24 Stunden lang - Quotenmeter.de-Redakteure zappen durch das TV-Programm. Diesmal die nächtlichen Stunden 2 bis 3 Uhr.
Gerüchteweise soll die Nacht ja die Zeit sein, in der ein Großteil der Menschen schläft. Die Einschaltquoten der Fernsehsender sind zu keiner Zeit des Tages so niedrig wie in der Nacht, weshalb man sagt, in der Nacht könne man im Fernsehen nur quizzen, shoppen und wichsen. Dass dies nicht immer der Fall sein muss, zeigt jedoch schon die erste Station meiner kleinen Nachtodyssee durch die Untiefen der Fernsehunterhaltung, die ARD. Dort lässt man nämlich zu solch unchristlicher Zeit gerne einmal unbekannte und somit wenig quotenträchtige Formate laufen, wie an diesem Tag den 1993 vom spanischen Starregisseur Pedro Almodóvar gedrehten Film
«Kika». Die mir präsentierte Szene lässt jedoch nicht wirklich auf ein derartiges Meisterwerk schließen, denn ich sehe nur einen eifrigen Geschlechtsakt zweier Menschen, bis die Protagonistin plötzlich ein unheimliches Wackeln der Zimmerlampe bemerkt und traumatisiert den Verkehr unterbricht, sehr zum Leidwesen ihres männlichen Pendants. Wenig später sehe ich eine heißblütige, ebenfalls entkleidete Spanierin singen und entscheide mich ob der eigenen Konfussion, erstmals meine Fernbedienung zu betätigen.
Nur eine Station weiter sehe ich eine nächtliche Wiederholung der Krimiserie
«SOKO Wismar», in der Goldschmiedin Heike Siems bei einer Verkehrskontrolle in Panik aus ihrem Wagen flieht und dabei von einem Transporter überfahren wird. Nach einem Schnitt sieht man jedoch nur einen Mann, der von einem maskierten Einbrecher angehalten wird, schnellstens dessen Rucksack mit Schmuck zu befüllen. Da ich so viel Spannung zur späten Stunde schier unerträglich für mein schwaches Gemüt finde, schalte ich weiter und konsultiere Sat.1, auf der Suche nach seichter Scripted Reality-Kost. Stattdessen wird mir aber der amerikanische Hochglanzfantasyfilm
«Die Chroniken von Narnia: Der König von Narnia» geboten, bei dem ich eine Gruppe von Kindern mit sprechenden Bibern in den Wald gehen sehe. Nachdem wenig später auch noch sprechende Wölfe einen wehrlosen Fuchs zu einer bösen Eiskönigin mit einem Zwerg als Anhängsel tragen, frage ich mich, wie viel Alkohol die Macher des Films wohl bei der Entwicklung schon im Blut hatten. Da mich auch dieses Programm zu verstören scheint, hoffe ich auf RTL endlich belanglose Kost für das Prollvolk geboten zu bekommen.
Doch wie es so ist im Leben, wird man immer dann enttäuscht, wenn man etwas gerade am nötigsten hat. Zugegebenermaßen ist die Szene aus
«CSI: Miami», in der Horatio Caine gerade ein Multifunktionslaptop erklärt wird, bevor das Gebäude mit lautem Knall in die Luft fliegt, wohl nicht unbedingt dem Literarischen Quartett entsprungen, aber über das spannende Familienleben einer zwanzigköpfigen Familie aus Berlin-Neukölln erfahre ich leider auch hier keine intimen Details. Sollte mich das Fernsehen enttäuschen? Aber nicht doch, auf ProSieben läuft ja immerhin noch eine uralte Wiederholung von
«talk talk talk». Dort erkundigt sich Britt Hagedorn zunächst über die Bettqualitäten eines rüstigen Herrn, der bereitwillig das Kribbeln seines Bartes als spezifischen Vorteil seinerseits gegenüber anderen notgeilen alten Männern hervorhebt, bevor Vera Int-Veen durch einen Lügendetektortest knallhart enthüllt, dass Erwin seine Freundin mehr als einmal betrogen hat. Noch voller Freude darüber, dass das Fernsehen wieder einmal einem Paar helfen konnte, den hauseigenen Streit im Fernsehen auszutragen, schalte ich rüber zu VOX, wo mir eine weitaus weniger einprägsame Szene aus
«Crossing Jordan» gezeigt wird.
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Endlich wieder mitraten kann ich im
«kabel eins nightquiz», bei dem man in gewohnter Kreuzworträtselmanier fünf Tiere einer Buchstabensuppe entnehmen soll. Obgleich der Moderator das Spiel unheimlich komplex findet, habe ich schon nach einer Minute mit den Begriffen "Aal", "Maus", "Fisch", "Biene" und "Katze" das Rätsel gelöst und kann mich mit gutem Gefühl zum nächsten Sender begeben, obgleich ich grübel, ob "Fisch" auch wirklich den strengen und sich durchaus schnell ändernden Regeln entspricht. Auf RTL II läuft irgendeines der tausend
«Stargate»-Formate, bei der gerade eine wohl sehr bedeutende Konversation zwischen zwei scheinbar normalen Männern, die jedoch kräftig einen an der Marmel haben, geführt wird. Einer der beiden erzählt, dass die Menschen im Weltall aufgehalten werden und fordert seinen Gesprächspartner auf, sich um das Schicksal der Galaxis zu kümmern und den Lords und Earls entgegenzutreten. Da ich allmählich an meinem eigenen Verstand zu zweifeln beginne, greife ich schnell zum Rettungsanker namens Fernbedienung und schalte um.
