Die Experten Sommerspezial: Dürfen die das?

Wie oft werden Serien illegal heruntergeladen? Was sind Pornos? Wie sieht der Jugendschutz aus?

Jede Woche erreichen uns unzählige Anfragen, die bereits in früheren Ausgaben beantwortet wurden. Daher befassen wir uns noch einmal mit den wichtigsten doppelten Fragen.

Maxi: Es ist ja bekannt, dass es illegal ist, Serien im Netz herunterzuladen. Gibt es eigentlich zuverlässliche Zahlen wie oft das trotzdem gemacht wird?

Christian Richter:
Die interessierte auch André. Es ist schwierig den exakten Schaden zu beziffern, da es kaum offizielle Untersuchungen und zu viele illegale Quellen gibt. Die deutsche Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen e.V. (GVU) gab jedoch an , dass die illegale Streamseite „kino.to“ im Februar 2009 777.029 Visits pro Tag gehabt hätte. Damit habe die Seite auf Platz 86 der am meist besuchten Internetseiten in Deutschland gelegen. Allein der Film «Hancock» sei im Juni 2008 mehr als 600.000 Mal über den Service angesehen worden.

In den USA wurde im September 2009 erstmals eine Studie veröffentlicht, die illegal heruntergeladene Serien via BitTorrent erfasste. Demnach wurde allein im ersten Halbjahr 2009 die Serie «Heroes» fast 55 Millionen Mal weltweit illegal heruntergeladen. Dahinter rangierte mit 51 Millionen illegalen Downloads «Lost». Es folgen «24» (34 Millionen), «Prison Break» (29 Millionen), «Dr. House» (26 Millionen), «Fringe», «Desperate Housewives» (je 21 Millionen), «Grey’s Anatomy», «Smallville» (je 20 Millionen) und «Gossip Girl» (19 Millionen).

Dies alles sind Nutzer, die kein Geld für Kinokarten oder DVDs ausgegeben haben bzw. bei der Ermittlung der Einschaltquoten nicht berücksichtigt wurden und somit nichts zur Refinanzierung der Produktionen beigetragen haben. Allerdings muss man fairerweise berücksichtigen, dass der Film- und Serienkonsum durch die kostenlose Verfügbarkeit insgesamt angestiegen ist. Nicht jeder, der sich einen Inhalt illegal herunterlädt, hätte für diesen ohne die Möglichkeit des Downloads auch tatsächlich eine Kinokarte oder DVD-Box bezahlt bzw. die Sendung im Fernsehen angeschaut.

Mark: Ich und meine Freunde fragen uns schon seit längerem, wann welche Filme gezeigt werden dürfen. Oft laufen Filme, die ab 16 Jahre sind schon um 20.15 Uhr. Das ist doch eigentlich nicht erlaubt, oder?

Christian Richter:
Eine ähnliche Frage stellten auch Lars und Oliver. In Deutschland gilt der Grundsatz, dass das Fernsehen die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen zu eigenverantwortlichen Persönlichkeiten nicht beeinträchtigen dürfen. Daher dürfen für junge Zuschauer ungeeignete Sendungen nicht im Tagesprogramm gezeigt werden. Als Maßstab gelten dabei die Altersfreigaben der Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK). Als Richtlinie hat sich dabei herausgebildet, dass ein Programm, dass ab 16 Jahren freigegeben wurde, nicht vor 22.00 Uhr ausgestrahlt werden darf. Sendungen mit einer Freigabe ab 18 Jahren dürfen sogar erst ab 23.00 Uhr gezeigt werden. Ist das Format unter 12 Jahren nicht freigegeben, so gibt es keine festen Sendezeitenregelungen. Jedoch müssen die Sender darauf achten, dass bei der Wahl der Sendezeit dem Wohl jüngerer Kinder Rechnung getragen wird. Sendungen und Filme, die von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien indiziert wurden, dürfen gar nicht gezeigt werden, ebenso wie Inhalte, die zum Rassenhass aufrufen, die Menschenwürde verletzen, den Krieg verherrlichen oder pornografisch sind. Verstößt ein Sender gegen diese Regelungen drohen Bußgelder oder sogar Strafanzeigen. Die Sender dürfen jedoch Sondergenehmigungen stellen und die Sendungen soweit entschärfen, dass diese eine niedrigere Freigabe erhalten. Dann werden in der Regel sexuelle oder gewalttätige Inhalte herausgeschnitten.

