Pocher vs. Aussenseiter

Internet-Star Rob Vegas bickt auf die mauen Quoten im Fernsehen und wagt einen Blick auf die andere Seite des Bildschirms.

Man hatte es kaum noch für möglich gehalten, doch Sat.1 hat nun beschlossen die «Oliver Pocher Show» weiterzuführen. Mit nur 410.000 Zuschauern bedankte sich das Format mit der letzten Ausgabe vor der Sommerpause dafür aber nicht.

Schon vor einiger Zeit hatte man die die Late-Night Elemente komplett entfernt, ein Maischberger-Sofa ins Studio gepflanzt und vermehrt auf lustige Einspieler gesetzt. Nennen das Produktionsleute und Protagonisten gerne die Weiterentwicklung des Formats, so sieht der gemeine Zuschauer darin bestenfalls den Versuch «Rent a Pocher» als letzte Wiederbelebungsmaßnahme für die Quote zu kopieren.



Das eigentliche Problem liegt jedoch woanders. Hier bei uns. Sie lesen diesen Artikel im Internet. Kennen Sie die Aussenseiter? Oder gar Herrn Tutorial? Diese Gestalten erzielen mit ihren Formaten in der Woche oft mehr als 600.000 Klicks. Nur werden sie dafür im Gegensatz zu TV-Stars nicht so entlohnt oder gar für ihre Leistung respektiert. Hier gibt es kein Sat.1, welches noch auf die Wende hofft und Millionen in eine Verlängerung des Vertrags steckt. Und haben diese Künstler auch nicht das Glück einer einfachen Fernbedienung. Aktiv müssen die Zuschauer die Inhalte suchen, anklicken und verfolgen. Hier zappt niemand aus Zufall auf die mäßige TV-Show.

Das Fernsehen dagegen kann sich nur noch in die Superlative flüchten. Megashows und Castings, Millionen an Produktionskosten und nur wenige Superstars als Ergebnis dieser Materialschlacht sind die Folge. Der neue Maschendrahtzaun wird dagegen nicht mehr im Fernsehen produziert. Er entsteht im Netz, wo selbstgemachte WM-Songs von YouTubern wie Y-Titty schon jetzt Elton und Peilomat hinter sich lassen. Nur gibt es hier leider keine Mittel, welche die größeren Ideen möglich machen. Das Wachstum ist auf die Zuschauerzahl beschränkt und überflügelt schon heute zahlreiche TV-Formate.

Ein Stefan Raab sagte erst letztens auf einer Pressekonferenz, dass man beim Casting für «Unser Star für Oslo» eine Vorauswahl von 20 Künstlern hätte treffen müssen. Anders sei es ja auch nicht möglich. Unsinn. Er hätte zum YouTube-Casting aufrufen können, Deutschlands Jugend hätte gesungen und selbst über die Klicks und Zuneigung abgestimmt. Vielmehr kann nur eine solche Castingshow nicht vom Netz produziert werden, weil es den mächtigen Kanälen hier an Mitteln fehlt. Im Netz wird es so schnell keine lustige «WokWM» geben.

Und trotzdem entwickelt sich hier im Internet und auf Youtube eine neue Konkurrenz. Mit mehr als 11 Millionen Abrufen der Aussenseiter kann ein Pocher nicht konkurrieren. Ein Raab schafft im Netz mit seinem StandUp magere 5000 Zuschauer auf der eigenen TVTotal Webseite. Der Vorteil des Fernsehens? Die Quote entsteht an einem Abend und nicht über die Woche verteilt.

Medienleute halten das Netz oft für eine verrückte Ansammlung von Idioten, Unfällen und Musikvideos. Mittlerweile ist es weit mehr. Wahrscheinlich werden in nicht einmal einem Jahr die bekannten Stars im Netz Abrufe in Millionenhöhe pro Woche generieren. Darüber wird dann niemand bei Sat.1 entscheiden müssen.

Ihr

Rob Vegas

Mehr Informationen zu Rob Vegas finden Sie auf seiner Webseite .


06.06.2010 14:45 Uhr  •  Rob Vegas Kurz-URL: qmde.de/42431