Dennis Hopper: Der «Easy Rider» ist tot

In der vergangenen Woche verstarb mit Dennis Hopper einer der Begründer des New Hollywood und eine lebende Legende.

What the hell is wrong with freedom? That's what it's all about. (Easy Rider, 1969)

Er sitzt mitten in der Nacht am Lagerfeuer, der langhaarige Naivling Billy, mit Cowboyhut, ranziger Lederjacke und Kippe im Mundwinkel; er, der doch eigentlich nur frei sein will, frei von gesellschaftlichen Zwängen und Vorurteilen - und schließlich genau dadurch seinen sicheren Tod findet, erschossen von Menschen, die seinen Lebenswandel nicht akzeptieren wollen. Zugegeben, erschossen wurde Dennis Hopper nicht, der im Jahr 1969 in dem Kultfilm «Easy Rider» eben jenen Billy verkörpert hat - doch Hoppers Leben und seine Lebenseinstellung haben davon abgesehen viel mit dem personifizierten Captain America gemein, der der vermeintlichen Freiheit und den damit verbundenen Werten im Land der unbegrenzten Möglichkeiten im Vorbeifahren auf seiner Harley den symbolischen Mittelfinger entgegenstreckt. In der vergangenen Woche nun verstarb die lebende Legende Hopper an einer 2009 diagnostizierten Krebserkrankung - und mit ihm einer der alten Schule, der mit «Easy Rider» in den 70er-Jahren die gesellschaftskritische und radikale Filmströmung des New Hollywood begründet hat und nach seiner ganz eigenen Maxime zu leben pflegte.

Der Schauspieler und Regisseur war mehrfach verheiratet, reichte noch kurz vor seinem Tod die Scheidung von seiner fünften Frau ein, wurde jahrzehntelang von Produzenten ob seiner exzentrischen Art gemieden und verfiel für eine lange Zeit den Drogen. Dabei begann seine Karriere in Hollywood vielversprechend: Bereits im jungen Alter ergatterte er in den James Dean-Filmen «... denn sie wissen nicht, was sie tun» und «Giganten» kleinere Nebenrollen. Nach Deans Tod stagnierte Hoppers filmischer Werdegang und er arbeitete als Fotograf, bis er 1969 an der Seite von Peter Fonda mit «Easy Rider» den Identifikationsfilm der Flower-Power-Bewegung schuf und mit kleinstem Budget die Massen begeistern konnte. Doch der finanzielle Erfolg belastete die Freundschaft zu Fonda und Hopper versank in einem Sumpf aus Alkohol und Drogen - seine Regie- und Schauspielarbeiten in den folgenden Jahren wurden zerrissen, bis er schließlich fast gänzlich von der Leinwand verschwand. Erst 1986 gelang Hopper in David Lynchs «Blue Velvet» ein glänzendes Comeback als sadistischer Psychopath sowie ein erfolgreicher Entzug. In den 90er-Jahren war der Schauspieler neben diversen Filmen auch in zahlreiche Fotografie- und Kunstprojekte involviert, die weltweite Aufmerksamkeit erregten. In jüngster Vergangenheit noch war Hopper in dem Drama «Elegy oder die Kunst zu lieben» sowie in der Fernsehserie «L.A. Crash» zu sehen.

Mit 74 Jahren hat Hopper seine unruhige und teils ziellose Reise nun endgültig beendet. Viel hat er gesehen, viel hat er erlebt und vielleicht hat er auch einiges bereut. Denn im Grunde war auch er ein Naivling, einer, der auf der Suche nach sich selbst und der Freiheit war, sich aber im Grunde der Selbstzerstörung durch Drogen hingegeben hat, fest von seiner eigenen Genialität überzeugt. A man went looking for America and couldn't find it anywhere, titelte das Filmplakat seines wohl größten Erfolges «Easy Rider» - Hopper schien diesen gleichzeitig dystopischen und doch gleichzeitig romantisch verklärten Leitspruch zu seiner persönlichen Lebenseinstellung gemacht zu haben.
05.06.2010 14:26 Uhr  •  Jakob Bokelmann Kurz-URL: qmde.de/42423