Ralf: In den Sexfilmen bei TV.Berlin geht es nachts ganz schön zur Sache. Ist das denn noch erlaubt? Ich dachte Pornos dürfen im Fernsehen nur verschlüsselt gezeigt werden

Christian Richter:
Um diese Frage zu beantworten, muss man zunächst erklären, was überhaupt Pornographie ist. Das ist aber ebenfalls schwierig, denn der Begriff „Pornographie“ ist gesetzlich nicht definiert. Es lag und liegt also an den Gerichten diesen näher auszulegen. Zur Einschätzung, ob ein pornographisches Werk vorliegt, hat der leitende Oberstaatsanwalt der Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart Klaus Walther vier Merkmale herausgearbeitet. Erfüllt ein Werk diese, ist es in der Regel als pornographisch einzustufen.

1. Die „Stimulierungstendenz“: D.h. die objektive Gesamttendenz des Filmes zielt ausschließlich auf die Erregung eines sexuellen Reizes beim Betrachter ab. Dieser sexuelle Reiz stellt also den Hauptinhalt dar. Dies liegt dann vor, wenn es keine relevante Handlung abseits der sexuellen Vorgänge gibt - insbesondere, wenn das Werk nur aus einer bloßen Aneinanderreihung von Szenen sexueller Betätigungen besteht. Eine solche Tendenz ist auch dann zu bejahen, wenn sogenannte Scheinwelten des sexuellen Genusses aufgebaut werden, wie bspw. die grenzenlose Potenz des Mannes oder die allzeitige Hingabebereitschaft der Frau.

2. Die sexuellen Handlungen müssen grob aufdringlich, übersteigert und in aufreißerischer Weise gezeigt werden. Hier ist also auf die konkrete Darstellung zu achten. Bloße Nacktaufnahmen reichen dafür nicht aus, selbst wenn die Geschlechtsmerkmale deutlich erkennbar sind. Wichtig ist, dass diese Darstellung auf die sexuelle Stimulierung reduziert und anreißerisch präsentiert wird. Dies ist gegeben, wenn Frauen mit unnatürlich, gespreizten Beinen gezeigt werden und dem Betrachter so ihre Geschlechtsteile zeigen – insbesondere wenn die Schamlippen zusätzlich mit den Händen auseinander gezogen oder masturbierende Gesten gemacht werden. Etwas unklarer ist allerdings, wo bei der Darstellung des männlichen Penis die Grenze liegt. Bei den Printmedien hat sich manifestiert, dass der männliche Penis den Erektionswinkel von 45 Grad nicht übersteigen darf. Ist dieser größer werden Zeitungen in der Regel nicht frei zugänglich verkauft. Allerdings gibt es Gerichtsurteile, wo auch solche Darstellungen nicht als pornographisch bewertet wurden. Hier lag jedoch der Fokus nicht nur auf dem Genital, sondern auf dem ganzen Mann. Der Penis stand nach Ansicht des Gerichts trotz der vollwertigen Erektion nicht grob aufdringlich im Vordergrund. Außerdem wurde die Person nicht als ein sexuelles Objekt der Begierde abgewertet oder gar herabgewürdigt. Die Abgrenzung zur Kunst ist bei diesem Merkmal oft mit Problemen verbunden.

3. Die Darstellungen müssen die allgemeinen sexuellen Wertvorstellungen eindeutig überschreiten. Dabei sind immer die aktuellen Werte zu betrachten, da sich diese im Laufe der Zeit immer wieder veränderten und die Schamgrenzen herangesetzt haben. Letztendlich muss das Gezeigte die üblichen von der Gesellschaft allgemein tolerierten Darstellungen überschreiten.

4. Der Gesamteindruck des Werkes muss berücksichtigt werden. Selbst wenn es in einem Film Szenen gibt, die die ersten drei Merkmale erfüllen, können diese unschädlich für die Einstufung als pornographisches Werk sein, wenn die Rahmenhandlung so dominant ist, das sie die Bilder entschärft.

Ist ein Film als pornographisch einzustufen, darf dieser nicht im Fernsehen gezeigt werden. Selbst im Pay-TV ist eine Verbreitung von Pornographie trotz Pincode nicht zulässig. Auch dort werden nur Filme gezeigt, die zwar starke sexuelle Tendenzen beinhalten, aber die obigen Kriterien nicht erfüllen. Zum Teil werden dazu „echte“ Pornofilme so umgeschnitten, dass die aufdringliche Darstellung entfernt wird. Zusätzlich wird oft eine Handlung durch einen Erzähler oder eine Gedankenstimme nachträglich eingebaut, die dann zum Beispiel erklärt, dass sich das Paar schon seit ihrer Jugendzeit lieben würde und eben nicht nur augrund rein sexueller Lust miteinander aktiv würde.

