Die Kritiker: «Küsse, Schüsse, Rindsrouladen»

Inhalt:
Ein Bankraub soll es für den Kleinkriminellen Chester richten und ihn endgültig von Gläubiger Otto, einer recht großen Nummer im Verbrechermilieu lossagen. Doch nicht alles verläuft nach Plan – sowohl ein Polizist als auch Chesters Komplize müssen ihr Leben lassen, um seine Flucht zu gewährleisten. Anschließend kommt der unruhige Genosse kurzerhand bei Herbert unter, einem weltfremden Experten für Briefmarken, der seine Geldprobleme mithilfe eines Untermieters lösen möchte. Eben der muss feststellen, dass eine Farbbombe die Beute vollkommen unbrauchbar gemacht hat. Kein Weltuntergang von Dauer, kann Fachmann Herbert die Scheine doch in nur wenigen Stunden restaurieren.

Nachdem Herbert allerdings die mit ihrem Job mehr als unzufriedene Stripperin Jenny kennen- und lieben gelernt hat, wird er unaufmerksam und vergisst über das Vermögen in der Badewanne. Chester steht also wieder am Anfang seiner Misere, kann nun aber den verängstigen Geldwäscher verantwortlich machen. So kommt es zu einem neuen Plan: Herbert soll seine Lebensversicherung auf Chester übertragen, den Löffel abgeben und allen ein Happy End bescheren. Das sieht der aber gar nicht gern, weshalb man sich unter Zeitdruck auf die Suche nach einer passenden Leiche macht.

Darsteller:
Henning Baum («Der letzte Bulle») ist Chester
Robert Palfrader («Wir sind Kaiser») ist Herbert Prihoba
Janine Kunze («Hausmeister Krause») ist Jenny
Michael Lott («Stauffenberg») ist Otto
Brigitte Neumeister («Die Lottosieger») ist Tante Hertha
Norbert Heisterkamp («7 Zwerge») ist Gorilla

Kritik:
Wenn es um die Titel der ohnehin oft genug belächelten “großen Sat.1-Filme” geht, übertreffen sich die Verantwortlich tatsächlich von Monat zu Monat auf's Neue. Da konkurrieren aussagekräftige Stücke wie «Auch Lügen will gelernt sein» oder «Sind denn alle Männer Schweine?» mit nicht minder ansprechenden Werken wie «Zurück zum Glück» und eben «Küsse, Schüsse, Rindsrouladen», die sich mit gelungenen Reimen in das Gedächtnis der Zuschauer brennen. Da kann man schon von Glück reden, wenn der Leser einer Fernsehzeitung nicht auf halber Strecke abbricht und so bis zur Inhaltsangabe kommt. Die klingt im Fall des neuesten Streichs mit Henning Baum in der Hauptrolle gar nicht mal schlecht. Laienhafte Dramaturgie, nervige Nebencharaktere und wenig überzeugende Iszenierung raten dennoch vom Einschalten ab.

Dabei ist der erste Eindruck kein schlechter. Zu Beginn des Filmes verliert man keine Zeit und wirft das Publikum direkt ins Geschehen. Henning Baum, der als «Der letzte Bulle» für Gerechtigkeit kämpft, ist von der Abwechslung einen skrupellosen Bösewicht zu mimen sichtlich an getan und schaltet als Chester kaltblütig seinen Partner aus. Während er mitsamt Beute aus dem Kugelhagel flüchtet, lernt man Herbert kennen, einen schüchternen und zurückgezogenen Philatelisten, der nicht einmal den Mut aufbringt seiner Tante vom vegetarischen Lebenstil zu erzählen und so weiterhin mit ihrer Spezialität, Rindsrouladen versorgt wird. Zwei Sekunden nachdem er offiziell einen Untermieter sucht, kracht auch schon Chester in seine Auffahrt und nistet sich ein. Die beiden Hauptcharaktere machen durchaus Spaß. Baum gibt den sprücheklopfenden Kriminellen überzeugend und Robert Palfrader liefert in seiner ersten Hauptrolle ein perfektes Nervenbündel ab. Bis es zum großen Eklat zwischen den beiden kommt, lässt sich das gemeinsame Spiel nicht kritisieren. Durch angezogenes Tempo bleibt nicht viel Zeit für peinliche Pausen – die meisten Witze zünden, die Figurenschablonen gehen auf.

Nichts weiter als Klischees sind die Nebencharaktere: Stripperin mit dem Herz am rechten Fleck, wenig ernstzunehmender Unterweltsboss mit entsprechenden Schlägern, von denen einer in Herberts Tante Hertha am Rande der zwielichten Geschäfte die große Liebe findet. Immerhin erfüllen alle bis auf Hertha einen gewissen Zweck hinsichtlich der Story. Die Frau mit den Rindsrouladen ist dahingegen ein einziger Störfaktor – bei Küssen und Schüssen konnte es eben nicht bleiben (Der österreichische Originaltitel lautet im Übrigen «Tante Herthas Rindsrouladen». Verstehe wer will, wenn man damit nicht die anvisierte Zielgruppe anspricht). Störfaktoren bietet auch das Drehbuch von Anders Stenmo. Als hätte man zehn Seiten in einem Jahr geschrieben, immer wartend auf einen weiteren Twist, reiht sich im Endprodukt ein unausgegorener Storyarc an den nächsten. Bis sich Chester und Herbert letzlich mit einer Leiche im Gepäck in die Berge aufmachen und man ein Stück vom Kuchen des urkomischen Films «Bis zum Ellenbogen» abhaben will. Dann kommt auch noch raus, dass Chester und Herberst neues Herzstück in Wahrheit verheiratet sind und das Fragezeichen über dem Kopf des Zuschauers ist perfekt.

«Küsse, Schüsse, Rindsrouladen» hat ganz klar seine Höhen und Tiefen. Die Pleiten haben nur mehr Tragweite. Das fängt bei den Richtungsschwankungen der Story an und hört beim wenig überzeugenden Setting auf (Stichwort Stripschuppen). Dass Kunze und Palfrader nicht das realistischste Paar abgeben, verlangt man gar nicht – ein Hauch von Verwertbarkeit für die Rolle erster, neben dem Antrieb für Herbert wäre aber wünschenswert gewesen. Immerhin die zwei Protagonisten schaffen es, etwas Spannung zu erzeugen, so dass man durchaus an der Auflösung ihrer Reise interessiert ist. Insofern man denn länger als eine halbe Stunde dranbleibt.

Sat.1 zeigt «Küsse, Schüsse, Rindsrouladen» am Dienstag, den 31. August 2010 um 20.15 Uhr.
30.08.2010 12:02 Uhr  •  Marco Croner Kurz-URL: qmde.de/44206