Die Kritiker: «Mankells Wallander: Eifersucht»

Story
Der Pfarrer einer evangelischen Freikirche, Henrik Nordström, im schwedischen Idyll Ystad wird nach einem heimlichen Rendezvous niedergeschossen. Das schwer verletzte Opfer liegt vernehmungsunfähig im Koma. Als die Ärzte seinen Hirntod feststellen, hat es Frau Åsa, Mitglied einer radikalen Sekte, sehr eilig, die Abschaltung der lebenserhaltenden medizinischen Instrumente zu verfügen, um ihren Mann „heim zu Gott" zu schicken. Kommissar Wallander vermutet, dass Åsa sich für den Seitensprung ihres Mannes rächen wollte, als er herausfindet, dass sie davon gewusst hatte. Geschah der Mord also aus Eifersucht? Der Pfarrer hatte eine heimliche Affäre mit der Frau seines Geschäftspartners Peter Unell, der als zweiter Verdächtiger in den Fokus der Ermittlungen rückt. Unell ist der Geschäftsführer einer zwielichtigen Hilfsorganisation und hatte ebenfalls Kenntnis darüber, dass seine Frau Lotta die heimliche Geliebte des Pfarrers war. Als die Polizei bei ihm sogar die Mordwaffe findet, ist der Fall offenbar abgeschlossen. Doch Kurt Wallander hat seine Zweifel, während die Staatsanwältin Katarina Ahlsell bereits das Verfahren gegen Unell eröffnet. Für Kommissar Wallander, der selbst von Eifersuchtsgefühlen geplagt wird, weil Katarina plötzlich großes Interesse an dem jungen Kollegen Pontus zeigt, passt das alles fast zu gut zusammen. Zwar ist ihm Unell, der mit dem Verkauf ausgedienter medizinischer Geräte in die Dritte Welt profitable Geschäfte macht, alles andere als sympathisch, doch ahnt er auch, dass Unell in Wahrheit das Opfer einer teuflischen Intrige wurde.

Darsteller
Krister Henriksson («Dr. Glas») ist Kurt Wallander
Lena Endre («Vergebung») ist Katarina Ahlsell
Stina Ekblad («Det enda Rationella») ist Karin Linder
Mats Bergman («Labyrint») ist Nyberg
Douglas Johansson ist Martinsson
Nina Zanjani («Farsan») ist Isabell
Sverrir Gudnason («Original») ist Pontus
Fredrik Gunnarson («Kommissar Wallander») ist Svartman
Marianne Mörck («Hot Dog») ist Ebba
Tobias Aspelin («Kommissarie Winter») ist Peter Unell
Lena Carlsson («Hotel Kantarell») ist Lotta Unell
Figge Norling («Isprinsessan») ist Henrik Nordström
Livia Millhagen («Oskar, Oskar») ist Åsa Nordström

Kritik
Mit dieser Geschichte um Eifersucht und ausbeuterische Geschäfte mit der Dritten Welt setzt das Erste seine Reihe nach den Geschichten des schwedischen Bestseller-Autors Henning Mankell fort. In dem 85-minütigen Krimi stößt die von Krister Henriksson gespielte Hauptfigur Kurt Wallander auch an ihre emotionalen Grenzen. Diesen Ausflug in die Gefühlswelten des cleveren, schwedischen Kommissars hätte man getrost unterlassen können, denn auch der sonst brillant aufspielende Henriksson stößt dabei an seine Grenzen. Den abgebrühten und spitzfindigen Kommissar mimt er nach wie vor überzeugend, doch sobald er mit Attributen wie Einfühlsamkeit oder versteckte Eifersucht in Berührung kommt, mag man ihm den Schneid nicht abkaufen. Ohnehin hat «Mankells Wallander: Eifersucht» einige weitere Schwachstellen, die sich schon zu Beginn offenbaren.

