360 Grad: This Used to Be a Funhouse
Die RTL II-Chefetage ist mit dem Ergebnis der Programmoffensive des Senders selbst nicht zufrieden. Julian Miller analysiert.
Früher machte RTL II einfach Spaß, heute ist es Fun. Zumindest definiert man sich so. Mittlerweile scheint aber auch die Chefetage der Meinung zu sein, dass der Spaß-, pardon, Fungehalt des Programms sich im unteren Zehntel der Skala bewegt, was man in diversen Pressemitteilungen der letzten Tage und Wochen mehr oder weniger konkret bekanntgab. Unterhaltungschefin Julia Nicolas, die sich das Wort „Programmoffensive“ auf die Fahne geschrieben hatte und meinte, dies allein mit billigstem Pseudo-Reality-Schund durchführen zu können, musste bereits ihren Hut nehmen.
Das Programm, das im Rahmen der angekündigten Umwälzung bei RTL II zusammengeschustert wurde, bewegte sich ausnahmslos in einem katastrophal dämlichen Rahmen. Mit «Generation Ahnungslos» versuchte man, den verstaubten «Bravo»-Sex-Talk ins Internetzeitalter zu hieven, ersoff dabei aber im Dilettantismus. Die Probleme fingen hier schon bei der Wahl des Sendeplatzes (Prime-Time und Teeny-Beratung gehen einfach nicht zusammen) an und hörten bei der voyeuristischen Zurschaustellung zerrütteter Familien mit Kommunikationsproblemen auf. Der Gipfel der Idiotie und Lächerlichkeit in der RTL II-Programmoffensive war jedoch «Das Tier in mir», in dem laut Konzept „Prominente“ (hauptsächlich drittklassige Ex-Moderatoren von Spartensendern und Deutschlands Lieblingstranse Olivia Jones) ein Teil einer Tierherde werden sollten. Man kratzte sich am Kopf. Und hakte es ab. Das vollkommen unausgegorene Konzept führte zu bodenloser Langeweile und massivem Fremdschämen bei wohl jedem Zuschauer, der sich eine Folge mit dem dämlichen Machwerk herumgeschlagen hat. Auch wenn in der Sendung mit „Dass Olivia am Mineralstein geleckt hat, hat mich sehr gefreut“ wohl mein Lieblingssatz des TV-Jahres gefallen ist.
Wie man sieht, handelte RTL II mit seiner Doku-Soap-Revolution überstürzt und nicht einmal ansatzweise durchdacht. Allen Konzepten, die sich halbwegs nach Sendefähigkeit angehört haben, wurden unter Julia Nicolas großzügige Sendeplätze eingeräumt. Mit dem desaströsen Ergebnis, das jetzt jeder sieht. Weder Inhalt noch Reichweiten konnten überzeugen. Selbst wenn RTL II sich des Themas Robespierre annehmen würde, würde man noch einen Weg finden, über seine Titten zu reden. RTL II ist nicht Fun, sondern Trash. Und Trash gehört in die Mülltonne.
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