Liebe Julia Nicolas,

früher war es üblich, öffentlich an den Pranger gestellt zu werden, wenn man ungesetzmäßig gehandelt hat. Diese Zeiten sind vorbei – aber heute gibt es andere Wege, Menschen anzuprangern. Sie haben damit in den vergangenen Tagen Ihre Erfahrungen gemacht. Eine Entlassung aus einem Job, den man mit viel Herzblut betreibt, ist nie schön. Noch viel unschöner wird sie aber, wenn der ehemalige Arbeitgeber dann nachtritt. Mehr als bisher müsse die neue Positionierung programmlich ausgefüllt werden – neue Qualitätssicherungsmaßnahmen werden nun eingeführt. Für mich klingt das so, als würden Sie nicht für Qualität im Fernsehen stehen.

Eine öffentliche Demontage ist das – und das hat kein Fernsehmacher der Welt verdient. Natürlich kann man darüber streiten, ob die von Ihnen beauftragten Formate durch Qualität glänzten, oder ob es nicht eher ein Rückfall in RTL II-Zeiten war, als vor allem nackte Tatsachen zählten. Man kann aber nicht umherkommen zu sagen, dass nicht nur Sie diese Formate abgenickt haben, sondern beispielsweise auch Programmdirektor Holger Andersen. Der steht aber nicht im Kreuzfeuer der Kritik.

Eigentlich wünschen sich Journalisten wie wir ja offene und ehrliche Aussagen des Senders – und selbst wenn die PR-Abteilung einen anderen Weg der Bekanntmachung gewählt hätte. Viele hätten darauf geschlossen, dass man mit ihrer Arbeit nicht zufrieden war. Für Sie wäre eine normale Pressemitteilung über Ihre Personalie aber besser gewesen. Ich glaube, dass es auch moralisch der bessere Weg gewesen wäre. Ohne mit dem erhobenen Finger sprechen zu wollen, aber so etwas hat niemand verdient. Es war wohl eine ungerechte Woche.

Alles Gute für die Zukunft,
Ihr Manuel Weis
21.08.2010 00:00 Uhr  •  Manuel Weis Kurz-URL: qmde.de/44012