nämlich den Sprung in die Top Ten zu vollführen, sollte möglich sein – ich drücke die Daumen. Doch was bleibt neben dem Event, Talent und Moment? «Unser Star für Oslo», die wohl gelungenste Musik-Castingshow im deutschen Fernsehen. Sie haben uns viele Stunden der fantastischen Unterhaltung und Tonkunst geschenkt und ich freue mich sehr, dass es im nächsten Jahr mit der Sendung weiter geht, unabhängig vom Abschneiden Lenas.

Etwas kritischer dürfen Sie in Zukunft aber sein, denn selbst als sicherer Gewinner dieser ganzen Affäre dürften Sie sich nicht immer in dieser sagenumwobenen Feenwelt herumtreiben – wobei: Nach Ihrem Sturz bei «Schlag den Raab» ist das wohl nur noch Spekulation. Ja, Sie sind der eigentliche Gewinner und das zurecht. Erst schlagen sie die Brücke zur ARD, anschließend lassen Sie den Castingwahn der anderen Art walten und schließlich produzieren Sie in wenigen Wochen ein Hitalbum für Ihren Schützling. Herr Raab, wann finden Sie eigentlich die Zeit zum Schlafen? Noch ist es der Anfang vom Ende. Noch ist unklar, wie Lena abschneidet und in welchem Maße ihre zukünftige Karriere davon profitiert. Noch ist unklar, ob Sie die Aufgabe nationaler Wichtigkeit erfolgsgekrönt oder nur unglaublich erfolgreich bewältigt haben. Morgen wissen wir mehr.

Ich bedanke mich für grandiose Fernsehen und blicke ihren kommenden Ideen freudig entgegen.

Hochachtungsvoll,

Marco Croner
29.05.2010 00:00 Uhr  •  Marco Croner Kurz-URL: qmde.de/42263