WM 2010: Die Tops und Flops

Am Sonntag endete die Fußball-Weltmeisterschaft. Mit dem Abstand von einigen Stunden haben Manuel Nunez Sanchez und Manuel Weis die medialen Tops und Flops des 19. World Cups zusammengetragen.

Unsere Top 5

Der Vuvuzela-Filter:
Klingt wie ein Bienenschwarm. Schon beim Confed-Cup 2009, dem Vorbereitungsturnier auf die WM im jeweiligen Gastgeberland, ließ sich erahnen, dass der World Cup im Jahr 2010 anders klingen würde als von den deutschen Zuschauern gewohnt. Der Grund: Die Vuvuzelas, afrikanische Tröten, in die die einheimischen Fußballfans das gesamte Spiel über hineinblasen. So trötete den Fernsehzuschauern von Beginn an ein akustisches Grauen entgegen. Plazamedia und Sky reagierten am Schnellsten und entwickelten einen Vuvuzela-Filter, der nur die nervigen Tröten hinausfilterte, nicht aber die Fangesänger europäischer Fußballfans und auch nicht typische Spielgeräusche wie das Treten des Balles. Der Filter funktionierte wunderbar – und deutlich besser als der, den ARD und ZDF nur einige Stunden nach Bekanntwerden des Sky-Filters ankündigten.

Blumentopf-Raportage
1, 2, 3 – wir woll’n den Titel Nummer 4. 4, 3, 2,1, kommt schon, haut die Pille rein – der Refrain der diesjährigen „Blumentopf“-Raportagen im Ersten. Das Prinzip ist einfach erklärt: Als Videoclip aufgebaut kommentieren die Hip Hopper von „Blumentopf“ das Geschehen rund um die deutsche Nationalmannschaft. Nicht jeder konnte wohl etwas mit den knapp zweiminütigen Clips anfangen – sie waren wohl vor allem für die jüngeren Zuschauer ein echter Hingucker. Handwerklich und musikalisch gesehen waren sie aber top und gefielen vor allem, weil sie ein prima Kontrast zum ein oder anderen etwas steifen Auftritt des Ersten waren.

Marcel Reif
Mit etlichen Preisen ausgezeichnet , bewies der Sky-Chefkommentator auch in Südafrika, warum er noch immer als Deutschlands bester Fußballkommentator gilt. Neun Spiele begleitete er während der WM – davon alle Auftritte der Deutschen (außer das Spiel um Platz drei), die Partie Brasilien gegen Elfenbeinküste und das Eröffnungsspiel sowie das Finale. Zur Höchstform lief Reif vor allem bei Brasilien gegen Elfenbeinküste und im Finalspiel auf, als er angesichts des rüden Spiels merkbar erbost war. Kaum ein anderer schafft es ein taktisch geprägtes Spiel – wie beispielsweise das Halbfinale Deutschland gegen Spanien – verständlich und erträglich zu machen.

Hohenstein/Kahn
Für Katrin Müller-Hohenstein stellte die diesjährige Weltmeisterschaft den bisherigen Höhepunkt ihrer vierjährigen Tätigkeit beim ZDF dar. Gemeinsam mit der Torhüterlegende Oliver Kahn kommentierte sie die Topspiele im Abendprogramm und lieferte eine alles in allem sehr gute Leistung ab. Das Duo, dem im Vorfeld noch mangelnde Chemie untereinander vorgehalten wurde, kam mit der Zeit immer mehr aus sich heraus und war sogar des Öfteren zu Scherzen aufgelegt. Insbesondere Oliver Kahn analysierte das Spielgeschehen jedoch immer mit der nötigen Sachlichkeit, während Müller-Hohenstein ihren zu Turnierbeginn noch etwas steif daherkommenden Gesprächspartner einige Male aus der Reserve locken musste. Ein Vorteil Oliver Kahns war hingegen seine recht enge Verbindung zum deutschen Nationalteam, sodass er einige Hintergundinformationen dazu abgeben konnte und auch die im "Fanorakel" vom Fan-Experten Dennis Wiese vorgestellte Stimmung der deutschen Fans mit jüngeren Erfahrungen seinerseits vergleichen konnte. Für große Aufruhr sorgte letztendlich ein flapsiger Spruch von Müller-Hohenstein, die das Innenleben von Miroslav Klose nach seinem ersten Turniertor gegen Australien als "Inneren Reichsparteitag" bezeichnete. Dieser verbale Aussetzer blieb jedoch die Ausnahme und trübte daher die insgesamt sehr positive Bewertung der Nachfolger von Klopp, Kerner und Meier kaum.

