Die Experten Sommerspezial: Die Welt der Quote

Diesmal mit verblüffenden Quotenrekorden und überraschenden Fakten zur Messung.

Jede Woche erreichen uns unzählige Anfragen, die bereits in früheren Ausgaben beantwortet wurden. Daher befassen wir uns noch einmal mit den wichtigsten doppelten Fragen.

Toni: Welches ist die Sendung mit den höchsten Einschaltquoten abseits von Sportsendungen in Deutschland?

Christian Richter: Diese Frage zu beantworten ist nicht ganz leicht, da es eine wirkliche Quotenmessung erst seit dem Sendestart des ZDFs im Laufe des Jahres 1963 gibt. Davor liegen lediglich Schätzwerte vor. Man geht allerdings davon aus, dass die Erstaustrahlung der Verfilmung des Durbridge-Krimis «Tim Frazer» im Januar 1963 eine Sehbeteiligung von bis zu 93 Prozent aller Haushalte hatte. Allerdings gab es damals noch bedeutend weniger Fernseher als heute.

Die höchste, tatsächlich gemessene, nichtsportliche Reichweite erzielte am 17. November 1985 die ZDF-Serie «Die Schwarzwaldklinik» mit knapp 28 Millionen Zuschauern. Damit lag diese fast auf dem Niveau des Fußball-EM-Finales 2008, in dem Deutschland gegen Spanien verlor.

Lydia: Wurde bei Lenas Sieg die höchste Quote, die der «Grand Prix» je hatte?

Christian Richter: Am 24. April 1982 verfolgten 13,81 Millionen Menschen den ersten deutschen Sieg beim Wettbewerb. Damit waren damals etwas weniger Fans als bei Lenas Triumph dabei, der 14,69 Millionen Zuschauer anlockte. Die Quote aus dem Jahr 1982 lag etwa auf dem Niveau der übrigen Ausgaben dieses Jahrzehnts. Im Jahr 1983, als Deutschland mit dem Titel „Rücksicht“ von Hoffmann und Hoffmann Fünfter wurde, waren beispielsweise 13,57 Millionen Menschen dabei, während im darauffolgenden Jahr 1984 rund 14,23 Millionen Zuschauer den Wettbewerb verfolgten. Als Ingrid Peters mit ihrem Song "Über die Brücke geh'n" für Deutschland im Jahr 1986 den achten Platz holte, schalteten nur noch 10,88 Millionen ein. Zwei Jahre später sank die Sehbeteiligung mit 8,69 Millionen Zuschauern erstmals unter die 10-Millionen-Marke.

In den 90er Jahren brachen die Zuschauerzahlen massiv ein. Das Finale im Jahr 1992 sahen nur noch 4,73 Millionen Menschen. Zwölf Monate später waren es weniger als vier Millionen. Obwohl Deutschland im Jahr 1994 mit der Band Mekado den dritten Platz holte, guckten nur 4,72 Millionen Zuschauer zu. Im Jahr 1997 wurde über die deutschen Punkte erstmals per Telefonvoting entschieden. Die Gewinnerin der «Soundmix-Show» Bianca Shomburg erreichte vor 3,23 Millionen Bundesbürgern den 18. Platz.

Erst Guildo Horn schaffte es im Jahr 1998 das Interesse für die Show zu reaktivieren. Seinen skurrilen Auftritt verfolgten mit 12,60 Millionen wieder fast so viele wie in den 80ern. Schon ein Jahr später sank jedoch die Sehbeteiligung auf 4,79 Millionen ab – obwohl Sürpriz den dritten Platz für Deutschland gewann. Als Stefan Raab zur Jahrtausendwende für Deutschland antrat und Fünfter wurde, sahen dann wieder 10,03 Millionen Menschen zu und auch der Auftritt von Raabs Entdeckung Max Mutzke sorgte für sensationelle Quoten. Er lockte im Jahr 2004 mit 11,13 Millionen Fans sogar mehr Menschen als der Meister selbst an. Zwei Jahre später sorgte Olli Dietrich mit seiner Band Texas Lightning (15. Platz) erneut für eine Reichweite von mehr als zehn Millionen. Die restlichen Ausgaben zwischen 2003 und 2009 sahen jeweils rund sieben Millionen Menschen.

Man sieht daher, dass Raabs Eingriffe stets für die besten Quoten der vergangenen Jahre sorgten. Trotz der fulminanten Sehbeteiligung, die Lena generierte, schaffte sie nur die zweitbeste deutsche Quote. Der Rekord liegt seit 1980 bei 17,35 Millionen. Damals belegte Katja Ebstein mit ihrem Lied "Theater" den zweiten Platz.

Faith: Die Serie «Tatort» gibt es doch schon seit 40 Jahren? War sie immer so erfolgreich wie heute? Wie haben sich die Einschaltquoten entwickelt?

Christian Richter: Diese Frage ist nicht eindeutig zu beantworten. Die Reihe gibt es seit 1970 und besteht mittlerweile aus rund 750 Ausgaben. Leider lassen sich nicht von jedem einzelnen Fall die Quoten rekonstruieren. Zudem gab es vor 1980 keine exakte Quotenmessung. Hier liegen nur Schätzungen des Marktanteils vor. Trotzdem kann man ein paar Highlights heraussuchen. Die folgenden Werte beziehen sich dabei aber nur auf die Erstausstrahlungen. Spätere Wiederholungen sind nicht berücksichtigt.

