Die Kritiker: «X-Diaries - Love, Sun & Fun»

Inhalt:
Ibiza – Sonneninsel, Urlaubsparadies und Partymekka. Auf der Baleareninsel erlebt so mancher Urlauber unvergessliche Momente. «X-Diaries» begleitet eine Woche lang Deutsche bei ihrer spannenden Zeit auf Ibiza. Der Zuschauer lernt die Urlauber am Montag kennen und begleitet sie bis Freitag jeden Tag ein Stück bei ihrem Abenteuer. Wie die 16-Jährige, die glaubt, in einem Promoter ihre große Liebe gefunden zu haben oder zwei Luxus-Blondinen, deren Freundschaft auf eine harte Probe gestellt wird. Und die Partyinsel bringt bei so manchem auch ungeahnte Seiten zum Vorschein: So mutiert eine brave Hausfrau zu einem männermordenden Vamp und ein werdender Vater vergisst, dass er eigentlich in einer festen Beziehung ist. Jede Woche verfolgt «X-Diaries» vier aufregende Urlaubsgeschichten und erzählt jeden Tag ein bisschen mehr.

Kritik:
So mancher mag sich bereits die Frage gestellt haben, warum so wenige TV-Formate dort spielen, wo wir Deutschen doch angeblich am Liebsten sind: Am Gardasee, auf Mallorca, in Lloret, auf Ibiza… RTL II wird nun als «Big Brother»-Nachfolger die eigens so genannte Dokunovela «X- Diaries» auf Sendung schicken, die genau in diesen Urlaubsregionen produziert wird. Hinter dem Format stehen die Fernsehmacher von filmpool, die mit ihren Formaten «Verdachtsfälle» und «Familien im Brennpunkt» die Augen der Quotenanalysten von RTL zum Leuchten bringen. Das, was RTL II als Dokunovela anpreist, ist aber letztlich nichts anderes als eine Scripted Reality – mit dem Unterschied, dass pro Folge etwa drei unterschiedliche Geschichten erzählt werden und diese sich über eine ganze Woche erstrecken.

Jede Folge erzählt das Geschehen eines Sommertages und einer Partynacht. Vorneweg: Solche Sendungen sind nicht mit dem höchsten Budget ausgestattet und dafür ist das Format nicht so schlecht geworden, wie man vielleicht hätte denken können. Vor allem die Pilotfolge hat aber noch Mängel - Luft nach oben besteht deutlich. Durchaus ansehnlich sind die Bilder und auch die gewohnte Musik – die Macher entschieden sich für Clubrhythmen, die beim Zuschauer in der Tat Lust nach Urlaub und Party wecken. Untermalt wurden die Episoden übrigens von Cuttern, die selbst echte DJs sind. In Hubschrauberflügen wurden teils aufwendige Studien der schönen Ferienparadiese aufgenommen – ebenfalls ein Lob wert.

Doch zu einem TV-Format gehören nun mal auch die Protagonisten und die Geschichten – und genau da hapert es bei «X-Diaries». Der Abschuss ist sicherlich die Geschichte rund um Hausfrau Melanie, übergewichtig, die zum ersten Mal mit ihrer Familie im Urlaub ist. Schon am Flughafen entflieht sie ihrer Familie, um sich etwas zum Essen zu besorgen. Im Flugzeug wurde die füllige Frau schließlich nicht satt. In der Ferienanlage angekommen lacht sich die 39-Jährige dann einen Urlaubsflirt an und macht mit ihm die Nachtwelt unsicher. Dass diese Geschichte schon auf dem Papier äußerst unglaubwürdig erscheint, dürfte jedem einleuchten. Und so hatte es die Laiendarstellerin sicherlich auch nicht leicht, diese gut umzusetzen. Es gelang ihr deshalb auch nicht. Erstaunlich ist sowieso, dass sich eine Frau für eine solche Story als Darstellerin zur Verfügung stellt. War es die Intention der Autoren gewesen, diese Story eher im Bereich Comedy anzusiedeln, dann hätte genau das auch im Spiel umgesetzt werden müssen.

Die Geschichten rund um die beiden Partygirls Julia und Vicky, die die 16-jährige Cindy mitschleppen müssen, ist voller Klischees – zudem zieht sie sich wie Kaugummi. Vielleicht haben das auch die Macher gemerkt – relativ schnell versucht man hier den Zuschauer mit nackten Brüsten bei Laune zu halten. Eine Entwicklung der Charaktere ist im Übrigen bei beiden Geschichten während der ersten 50 Sendeminuten nicht festzustellen. Ein positiver Lichtblick ist die Story rund um einen Junggesellenabschied – hier stimmt nicht nur die schauspielerische Leistung, auch die Geschichte ist nicht abwegig.

Erst in der zweiten Hälfte folgt dann die beste Szene der ersten Folge: Eine gemütliche Runde am Strand. Man könnte fast sagen, dass das nachts am Strand gezeigte Flaschendreh-Spiel so auch in Wirklichkeit hätte ablaufen können. Dass der Zuschauer zudem ausnahmsweise nicht von der ersten Szene an weiß, worauf die Schreiber hinauswollten, ist eine angenehme Abwechslung. Allgemein: Die Szenen, die nachts entstanden, gelangen der Produktionsfirma deutlich besser – hier kommt zumindest ein wenig Partyatmosphäre herüber. Diese wirkt zudem – und das ist durchaus erstaunlich – nicht aufgesetzt. Flache Dialoge lassen sich aber auch hier nicht ganz ausschließen. Beispiel gefällig? „Ey, ich könnt‘ so kotzen, ey. An diesem Abend hätten wir locker jeder fünf Frauen wegflanken können.“

Zum Reinzappen eignet sich «X-Diaries» allemal – ernst nehmen sollte man das Format aber nicht. Es ist qualitativ sicherlich nicht höher einzuschätzen als die RTL Nachmittagsproduktionen, Freunde von Clubmusik werden darin einige aktuelle Charthits (Mixes von Lady Gaga, Klassiker und Mylo und genauso Neuestes von Ian Carey) vorfinden, die ihnen sicherlich gefallen werden. Das Traurige an «X-Diaries» ist aber etwas ganz Anderes: Es scheint als wäre in der Premierenwoche nicht das Potential voll ausgeschöpft wurden: Wirklich gute und neue Urlaubsgeschichten werden nämlich noch nicht erzählt. Manche Storys nerven im Piloten bereits nach zehn Minuten. Weil aber viele Folgen geordert wurden, kann dies bei den nun stattfindenden Dreharbeiten noch nachgebessert werden.

RTL II zeigt «X- Diaries – Love, Sun & Fun» ab Montag, 9. August 2010 immer werktags um 19.00 Uhr. Geplant sind zur Zeit 100 Folgen.
07.08.2010 09:32 Uhr  •  Manuel Weis Kurz-URL: qmde.de/43728