Netzer/Delling
Eine kleine Ära ging bei dieser Weltmeisterschaft zu Ende, denn das polarisierende Expertenduo Gerhard Delling und Günter Netzer analysierte zum letzten Mal in dieser Besetzung Fußballspiele. Nach 13 Jahren muss das deutsche Fernsehen ohne die dauernden Fotzeleien zwischen dem ARD-Moderator und der Mönchengladbacher Fußballlegende auskommen, denn Letzterer kündigte bereits vor einiger Zeit seinen Rücktritt an. Wohl wissend, dass es seine letzten große Fernsehauftritte sein würden, präsentierte sich der sonst so nüchterne Analyst Netzer bei dieser Weltmeisterschaft des Öfteren erstaunlich unbeschwert, ja lachte sogar einige Male oder machte sich mit seinem Pendant über die erbärmliche Qualität mancher WM-Spiele lustig. Während im Laufe der letzten Jahre zum Teil durchaus der Eindruck entstehen konnte, dieses Duo habe sich totgelaufen, brachte es somit ausgerechnet in den letzten vier Wochen die von vielen Kritikern monierte authentische Lockerheit wieder zurück. Nach dem Spiel um den dritten Platz, Netzers letztem Einsatz als ARD-Experte, gab es dann auch Präsente sowie ein großes "DANKE" von Gerhard Delling. Diesem Dank kann man sich nur anschließen, denn Günter Netzer wird für die vergangenen 13 Jahre im TV-Geschäft den Menschen mindestens genauso sehr in Erinnerung bleiben wie für seine Tore, die er im deutschen Nationaldress schoss.

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Am Sonntag endete die Fußball-Weltmeisterschaft. Mit dem Abstand von einigen Stunden haben Manuel Nunez Sanchez und Manuel Weis die medialen Tops und Flops des 19. World Cups zusammengetragen.

Unsere Flop 5
Das Duo König/Klinsmann
Ein Co-Kommentator beim Fußball: Ein schwieriges Thema, gegen das sich viele führende Kommentatoren der BRD noch immer sträuben. Warum viele zweifeln, hat RTL während der WM gezeigt. Jürgen Klinsmann agierte hier als zweiter Mann während den 90 Minuten, fand sich in dieser Rolle aber nie ein. Für seine Auftritte als Experte bei der BBC hochgelobt, kam Klinsmann als RTL-Co-Kommentator nicht in Tritt. Anfangs wurde er viel zu selten eingesetzt und auch bei den letzten Spielen mit dem Duo König/Klinsmann wirkte das Zusammenspiel äußerst holprig. Das färbte dann wiederrum auf die gesamte Begleitung der Livepartie ab.

Lutz Pfannenstiel
Eine beeindruckende Karriere hat der in Niederbayern geborene Fußballtorwart zweifellos vorzuweisen, denn als bislang einziger Fußballer weltweit schaffe er es, in allen sechs Kontinentalverbänden einem Profiverein anzugehören. Gleichzeitig war er bei dieser Weltmeisterschaft jedoch auch der beste Beweis dafür, dass ein interessanter Sportler noch lange kein perfekter Fernsehexperte ist. In einigen Nachmittagsübertragungen der Vorrunde tauchte Pfannenstiel neben Moderator Rudi Cerne auf und versuchte sich als kritischer Beobachter und Analyst. Leider entpuppte er sich dabei als echte Fehlbesetzung, denn neben seinem bayrischen Akzent machte es vor allem seine extrem undeutliche Aussprache dem Zuschauer schwer, dem Gesagten zu folgen. Wesentlich besser hätte sich der Welttorhüter wohl als Sprecher von Entspannungsgeschichten gegeben, denn sogar die zahlreichen Grottenkicks dieser WM kamen nicht an die monotone und einschläfernde Wirkung heran, die Pfannenstiels Genuschel auslöste. Man mag ihm zugutehalten, dass seine Kommentare inhaltlich zumeist sinnvoll und partiell sogar aufgrund persönlicher Erfahrungen mit der Kultur verschiedener Länder interessant waren, jedoch war dieser Mann eine große Fehlbesetzung in der Unterhaltungsbranche. Zumindest in den wirklich wichtigen Spielen kam er dann glücklicherweise nicht mehr zum Einsatz, sodass sich der Schaden für das Publikum, das ZDF und auch für ihn persönlich in Grenzen hielt.

