Die Kritiker: «SOKO Afghanistan»

Inhalt:
Ein Kriegsgebiet birgt den wohl innigsten Wunsch nach Frieden. Doch bis Afghanistan den Status von Sicherheit oder gar Demokratie erringt, muss noch ein weiter Weg zurück gelegt werden. Neben dem regulären Einsatz der Bundeswehr findet sich im Binnenstaat auch weiteres deutsches Engagement – in Gestalt von etwa einhundert Polizeibeamten, die gemeinsam mit den Kollegen vom Militär ein Camp der Stadt Mazar E-Sharif bewohnen. Abseits von offiziellen Statements aus Berlin und den Schlagzeilen der Zeitungen gibt ein Kamerateam unter der Leitung von Ralf Hoogestraat Einblick in den Alltag der Ordnungshüter. Unter anderem die Ausbildung der örtlichen Behörden, die sich mehr als langatmig erweißt, ist Teil der Mission. Die ohnehin durch Drogenschmuggel und andere Verbrechen erschwerte Situation, erhält durch den Gefechtstod von vier Soldaten im Kundus neuen Zündstoff.

Kritik:
Das Medienecho hallt. Mit der Thematik rund um den Bundeswehreinsatz in Afghanistan und den damit verbundenen Spannungen inner- und auch außerhalb Deutschlands hat sich Ralf Hoogestraat den Zeitgeist zum Gefährten gemacht. Angesichts neuer Entwicklungen mögen Fernsehen, Radio und Printwerkzeug eine Welle nach der anderen schlagen – einen Insiderblick hinter die Grenzen hat man dadurch nicht zwangsläufig gepachtet. Wenn auch Polizisten und nicht etwa Soldaten für die Dokumentation «SOKO Afghanistan» in den Mittelpunkt rücken, dürfte das Interesse beim Publikum geweckt sein. Weniger von Bedeutung oder, -aus Sicht des nach ernsthafter Unterhaltung suchenden Zuschauers-, ertragreich ist die Arbeit der Beamten jedenfalls nicht.

Mit etwa 30 Minuten gestaltet sich das Material auch äußerst kurzweilig und ansprechend. Das schlichte Problem der Dokumentation ist, dass man sich zu sehr auf das eigene Muster versteift hat. “Sieben Tage begleitet eine Kamera das sogenannte Mentorenteam der Deutschen und veranschaulicht den täglichen Kampf um sozialere Zustände“, so in etwa die Prämisse des Werkes. Dabei erhält man zum Beipiel Einsicht in kurze Gespräche und Planungen mit dem örtlichen Chef der Polizei, der laut Off-Stimme verdächtigt wird, am Drogenhandel der Umgebung teil zu haben. Wie die Polizisten, denen man folgt dazu stehen? “Sie halten sich raus“. Ähnlich tut es die Dokumentation selbst. Vieles wird angeschnitten, aber nicht näher beleuchtet. Die Zeit fehlt, der Plan sieht anders aus. So wirkt die von Gefahren überschattete Woche der Beamten umso lebendiger und ingesamt etwas aufschlussreicher für den Zuseher – nimmt dem Film aber letztlich auch die Daseinsberechtigung und den anvisierten Informationsgehalt. Weder wirklich sehens-, noch verschmähenswert muss das Fazit zwangsläufig lauten.

Umfangreichere Beachtung erhält glücklicherweise das Training mit den Beamten vor Ort sowie Kommentare der deutschen Polizisten zu den schrecklichen Ereignissen im Kundus. Weniger Aufmerksamkeit hätte dabei die fehlende Infrastruktur gegen Ende verdient, die unseren Helden mitten im Nirgendwo den letzten Nerv raubt. Man fühlt sich nahe an den Protagonisten der Sendung, könnte ähnliches aber auch beim Roadtrip einer der zahllosen Auswandererformate begutachten. Ebenfalls ein Manko ist das Voice-Over, das vor allem zu Beginn irritiert und den Eindruck erweckt, der Sprecher sähe den Text gerade zum ersten Mal. Mit den kompetenten Beamten hat man dahingegen gute Gesprächspartner gefunden, die ohne Stottern zur Aufklärung beitragen. Umso bedauernswerter, dass sich zu einer gehörten Aussage der Bundeskanzlerin über den Einsatz der Bundeswehr ausgeschwiegen wird. So bildet die Doku «SOKO Afghanistan» auch auf dieser Ebene eher ein Schlusslicht zur Angelegenheit. Zur recht späten Uhrzeit aber dennoch eine Alternative für den thematisch zugänglichen Zuschauer.

Das Erste zeigt «SOKO Afghanistan» am Mittwoch, den 11. August 2010 um 23:30 Uhr.
10.08.2010 11:18 Uhr  •  Marco Croner Kurz-URL: qmde.de/43795