Dass Sky über Blue Movie “echte” Pornofilme zeigen darf, liegt übrigens nicht nur am gesonderten Pincode-Verfahren, sondern auch in der Tatsache, dass es sich beim dem Sender um ein Pay-per-View-Angebot handelt. Der Kanal ist damit nicht als Fernsehsender, sondern als Mediendienstleister anzusehen, für die ein grundsätzliches Verbreitungsverbot nicht gelten. Die Verbreitung von pornographischen Werke, in denen Gewalthandlungen wie Vergewaltigungen, Sex mit Tieren und Kindern gezeigt werden, ist generell verboten – egal auf welchem Wege. Dies gilt also nicht nur fürs Fernsehen.

Lesen Sie auf der nächsten Seite: Wann müssen Worte weggepiept werden?

Wie oft werden Serien illegal heruntergeladen? Was sind Pornos? Wie sieht der Jugendschutz aus?

Axel: Bei den US-Shows bei «Talk Talk Talk» werden viele Worte weggepiept. Wer entscheidet darüber, was gesagt werden darf? Gibt es dafür feste Regeln?

Christian Richter:
Bezüglich der verbotenen Worte im US-TV gab es kürzlich eine gravierende Änderung. Obwohl bisher festgeschriebene Regeln fehlten, hatte sich im Laufe der Zeit eine Liste etabliert, auf der die Worte standen, die weder allein noch als zusammengesetzte Worte zwischen 6.00 Uhr und 22.00 Uhr gesagt werden dürfen. Auf dieser Liste standen sieben Worte, weswegen die Aufstellung oft auch als „The Seven Dirty Words“ bezeichnet wurde. Ursprünglich stammte sie vom US-Komiker George Carlin, der diese Zusammenstellung für sein Comedy-Stand-Up “Seven Words You Can Never Say on Television“ aufstellte. Der New Yorker Radiosender WBAI strahlte diese Nummer im Jahr 1973 unzensiert aus und handelte sich dadurch prompt eine Anzeige ein. Als Konsequenz beschloss die zuständige Federal Communications Commission (FCC) die Einführung des sogenannten „Safe Harbor“, also einer sauberen Zeit zwischen 06.00 Uhr und 22.00 Uhr. Indirekt wurde damit die Liste von Carlin bestätigt und erhielt eine gewisse Allgemeingültigkeit. Bei den besagten Worten handelt es sich um folgende: „Shit“, „Piss“, „Fuck“, „Cunt“, „Cocksucker“, „Motherfucker“ and „Tits“.

Nach Bonos überschwänglichem Jubel bei den «Grammy Awards 2003», bei dem er die Auszeichnung mit den Worten „really, really fucking brilliant“ kommentierte, wurden die Strafen für eine Verletzung der „Safe Harbor“-Regel drastisch auf bis über 300.000 Dollar erhöht. Gegen diese Erhöhung klagten die amerikanischen Networks FOX, CBS, NBC sowie ABC und bekamen recht. Das Gericht stufte die bisherigen Bestimmungen in ihrer Unbestimmtheit als Verstoß gegen die freie Meinungsäußerung ein. Zudem merkte es an, dass es egal sei, wie umfangreich eine Liste der „Dirty Words“ sei. Es würde derart viele Ausdrücke für „Sexualorgane und sexuelle Aktivitäten oder eine Erektion“ geben, dass man nie alle erfassen könnte, zumal täglich neue Varianten hinzukämen. Als Konsequenz aus dem Urteil müssen die legendären schmutzigen Wörter ab sofort nicht mehr weggepiept werden, sondern dürfen ungestört über den Bildschirm laufen.

Die FCC hat übrigens kein Weisungsrecht für die Kabelsender, die sich damit nicht an den Safe Harbor halten mussten. Grundsätzlich war dort schon vor dem Urteil die Nutzung der „Seven Dirty Words“ auch tagsüber zulässig.

Antje: Warum sind «TV-Total»-Events wie die «WOK WM» Dauerwerbesendungen, aber die Fußball-WM nicht? Dort ist doch mindestens genauso viel Werbung zu sehen.