Sky-Werbung
Sehr große Anstrengungen verrichtete in diesem Jahr der Pay-TV-Sender Sky für die Fußball-Weltmeisterschaft. Nahezu pausenlos berichtete man von dem internationalen Großereignis und hatte neben fachkundigen Moderatoren und Kommentatoren auch im Gegensatz zu den Free-TV-Sendern ein breiteres Angebot an Fußballexperten, welche die Partien fachkundig analysierten. Ein weitaus kleineres Repertoire hatte der Bezahlsender offenbar in Sachen Werbespots zu bieten, sodass für den regelmäßigen Sky-Gucker die Werbespots im Laufe des Turniers immer mehr zu einem echten Ärgernis wurde. So wurde jede Werbeunterbrechung mit einem Spot über "Tillmanns Toasty" eingeleitet, in dem zunächst ein Herr völlig unbegründet einen plötzlichen Lachanfall bekommt, bevor im Hintergrund eine rauhe Männerstimme den Slogan "Don't call it Schnitzel" vorliest. Auch die Werbepartner "DWS Investments" sowie "Elitepartner" wuchsen dem Sky-Gucker richtig ans Herz und ließen ihn sogar manchmal zur Fernbedienung greifen, um den immergleichen Standardspots zu entkommen - zumal sich diese auch noch in beachtlicher Deutlichkeit von der Lautstärke der Spielübertragung abhoben. Natürlich wertet dies die ansonsten sehr gute Sky-Übertragung nur geringfügig ab, es hinterließ aber dennoch einen etwas faden Beigeschmack, dass ausgerechnet dieser Premiumsender das schlechteste Beispiel für schlecht platzierte Reklame darstellte.

Nachrichten
Deutschland im Fußballfieber – während den Auftritten der deutschen Nationalmannschaft verfolgten – die Public Viewings mitgezählt – vermutlich jeweils um die 40 Millionen Menschen die Auftritte der Mannschaft von Joachim Löw. Wichtig ist ihnen natürlich das Spiel – aber viele Menschen wollen auch davor, danach und in der Pause eine fundierte Einschätzung bekommen. Zumindest was die Pause angeht war dies bei der WM nur im Bezahlfernsehen möglich. Um die Quoten der Nachrichtensendungen «Tagesthemen» und «heute-journal» aufzupolieren – am Ende des Jahres liefert man sich immer einen Kampf bei dem am Besten nie ein Verlust gegenüber dem Vorjahr dasteht – sendete man die Informationssendungen, die sich dann überflüssigerweise meistens noch mit diversen Fanfesten beschäftigten.

Wolf-Dieter Poschmann
Es war sicherlich nicht die beste WM des Wolf-Dieter Poschmann. Zwar kommentierte er keine wichtigen Spiele, er war beispielsweise der Mann für einige Parallelspiele im ZDFinfokanal – aber dennoch wusste seine Leistung nicht zu überzeugen. Er klang lustlos, hatte wohl wenig Spaß an der Sache. Der Abstieg des Wolf-Dieter Poschmann ging auch 2010 weiter: Einst war „Poschi“ sogar Moderator von Live-Fußballspielen, analysierte an der Seite von „Kaiser“ Franz Beckenbauer. Poschmann musste dann aber seinen Posten als Sportchef beim ZDF abgeben und versank langsam aber sicher in der Versenkung. Am Montag, einen Tag nach dem Ende der WM, war er schon wieder in Mainz, machte den Sportblock in den 15.00 Uhr-Nachrichten des ZDF.
15.07.2010 10:20 Uhr  •  Manuel Nunez Sanchez und Manuel Weis Kurz-URL: qmde.de/43223