Eine Bollywoodproduktion der etwas anderen Art und zwei unscheinbare Filme mit großen Vorbildern. Quotenmeter.de stellt die wichtigsten Kinoneustarts der Woche vor.
«My Name is Khan»
Bei Karan Johars («Bis dass das Glück uns scheidet») vierter Regiearbeit handelt es sich um eine recht untypische Bollywood-Produktion. Zwar bildete «My Name is Khan» eine Art Familientreffen: Die Hauptdarsteller Shahrukh Khan und Kajol Devgan waren in den 90ern das Dreamteam der Branche, spielten allerdings vor neun Jahren das letzte Mal Seite an Seite – im preisgekrönten Streifen «In guten wie in schweren Tagen», der ebenfalls unter der Regie Johars entstand. Doch statt an das alte Erfolgsrezept anzuknüpfen, entschied man sich für eine Richtung. So gibt es keine einzige Tanz- oder Gesangsszene und Schauplatz der Geschichte sind die Vereinigten Staaten. Dorthin verschlägt es den unter dem Asperger-Syndrom leidenden Rizwan Khan nach dem Tod seiner Mutter. Er zieht zu seinem Bruder nach San Francisco und lernt kurz darauf die alleinerziehende Mandira sowie ihren Sohn Sameer kennen. Die junge Liebe mündet in einer Heirat und glücklichen Jahren innerhalb des beschaulichen amerikanischen Vororts Banville. Doch die Anschläge des 11. September 2001 erschüttern das gesamte Land und alsbald wird den ausländischen Nachbarn die neue Feindlichkeit zuteil. Nachdem eine Tragödie das Paar auseinander treibt, reist Rizwan von Staat zu Staat, um eines klar zu stellen: Sein Name ist Khan und er ist kein Terorist.
Die bewegende Story fand offensichtlich Anklang beim Publikum – zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist «My Name is Khan» der finanziell erfolgreichste Film Bollywoods aller Zeiten. Die Produktion wurde von nicht wenigen ungünstigen Zwischenfällen begleitet. Zum einen mussten noch vor Drehstart mehrere Darsteller ausgewechselt werden, zum anderen sorgte Shahrukh Khans Festnahme an einem US-Airport für Aufsehen. Während der Mine von zwei Stunden rechtswidriger Befragung redet, wird in der offiziellen Stellungnahme seitens Beamten die Zeitspanne von etwa 60 Minuten genannt. Letztlich wurde Khan sogar vom beschwichtigten Gouverneur Arnold Schwarzenegger zum Dinner geladen. Präsident Obama hatte mit dieser Angelegenheit zwar nichts am Hut, ist aber in «My Name is Khan» zu sehen – porträtiert von Christopher B. Duncan («Veronica Mars»), der das Staatsoberhaupt auch von Zeit zu Zeit in der «Tonight Show with Jay Leno» verkörpert.
OT: «My Name is Khan» von Karan Johar; mit Shahrukh Khan, Kajol Devgan, Jimmy Shergill, Tanay Chheda und Zarina Wahab.
«Mammut»
Nach «Babel» hat Darsteller Gael García Bernal die Hauptrolle in einem genreverwandten Film ergattert. Auch «Mammut» richtet das Scheinwerferlicht auf die dramatischen Ereignisse miteinander verbundener Charaktere innerhalb unterschiedlicher Kontinente. Bernal verkörpert Leo Vidales, einen gewinnbringenden Webdesigner, der zu einer Geschäftsreise nach Thailand aufbricht. Während seine Ehefrau Ellen ihren Dienst in der New Yorker Notaufnahme hinter sich bringt, wird die gemeinsame Tochter Jackie dem Kindermädchen Gloria überlassen. Leo macht Bekanntschaft mit einer Prostituierten, ein junger Patient verlangt Ellen eine Menge Geschick ab und Glorias Sohn Salvador fasst auf den Phillippinen den Entschluss, selbst Geld zu verdienen, um die Rückkehr seiner Mutter zu bewerkstelligen.
Platz auf dem Stuhl der Regie nahm der Schwede Lukas Moodysson, der mit früheren Werken wie «Zusammen!» (2000) oder «A Hole in My Heart» (2004) auf seine sehr eigene Weise zu überzeugen wusste. Auch «Mammut» wurde die für Moodysson typische düstere Atmosphäre bescheinigt – hierzulande ist der Film immerhin mehr als ein Jahr nach den Veröffentlichungen in Schweden und den Vereinigten Staaten zu sehen. Als Bernals Filmgattin ist Michelle Williams zu sehen, bekannt aus dem Teendrama «Dawson's Creek» sowie als ehemalige Verlobte des verstorbenen Heath Ledgers.
OT: «Mammoth» von Lukas Moodysson; mit Gael García Bernal, Michelle Williams, Marife Necesito, Sophie Nyweide und Thomas McCarthy.
«Marcello Marcello»
Mit «Azurro» (2000) hatte der Italo-Schweizer Denis Rabaglia sowohl die Reihen der Kritiker, als auch Zuschauer auf seiner Seite. Die komödiantische Romanze «Marcello Marcello», die im Italien des Jahres 1956 spielt, wird jedoch bislang stets als gescheiterte Wiederholung bekannter Schablonen bezeichnet. Kein Wunder, erinnert die Story doch vehement an Michael Radfords «Der Postmann» (1994), der ebenfalls im selben Jahrzehnt auf einer malerischen italienischen Insel spielt und sich um die Bemühungen eines unsterblich verliebten Mannes dreht, seine Traumfrau für sich zu gewinnen. Marcello, Rabaglias Titelfigur, geht es ähnlich. Noch vor Kurzem wurde er nicht müde, seinen Unmut über den stupiden Brauch der Inselväter Amatrellos zu bekunden. Diesem zufolge muss zum 18. Geburtstag der jeweiligen Geliebten ein Geschenk präsentiert werden – und zwar deren Erzeuger, der daraufhin entscheidet, wer die Glückliche ausführen darf. Bis Marcello Elena, die Tochter des Bürgermeisters, erblickt, hält er wenig von der Tradition. Um das Herz der allerorts umgarnten Dame für sich zu gewinnen, gedenkt Marcello ihrem Vater den verhassten Hahn des Metzgers zu schenken. Doch dieser verlangt eine Gegenleistung, die weitere Gefälligkeiten fordet. Nach wenigen Tagen steht Marcello in Schuld des gesamten Dorfes.
Eine zweite Gemeinsamkeit: Wie auch «Der Postmann» liegt «Marcello Marcello» einer Buchvorlage zu Grunde. Rabaglia und Luca de Benedittis verfassten das Drehbuch nach der Lektüre des 2003 erschienenen Romans 'Marcello und der Lauf der Liebe', welcher vom britischen Autor Mark David Hadwood stammt. Ob der Film den Charme des großen Vorbilds erreicht, kann man ob der überwiegend durchwachsenen Kritiken ausschließen. Überzeugen dürfen sich deutsche Kinogänger ab dem morgigen Donnerstag.
OT: «Marcello Marcello» von Denis Rabaglia; mit Francesco Mistichelli, Elena Cucci, Mariano Rigillo, Alfio Alessi und Luca Sepe.