Plasberg: 'Intendanten bestimmen, wo ich auflaufe'

Quotenmeter.de sprach mit Frank Plasberg über 100 Folgen «Hart aber fair» im Ersten und die neuerliche Sendeplatzdiskussion.

100 Folgen «Hart aber fair». Glückwunsch, Herr Plasberg. So wie ich Sie einschätze, interessiert Sie das aber nicht so sehr. Vermutlich würden Sie aktuell viel lieber Ihre nächste Sendung vorbereiten?
Die Interviews sind nur ein Teil des heutigen Tages, natürlich habe ich mich auch schon mit der Sendung beschäftigt – und anlässlich der 100. Sendung von «Hart aber fair» blicke ich doch wirklich gerne auf die vergangene Zeit zurück. Ich erinnere mich noch als ob es gestern wäre an die erste Sendung im Ersten. Da gab es viele, die gespottet haben, dass die Quoten wohl einstellig sein werden. Wir haben in diesem Jahr einen Quotenschitt von 14,7%. Damit sind wir Marktführer bei den politischen Talkshows. Davon habe ich damals selbst nicht geträumt. Mich freut das sehr, weil das ein unglaublicher Erfolg für eine politische Talkshow ist. Wenn man ein Format vor zehn Jahren entwickelt und dann immer weiter entwickelt hat, macht einen das schon ein bisschen stolz.

Gibt es Sendungen, an die man sich dann besonders gut erinnert?
Ja, das ist noch gar nicht so lange her. Die Scientology-Sendung war sicherlich ein Höhepunkt. Wir wurden damals gefragt, ob wir uns vorstellen können, nach einem Film eben dieses Thema aufzugreifen. Das war eine sehr große Herausforderung für uns. Der Film ist schließlich fiktional, den Handlungssträngen lag eine gewisse künstlerische Freiheit zu Grunde. Von unserer Sendung wurde aber zu recht journalistische Genauigkeit erwartet. Erstmals war jemand von Scientology bei uns zu Gast und ich musste aufpassen, dass wir das Thema hart aber fair angehen, das Gespräch zugleich aber keinem Tribunal ähnelt. Ich habe dem Herren von Scientology also immer versucht viel Raum zu lassen, um Dinge zu erklären und sich zu rechtfertigen. Wäre das nämlich zu einem Tribunal geworden, dann wäre ein Mitleidseffekt beim Zuschauer entstanden und das wollten wir auf keinen Fall.

Die Sendung verlief optimal…
Sie hatte siebeneinhalb Millionen Zuschauer und ist somit die meistgesehene «Hart aber fair»-Ausgabe aller Zeiten – 28,3 Prozent Marktanteil. Und das, obwohl ich zehn Minuten vor Sendebeginn wirklich weglaufen wollte.

Sie wollten weglaufen? Was war passiert?
Mir wurde hinter der Bühne gesagt, dass mein Touchscreen defekt sei. Normalerweise kann ich damit die Reihenfolge der Einspielfilme selbst bestimmen, je nach Verlauf der Diskussion. Das ging jetzt nicht mehr. Alles musste also so ablaufen, wie wir es vorher geplant hatten, Abweichungen ausgeschlossen. Da habe ich wirklich gezittert und auch fluchend gegen die Deko getreten.

Gab es nach der Sendung eigentlich Kritik seitens Scientology?
Eigentlich kaum.

Würden Sie sagen, dass «Hart aber fair» auch heute noch die innovativste poltische Talkshow ist?
Ich kann das sehr schlecht beurteilen. Wir hatten schon damals im Dritten unseren Werkzeugkasten, also die Elemente, die es auch heute noch gibt. Daraus haben sich inzwischen durchaus auch andere bedient. Aber es entsteht auch immer mal was Neues. Wir haben irgendwann einmal gemerkt, dass es bei uns Momente gibt, wo man gewisse Sachthemen nicht einwandfrei klären kann. Man kann also nicht festlegen, wer gerade wirklich recht hat. Deshalb bieten wir im Internet nach der Sendung nun immer einen Faktencheck an. Das wird vom Publikum sehr gut angenommen, unser Faktencheck hat inzwischen eine große Bekanntheit. Es ist schon ein oder zwei Mal vorgekommen, dass ein Gast bei Maybrit Illner sagte: „Das sollten wir im Faktencheck überprüfen“. Das fand‘ ich lustig.