Endlich darf ich nun auch shoppen, denn Channel21 hat wirklich höchstexklusive Ware im Sortiment: Ein Mini Netbook der Qualitätsmarke "Jay-Tech" für einen Traumpreis von nur 149,61 Euro. Da mir leider die 61 Cent fehlen und der angeblich "tolle Zweitcomputer" bereits mehrfach in investigativen Magazinen als ziemlicher Billigramsch verrissen wurde, schalte ich lieber zu den Teleshoppingexperten von Eurosport, wo mir eine ebenso nutzlose wie teure Hautcreme für 59,99 Euro angeboten wird. Ich verzichte abermals und möchte mich stattdessen im Ersten über das Tagesgeschehen informieren. Aufgrund kurzfristiger Programmumstellungen läuft jedoch statt der
«Tagesschau» weiterhin oben genannter Spielfilm, sodass ich den Musiksender MTV einschalte. Tatsächlich läuft dort sogar Musik, wenngleich Taio Cruz und Ludacris mit ihrem Hit "Break your heart" auch nicht gerade Musikgeschichte schreiben, sondern eher ihren Testosteronhaushalt anzuregen scheinen.
Auf Astro-TV sieht Astrologin Rosemarie Blickhäuser seelische Defizite bei einer anonymen Anruferin, die laut der fachkundigen Meinung ihrer Tarot-Karten zu einem verstärkten Rückzug führen. Zudem erfahre ich, dass Frau Blickhäuser einen sehr dominanten Mann dort liegen hat, wobei dies doch eher ihrem eigenen Wunschdenken entspringt. Auf Super RTL wird mir ein vierteiliges Hansi Hinterseer-CD-Set mit seinen größten Hits angeboten. Da diese "Hits" jedoch eher einem schmalzigen Verbalabfall gleichen und meine Nachbarn mir gerade gütigerweise ein paar Stunden Erholung von der Michael Wendler-Dauerbeschallung gönnen, konsultiere ich doch lieber einen anderen Sender, nämlich Sport1. Dort räkeln sich immer noch nackte Frauen vor Fußballtoren und Tennisnetzen, sodass ich lieber wieder ProSieben aufsuche.
Dort hat inzwischen Sonya Kraus den Kollegen der
«Night-Loft» Platz gemacht, bei denen ein weiteres Kreuzworträtsel geknackt werden muss. Diesmal geht es jedoch um fünf deutsche Städte, deren richtiger Beantwortung zu "einer Wanne voller Geld führen". Das Laufband aber, auf dem sich die Geldscheine ihren Weg zur Wanne bahnen, leidet wohl ausgerechnet an diesem Tag unter technischen Fehlern, weshalb es in atemberaubender Geschwindigkeit Geldscheine in die Wanne befördert. Über 3.000 Euro befinden sich zu dieser Zeit wohl schon in der Wanne, die allmählich überzuquirlen droht. Da ich schon lange diese psychologischen Kinderspielchen durchschaut habe, lasse ich mich nun wieder von kabel eins veräppeln, wo inzwischen "Tiere mit F am Ende ohne A" gesucht werden. Der bedröppelt dreinblickende Moderator kann mir auch keine Begeisterung für dieses Spielchen entlocken, stattdessen switche ich nochmal rüber zum ZDF. Dort läuft mittlerweile
«Abenteuer Wissen» in einer Wiederholung, aber so wirklich mitreißend finde ich zu dieser Zeit auch eine Dokumentation über Kleopatra VII. nicht mehr.
Auf 3sat läuft indes ein Zapfenstreich, man sieht eine Parade über die Bühne ziehen, gefolgt von weiblichen Stepperinnen, die von seltsamer Musik vom Dudelsack begleitet werden. Ich merke abermals, dass derartige Veranstaltungen geradewegs an meinem Interesse vorbeigehen und möchte nun enlich Nachrichten sehen. Die bekomme ich aber nach wie vor weder in der ARD, noch auf den Nachrichtensendern geboten, die mir stattdessen wieder einmal wenig interessante Dokumentationen bieten. Dann schaue ich eben nochmal dem engagierten Quizpaar auf ProSieben zu, bei dem inzwischen nicht nur der Gewinn auf 17.000 Euro angestiegen ist, sondern sich die Geldwanne zum Geldboden entwickelt hat. Um Aufmerksamkeit ringend versucht unser Moderationspäärchen durch übertriebenen Einsatz von Superlativen den Zuschauern eine unglaublich hohe Gewinnchance zu suggerieren, während immer mehr Geldscheine auf den Boden fallen. Ich schalte nochmal zu Sat.1, wo die Kinder inzwischen Narnia verlassen zu haben scheinen und vor einem Kleiderschrank hocken.
Endlich bekomme ich im Ersten meine Nachrichten, wenngleich ich nur nochmal erfahre, dass Christian Wulff im dritten Wahlgang von der Bundesversammlung zum Präsidenten für fünf Jahre gewählt wurde - es sei denn, er verliert wie sein Vorgänger irgendwann die Lust, denke ich mir. Nachdem der Wetterbericht einen weiteren Tag mit Temperaturen jenseits der 30°C prognostiziert, verliere ich endgültig die Lust daran, weiteren televisionären Trash anzuschauen. Da trifft es sich gut, dass just in diesem Moment die Uhr auf drei Uhr umspringt und ich endlich den verdienten Gang ins Schlafgemach antreten darf. Völlig entkräftet schalte ich das Fernsehgerät mit der Erkenntnis aus, dass man nachts bedenkenlos die Glotze auslassen darf.