Mit dem Roman von Hennig Mankell hatte man für das Drehbuch von Pernilla Oljelund eine gute Vorlage. Dennoch lässt auch das Drehbuch sowie dessen Umsetzung durch Regisseur Henrik Georgsson einige Lücken, die nicht vollständig geschlossen werden konnten. Die Kulisse der malerischen Landschaft am südschwedischen Drehort kann das nicht wett machen, ist von ihr doch sowieso nicht allzu viel zu sehen. Vielmehr stürzten sich Drehbuchautor und Regisseur direkt auf die Beziehungsgeflechte ihrer Figuren in dem Krimi-Streifen, vergaßen aber eine aufschlussreiche Schilderung der unterschiedlichsten Konstellationen für den Zuschauer. So muss man schon haarscharf kombinieren wie ein Kurt Wallander, um zu Beginn des Films vollständig durchzublicken. Zwar ist die Anfangssequenz mit dem Anschlag auf den Pfarrer Nordström noch wunderbar inszeniert worden, doch als dann die Ermittlungen von Wallanders Team einsetzen, kommt es im Mittelteil der schwedischen Produktion leider zu sehr viel Leerlauf.

So wird die Zeit mit Nebengeschichten wie dem entlaufenen Hund von Kurt Wallander oder der verdeckten Eifersucht des Kommissars auf Staatsanwältin Ahlsell und den jungen Kollegen Pontus, die zusammen juristisches Wissen büffeln, gefüllt. Solchen Sequenzen können zwar in manchen Fällen die Spannung in einem Kriminalfall zusätzlich steigern, doch bremsen die Nebenschauplätze eher den Handlungsverlauf in «Mankells Wallander: Eifersucht». Denn auch der Spannungsbogen ist nicht weit gespannt worden. Da spielt es auch keine Rolle, dass die Schauspieler ihre Aufgabe dennoch ordentlich bewältigen. Die Schwächen bei «Mankells Wallander: Eifersucht» liegen im nicht ganz durchdachten Drehbuch, aber auch bei der Umsetzung der dortigen Handlungsabläufe, die nicht immer - wie wahrscheinlich gewollt - den Zuschauer in ihren Bann ziehen. Eine Brise Humor hat man ebenfalls versucht in dem Krimi zu verstecken, doch hat man hierfür wohl ein zu gutes Versteck gefunden, so dass der Versuch der Auflockerung des Krimis scheitert. Dies ist aber halb so schlimm.

Erst als die ausbeuterischen Machenschaften des Geschäftsmanns Unell aufgedeckt werden, erhält der Wallander-Krimi die ihm eigene Note zurück. Ab diesem Zeitpunkt wird es auch wieder spannender, die Dialoge interessanter und der Fokus wird auf den Kriminalfall gelegt, der für Kurt Wallander nicht untypisch jetzt größere Dimensionen angenommen hat. All dies sind dann auch die Zutaten, die zu einem guten Wallander-Film gehören. Die Gespräche der Figuren untereinander sind im letzten Teil des Films erfrischender und bieten innerhalb der Story wieder einen Mehrwert, der zuvor nicht gegeben war. In den verschiednen Szenarien kommt dann auch Action ins Spiel, als Wallander die Lösung des Rätsels zu einfach erscheint und er nach dem wahren Mörder Nordströms sucht. Die guten Kameraeinstellungen in diesem Filmabschnitt sind Anders Bohman zu verdanken, der mit interessanten, dramaturgischen Perspektiven den Nervenkitzel fördert. Dagegen ist die Musik von Fläskkvartetten wenig förderlich, da sie an vielen Stellen des nordischen Krimis nicht gerade zu den gezeigten Bildern passt.

Am Ende bleibt ein kniffliger Fall für Kurt Wallander, der ebenfalls auf eine emotionale Schiene auffährt, die ihn allerdings auf ein Abstellgleis führt. Da sich der schwedische Kommissar auch noch mit Privatangelegenheiten aufhält, kommt der Krimi erst zum Ende in Fahrt und lässt Spannung verspüren sowie Action-Szenen aufkommen. Die clevere Lösung des Falls verspricht einen Aha-Effekt, der die zuvor offenbarten Schwächen des schwedischen Films teils wett macht.

Das Erste zeigt «Mankells Wallander: Eifersucht» am Sonntag, den 4. Juli 2010 um 21.45 Uhr.
03.07.2010 10:26 Uhr  •  Jürgen Kirsch Kurz-URL: qmde.de/43011