In den 70er Jahren lagen die Marktanteile der Krimireihe bei 60 bis 70 Prozent. Den höchsten Wert aller Zeiten erzielte die Ausgabe vom 20. Januar 1974 mit dem Titel «Nachtfrost» mit 76 Prozent. Regisseur der NDR-Produktion war damals übrigens Wolfgang Petersen, der später die Kino-Filme «Das Boot» und «Troja» umsetzte. Autorenlegende Wolfgang Menge erzielte am 01. April 1973 mit dem Titel „Stuttgarter Blüten“ 74 Prozent und damit den zweithöchsten Marktanteil der «Tatort»-Reihe.

In den 80er Jahren wurden erstmals konkrete Reichweiten gemessen. Diese lagen meist zwischen 12 und 16 Millionen – in Ausnahmefällen bei 20 Millionen. Im Jahr 1985 wurde die höchste absolute Reichweite der Reihe ermittelt. Die Folge „Tod macht erfinderisch“ vom SFB sahen am 10. November 1985 rund 23,58 Millionen Zuschauer. Kurz danach kam „Der Tausch“ am 13. April 1986 mit 23,46 Millionen Zuschauern dicht an den Höchstwert heran.

Zu Beginn der 90er Jahre wurde die Konkurrenz durch die privaten Sender größer und die Reichweiten sanken auf zehn bis zwölf Millionen. Ab Mitte der 90er schalteten nur noch um acht Millionen Krimifans ein. Auf diesem Niveau bewegen sich die Ausstrahlungen noch heute.

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Diesmal mit verblüffenden Quotenrekorden und überraschenden Fakten zur Messung.

Nick: Wie lang muss ich eine Sendung gucken, damit sie bei der Quotenmessung berücksichtigt wird? Reicht es, wenn ich nur durchzappe oder muss ich länger zuschauen?

Christian Richter: Zu Beginn der quantitativen Fernsehzuschauerfassung im Jahr 1963 hatte das erste Messgerät, das sogenannte „Tammeter“ einen Messtakt von einer Minute. Die Daten wurden damals noch auf einen Lochstreifen gestanzt, der einmal wöchentlich eingesammelt wurde. Als 1975 die Firma Teleskopie die Ermittlung übernahm und die Geräte „Telekomat“ und „Telemetron“ einführte, wurde der Messtakt auf 30-Sekunden-Intervalle reduziert. Seit 1995 werden die Messungen von der GfK im Auftrag der Arbeitsgemeinschaft Fernsehforschung durchgeführt. Im Zuge dieses Wechsels wurde die Umstellung auf den 1-Sekunden-Messtakt vorgenommen, der heute noch immer gilt. Dadurch wird gewährleistet, dass auch der schnellste Zapper berücksichtigt wird.

Raik: Wie viele Zuschauer schauen tatsächlich die Werbung und schalten nicht irgendwo anders hin?

Christian Richter: In den Werbepausen schalten in der Regel rund ein Drittel aller Zuschauer auf einen anderen Sender. Als konkretes Beispiel lässt sich hier die Erstausstrahlung von «Die Simpsons – Der Film» vor etwa einem Jahr heranziehen. Während den eigentlichen Film rund 3 Millionen Menschen sahen, lag die Reichweite während den Werbepausen nur noch bei rund 2 Millionen Zuschauern. Damit ist aber immer noch nicht gesagt, dass die verbliebenen Zuseher auch tatsächlich die Werbung sahen oder die Pause zum Beispiel für einen Toilettengang benutzten.

Gabriel: Seit kurzem wird doch auch gemessen, wie viele Menschen sich eine Serie ein paar Tage später anschauen. Wie viele sind das denn so?

Christian Richter: Dies interessierte auch Maurice und Max. Entgegen aller Annahmen führte die zusätzliche Berücksichtung des zeitversetzten Fernsehens zu kaum eine Erhöhung der Reichweiten. Innerhalb der ersten erfassten Monate stieg die Sehdauer bei den 14- 49jähirgen um nur 0,3 Prozent. Ein etwas höherer Zuwachs wurde bei Soaps gemessen. Doch selbst die bei diesem Genre ermittelten rund zwei Prozent liegen unterhalb der Erwartungen. Als Ursache nimmt man die noch immer geringe Verbreitung von Festplatten- und DVD-Rekordern an. Da sich die Erhöhungen nur im minimalen Bereich bewegen, können die im Teletext veröffentlichten Zahlen auch weiterhin als ausreichend genau angenommen werden.

Falk: Ihr schreibt oft, dass die Quoten unter dem Senderschnitt liegen. Wie hoch sind denn diese?

Christian Richter: Eine aktuelle Übersicht der durchschnittlichen Marktanteile gibt es am Ende eines jeden Monats im „TV-Markt“ bei Quotenmeter.de zu lesen. Zusätzlich sind die Werte der vergangenen Saison aller am Messverfahren beteiligten Sender hier oder unter der Rubrik „Einschaltquoten“ und dann „Marktanteile“ aufgelistet.

Rosi: Wieso stehen die Quoten von SuperRTL, ComedyCentral oder Das Vierte nicht im Videotext?

Christian Richter: Die Sender lassen ihre Quoten zwar messen, veröffentlicht diese aber nicht im Teletext. Ob ein Sender dies tut, liegt ganz allein in seinem Ermessen. Nicht veröffentlichte Quoten können jedoch direkt bei MediaControl – beispielsweise bei tv-ratings.de gekauft werden. Quotenmeter.de bietet (vor allem den Plus-Abonnenten) aber immer wieder Updates der Quotenentwicklung der Sender an.

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Aufgrund der vielen Einsendungen können jedoch nicht alle Fragen beantwortet werden. Zum Teil ist für die Klärung eine langwierige Recherche nötig, wodurch es zu einer zeitlichen Verzögerung bei der Beantwortung kommen kann.

Die nächste reguläre Experten-Ausgabe erscheint am Montag, den 13. September 2010.
06.09.2010 12:00 Uhr  •  Christian Richter Kurz-URL: qmde.de/44367