Jetzt haben Sie in der zurückliegenden Saison die Messlatte mit durchschnittlich 14,7 Prozent sehr hoch gelegt. Kann es da überhaupt das Ziel sein, diese Werte noch zu übertreffen?
Qualität und Quote muss man eben nicht trennen. Mein Ziel ist es immer, sowohl die Leistung als auch die Quote der Sendung zu halten. Natürlich werden wir auch in der kommenden Saison mal schwächere Ausgaben haben, die laufen dann gegen ein Fußballspiel. Aber grundsätzlich möchten wir uns natürlich nicht verschlechtern, sondern eher noch einen Tick besser werden.

Gibt es eigentlich zu viele Talkshows im Fernsehen? Diese Debatte entstand in der Zeit, als der Wechsel von Jauch zur ARD bekannt wurde…
Ja, es gibt zu viele Talkshows im Deutschen Fernsehen. Was soll ich als Moderator auch anderes sagen? Aus Produzentensicht wäre es für uns natürlich besser, wenn wir weniger Konkurrenz hätten. Aber: Das Publikum geht mit. Ich glaube, den Zuschauern fällt es gar nicht so auf, dass es mehr solche Sendungen gibt als noch vor ein paar Jahren. Jede Sendung findet bisher ihre Gemeinde. Aber natürlich leiden wir als Macher unter dem Gästekannibalismus.

Wie informieren Sie sich über das aktuelle Geschehen auf der Welt?
Eigentlich ganz klassisch. Ich lese Zeitungen von der SZ bis zur Bild am Sonntag, Internet – ich schaue fern.

Macht Ihnen das Gezanke in der schwarz-gelben Koalition eigentlich Spaß, weil es für Sie als Talker interessant ist oder ärgern Sie sich als Bürger eher darüber?
Während der Großen Koalition hatten es die politischen Sendungen alle sehr schwer. Es gab keine klaren Fronten, das führte zu abnehmendem Interesse an politischen Themen. Natürlich ärgere ich mich manchmal über gewisse Dinge in der aktuellen Koalition, ich muss aber auch sagen, dass Streit in gewissem Maße zur Regierungsarbeit dazugehört. Gäbe es das nicht, dann würden wir in einer Art Monarchie oder Diktatur leben.

Gibt es etwas, das Sie an Politikern nicht mögen?
Ich beteilige mich an pauschaler Politiker-Schelte nicht, dafür kenne ich sie auch viel zu wenig. Ich glaube, dass Politiker mehr Respekt verdienen. Meine Aufgabe besteht eher darin, zu schauen, ob sie sich hin und wieder in ihren Aussagen widersprechen.

Das Thema kam in den vergangenen Tagen wieder auf – wie sehr beschäftigen Sie sich derzeit eigentlich mit dem Sendeplatz, den Sie ab Herbst 2011 einnehmen werden?
Ich beschäftige mich damit gar nicht. Es ist in etwa so wie bei der Nationalmannschaft: Die Intendanten bestimmen, wo ich auflaufe. Ich habe in deren Entscheidung auch vollstes Vertrauen, weil schon einmal eine sehr geniale Lösung dabei herausgekommen ist. Wir sprechen da von professionellen TV-Machern, die allesamt ganz genau wissen, welch großer Aufwand hinter einer Sendung wie «Hart aber fair» steckt. Nicht zuletzt dank des großen Zuschauerzuspruchs gehe ich auch weiterhin davon aus, dass «Hart aber fair» auf einem hervorragenden Sendeplatz laufen wird.

Vielen Dank und alles Gute weiterhin.
05.09.2010 10:05 Uhr  •  Manuel Weis Kurz-URL: qmde.de/44315