Wenn ich so durch das aktuelle Kinderprogramm zappe, überkommt mich regelmäßig Wehmut. Ist es nur mein subjektiver Eindruck verbunden mit TV-Nostalgie, oder wurde mir als Kind der 80er damals tatsächlich ein deutlich besseres Programm geboten als den Kids von heute? Meine ersten TV-Erfahrungen sammelte ich auf dem damaligen Tele 5. Die liebenswürdigen Stoffpuppen Bino und Lucy führten täglich mehrere Stunden durch das bunte Cartoonprogramm «Bim Bam Bino». In kurzen Clips brachten sie die Kinder zum Lachen, gaben ihnen Bastel- und Kochtipps, und kündigten die Zeichentrickserien an. Im Laufe der Zeit gab es auch immer wieder zahlreiche längere Spezialsendungen wie «Bino & Friends» mit einer fortlaufenden Handlung. Im Rahmen von «Bim Bam Bino» liefen viele verschiedene Cartoons, die Kultstatus erlangten, wie z.B. «Die Schlümpfe», «Saber Rider», «He-Man», «Die Raccoons», «Um die Welt mit Willy Fog» und «Cool McCool».
Zur gleichen Zeit lief immer Sonntags auf RTL der «Li-La-Launebär» mit seinem Schöpfer Metty Krings. Der sympathische Bär lebte mit seinem menschlichen Freund auf einem Dachboden und erlebte dort Woche für Woche unterhaltsame Abenteuer. Im Rahmen der Sendung wurde den Kindern in Einspielern Wissen vermittelt - und zwar auf unterhaltsame Art und Weise, ohne dass der Geruch von pädagogischem Schulfernsehen aufkam. Außerdem wurden Gäste eingeladen, die ihre Berufe vorstellten und Zeichentrickserien wie «David, der Kabauter» gezeigt. Oftmals wurde am Ende der Sendung auch noch gemeinsam musiziert. Metty Krings war einer der beliebtesten Kindermoderatoren, weil er es verstand, mit ihnen auf kindliche - aber eben nicht kindische - Weise zu reden. Eine Gabe, die man heutzutage leider bei einigen Moderatoren des Ki.Ka vermisst.
Zwischen 1995 und 1998 gab es eine weitere wichtige Adresse für Kinder: Nickelodeon. Als erster deutscher Sender für Kinder (der Ki.Ka ging erst 1997 auf Sendung) bot er ein abwechslungsreiches Programm aus Realserien wie «Clarissa», «Grusel, Grauen, Gänsehaut» und «Pete & Pete», und den sogenannten "Nicktoons" wie «Hey Arnold!», «Rockos modernes Leben» und «Rugrats». Darüber hinaus führten talentierte Moderatoren wie Ralf Kühler und Kerstin Kramer durch interaktive Sendungen wie den «Nick Live Club» oder «Auf Draht», bei denen die Kinder anrufen und ihre Meinung abgeben konnten.
In den 90ern hatten außerdem noch fast alle Privatsender werktags oder am Wochenende eine Kinder-TV-Schiene im Programm, wo so wunderbare Serien wie «Familie Feuerstein», «Tiny Toon Abenteuer» und «Pinky und Brain» gezeigt wurden. Diese, wie auch viele andere Cartoons des ehemaligen Tele 5 und Nickelodeon, sind mittlerweile gänzlich aus dem Free-TV-Programm verschwunden und können teilweise nur noch auf kostenpflichtigen Abo-Sendern wie Boomerang gesehen werden. Einige Serien sind sogar seit der Ausstrahlung in den 90er Jahren völlig in den Archiven verschwunden. Den Kindern entgehen somit einige qualitativ hochwertige und zeitlos gute Sendungen.
Das heutige TV-Angebot für Kinder besteht im Wesentlichen neben einigen Pay-TV-Sendern aus dem Ki.Ka, Super RTL und dem neuen Nickelodeon, das mit dem alten Sender nur noch den Namen gemein hat. Abgesehen von ein paar Highlights wie «Wissen macht Ah!» oder «Willi wills wissen» handelt es handelt sich dabei überwiegend um relativ ideen- und lieblose Abspielstationen von Cartoons und ein paar Realserien. Von der Kreativität, der Interaktivität, dem Spaß, und dem Charme des Kinderprogramms der 90er ist leider nicht mehr viel zu spüren. Die Argumentation, dass das Kinderfernsehen in seiner damaligen Form bei den Kids von heute nicht mehr ankommen würde, ist meiner Ansicht nach nur eine faule Ausrede und eine ziemlich bemühte Entschuldigung für mangelndes Engagement. Viele inzwischen erwachsene Fans würden sich jedenfalls wahnsinnig über eine Best-Of-DVD-Box von «Bim Bam Bino» und dem «Li-La-Launebär» freuen, um ihre Kindheitserinnerungen auffrischen zu können.