Einige Sender unterbrechen ihre Hitserien an den ungünstigsten Stellen. Schadet das den Quoten oder sind das alles nur Sommermärchen?
Statistisch gesehen melden sich die Deutschen in diesem Jahr so oft krank wie seit vielen Jahren nicht mehr. Aber auch immer mehr TV-Serien verweigern mittlerweile mitten in der Staffel den Dienst.
Ab kommenden Montag gibt es auf ProSieben wieder neue Folgen von Fringe zu sehen - der Sender holt die aktuelle Staffel aufgrund schlechter Quoten der Wiederholungen der ersten Staffel (oder wie ProSieben es stets nannte: "die spannendsten Fälle") schneller als gedacht wieder aus der Sommerpause zurück, um «Eureka» wieder ein gescheites Lead-In zu geben. Und wer am Montag einschaltet und sich angesichts Staffel-1-Flair inklusive dem kommentarlosen Wiederauftauchen verstorbener Charaktere fragt, ob ProSieben kurzfristig wieder einen Rückzieher vom kurzfristigen Rückzieher vollzogen hat: Das hat schon alles seine (Un)Ordnung. Die Folge "Besessen" lief auch in den USA an dieser Stelle der zweiten Staffel - gedreht worden war sie allerdings als Teil der ersten.
Die spannende Frage besonders bei den Programmstrategen von ProSieben lautet sicherlich: Kehrt «Fringe» am Montag zu den guten Quoten von zuletzt regelmäßig über 14 Prozent in der werberelevanten Zielgruppe zurück? Oder zumindest am Montag der darauffolgenden Woche, wenn wieder eine "echte" Staffel-2-Episode läuft und eine richtig gute noch dazu? Denn immer lauter werden die Stimmen, die sagen: Ständige Unterbrechungen inmitten der Staffeln schaden den Einschaltquoten massiv und sind der Grund dafür, dass derzeit so viele insbesondere serialisierte Formate schnell zugrunde gehen. Nicht nur hierzulande, sondern auch in den USA.
Vorbei sind die Zeiten als TV-Serien in den Staaten mit 26 Folgen, 30 Folgen oder noch mehr pro Jahr produziert wurden. 22 Episoden stellen heutzutage das übliche Maximum dar, mit dem rund 35 Wochen Programm außerhalb der Sommerpause gefüllt werden müssen. Und da auch die ständige Untermengung von Wiederholungen auf immer weniger Gegenliebe stieß, sind lange Winterpausen inmitten der Staffel mittlerweile ganz üblich in den USA. An denen scheiden sich aber auch die Geister. So soll «FlashForward» von seiner viermonatigen Winterpause zerstört worden sein und auch «V» sei beinahe an seinem frühen Winterschlaf nach nur vier Episoden eingegangen.
Tatsächlich verloren beide ABC-Serien nach der Rückkehr aus der Winterpause Marktanteile und beide schienen sich vor der Pause ein wenig gefangen zu haben. Oder war es einfach nur der Hype des Winterfinales, der die Quoten vor der Pause für einem Moment auf Niveau verharren und nicht weiter abstürzen ließ bevor das normale Dilemma im Frühjahr wieder seinen natürlichen Lauf nahm? Insgesamt kann man wohl sagen, dass es den beiden Serien nicht unbedingt gut getan hat, aber hauptverantwortlich an der Quotenmisere waren die langen Pausen wohl auch nicht.
Aber wie sieht das in Deutschland aus, wo Serien eben nicht an Stellen unterbrochen werden, die die Autoren dafür vorgesehen haben, sondern an ganz anderen? Ein aktuell populärer Fall ist «Eureka», das ProSieben im letzten Sommer mitten in der dritten Staffel abbrach, derzeit wieder sendet, aber kurz vor Ende der Staffel erneut für wohl lange Zeit unterbrechen wird. «CSI» wird von RTL schon seit längerem mal im Herbst, mal im Winter, mal im Sommer eingesetzt, so wie es der Programmplan gerade erfordert und ohne Rücksicht auf Staffelanfang oder -ende. Und natürlich darf auch das Paradebeispiel nicht fehlen: die erste Staffel von «Lost», in der angeblich der Grundstein für das spätere Scheitern der Serie gelegt worden war. Auf die deutschen Quoten schlug sich das alles so nieder:
«CSI» scheint die Chaosplanung jedenfalls nicht viel anhaben zu können. Es sieht eher so aus als ob die Serie vom Herbst profitiert und im Frühjahr Probleme bekommt - ganz unabhängig davon, welche Folgen gerade laufen. Und die aktuelle Staffel von «Eureka» knüpft quotenmäßig dort an, wo sie vor einem Jahr aufgehört hat, auch wenn sie am vergangenen Montag ein Staffeltief hinnehmen musste. Am Mythos «Lost» ist aber offensichtlich etwas dran, was als warnendes Beispiel in den Köpfen bleiben sollte, dass man Pausen auch an den definitiv falschen Stellen setzen kann: Gerade als die erste Staffel begann, Zuschauer anzuziehen, zog ProSieben den Stecker - offensichtlich in der Annahme, dieses Sommerhoch mit in den Herbst nehmen zu können. Nicht nur die tollen Quoten, sondern auch die trotz des Sommers hohen Reichweiten wurden nie wieder erreicht.
Damit untermauert «Lost» die im Raum stehende These: Serials, also Serien mit einer starken fortlaufenden Handlung, haben es nach Pausen besonders schwer. Insbesondere, wenn der Sender die Zuschauer mitten aus der Handlung reißt statt einen geeigneten Moment abzuwarten. Das könnte der entscheidende Punkt sein, weshalb sich «Fringe» relativ unbeeindruckt zeigen wird: An der gleichen Stelle, an der die Serie derzeit pausiert, ging sie in den USA in die Winterferien.
Oft steckt mehr hinter den Zahlen des TV-Geschäfts als man auf den ersten Blick sieht. Oder weniger. Statistisch gesehen nimmt sie unter die Lupe.