Christian Richter:
Man muss zunächst deutlich zwischen Sportübertragung und TV-Show unterscheiden. Bei Sportübertragungen geht es um die journalistische Übermittlung von Bewegtbildern – beispielsweise eben aus den Stadien der Fußball-Bundesliga. Man kann die Sender aber nicht dafür verantwortlich machen, dass die Sportler Markennamen auf ihren Trikots tragen oder eben vor großen Werbebanden kicken. Anders verhält es sich bei der «WOK-WM»: Der WOK-Sport ist ein Event, das zum Ziele der Unterhaltung und letztlich natürlich auch der hohen Quoten erfunden wurde. ProSieben hat hier Einfluss auf die Gestaltung – und die Medienwächter waren der Meinung, dass darin so viele Werbebotschaften enthalten sind, dass die «WOK WM» als Dauerwerbesendung zu sehen sein muss.

Es geht letztlich also nur um die Frage, was eine wirkliche Sportübertragungen und was eben eine selbst vom Sender produzierte Fernsehshow ist.

Gunther: Warum zeigen ARD und ZDF nur am Vorabend Werbung. Nach 20.00 Uhr könnten sie doch viel mehr Geld verdienen.

Christian Richter:
Das gesamte Thema der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist in mehreren Verträgen und Bestimmungen geregelt. (u.a. Rundfunkgebührenstaatsvertrag und der Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag) Für die einzelnen Vorschriften gibt es obendrein Richtlinien, die deren Ausführungen klären. Die zentrale Vorschrift ist dabei der Rundfunkstaatsvertrag, der unter anderem auch die Grundlage für die Ausstrahlung von Werbung bei ARD und ZDF bildet.

Der Paragraph 15 des Vertrages regelt zunächst allgemein, dass Werbung grundsätzlich in Gottesdiensten und Sendungen für Kinder nicht erlaubt ist. Zudem dürfen im öffentlich-rechtlichen Fernsehen nur Sendungen mit einer Dauer von mehr als 45 Minuten unterbrochen werden. Bei Übertragungen von Sportereignissen darf dies nur in den Pausen erfolgen.

Im §16 wird zunächst die Ausstrahlung von Werbung lediglich auf ARD und ZDF beschränkt. Werbung in den Dritten Programmen findet demnach nicht statt. Die Gesamtdauer der Werbung im Ersten und im ZDF darf im Jahresdurchschnitt nur höchstens 20 Minuten im werktäglichen Durchschnitt betragen, dabei muss jedoch berücksichtigt werden, dass die Dauer von Spotwerbung in einer Stunde nicht den Anteil von 20 Prozent übersteigen darf. Zusätzlich ist es laut diesem Paragraph verboten, Werbung nach 20.00 Uhr sowie an Sonntagen sowie an im ganzen Bundesgebiet anerkannten Feiertagen auszustrahlen.

Daraus ergibt sich dann auch das Werbefenster von ARD und ZDF zwischen 18.00 und 20.00 Uhr. Da nach 20.00 Uhr keine Werbung mehr gezeigt werden darf, ist der Vorabend die noch verbleibende Zeit des Tages, zu der die meisten Menschen Fernsehen schauen. Da jedoch nicht mehr als zwölf Minuten Werbung pro Stunde erlaubt sind und man 20 Minuten zur Verfügung hat, muss diese auf zwei Stunden verteilt werden, wodurch sich ein Beginn der werbefinanzierten Inhalte um 18.00 Uhr ergibt.

Die weiteren Richtlinien regeln dann unter anderem die eindeutige Trennung von Inhalt und Werbung und welche Mindestanforderungen an einen Werbetrenner gestellt werden. Zudem werden dort die Bedingungen für Split-Screen-Werbung und Gewinnspiele aufgeführt.

Hark: Wie können Serien wie «Law & Order» gleichzeitig bei VOX und RTL laufen? Darf nicht nur ein Sender die Rechte besitzen. Ist mir auch bei «Die Nanny» bei VOX und SuperRTL aufgefallen.

Christian Richter:
Die Lizenzinhaber, sind nicht die Sender, sondern die Sendergruppen – also die Mediengruppe RTL Deutschland, zu denen RTL, SuperRTL, VOX, n-tv und zum Teil RTL II gehören. Die Mediengruppe darf dann die Rechte die völlig frei auf die einzelnen Sender verteilen. Die entsprechenden Sender zahlen dann einen intern ausgehandelten Betrag.

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Aufgrund der vielen Einsendungen können jedoch nicht alle Fragen beantwortet werden. Zum Teil ist für die Klärung eine langwierige Recherche nötig, wodurch es zu einer zeitlichen Verzögerung bei der Beantwortung kommen kann.

Die nächste Experten-SommerAusgabe erscheint am Montag, den 23. August 2010.

16.08.2010 12:00 Uhr  •  Christian Richter Kurz-URL: qmde.de/43912