Die Nachrichtensatire mit Oliver Welke macht Politnachrichten zur Unterhaltung. Quotenmeter.de-Redakteur Jürgen Kirsch besuchte das ZDF-Format und blickte hinter die Kulissen der Sendung.
Mit der «heute-show» kam im letzten Jahr eine Late-Night-Sendung ins deutsche Fernsehen, die die politischen Nachrichten zur Unterhaltung transformierte. Mit Oliver Welke hatte die neue ZDF-Sendung, die zunächst im unregelmäßigen monatlichen Rhythmus ausgestrahlt wurde, auch einen Anchorman, der aufgrund seiner Vita als Autor, Moderator und Comedian der Richtige schien, um das politische Geschehen in Deutschland satirisch einordnen zu können. Inhaltlich funktionierte die neue Nachrichtensatire beim Mainzer Sender – mittlerweile senden Welke & Co. wöchentlich am Freitagabend aus ihrem «heute-show»-Studio in Köln-Mühlheim. Quotenmeter.de-Redakteur Jürgen Kirsch besuchte die 20. Aufzeichnung (seit der wöchentlichen Ausstrahlung), gleichzeitig die zweite Folge der aktuellen Staffel und warf dabei einen Blick hinter die Kulissen der im Stile einer Nachrichtensendung aufgebauten Comedy-Sendung im ZDF.
Das Publikum der «heute-show» ist bestens gelaunt. Unmittelbar vor der Show-Aufzeichnung herrscht überwiegend Vorfreude. Kein Wunder, denn die «heute-show» unterhält. Sie bringt jede Woche das politische Tagesgeschehen auf satirisch-komödiantische Weise auf den Punkt. Ihre Zuseher lachen statt sich über die Politiker aufzuregen. Die Publikumsplätze im Studio sind begehrt und erfahren Woche für Woche eine rege Nachfrage. Probleme, diese zu besetzen, hatte man seit der ersten Show noch nicht. Als Untermieter in den Gebäuden der befreundeten Brainpool-Produktionsfirma in Köln-Mühlheim hat das Unternehmen Prime Productions, welches neben der «heute-show» beispielsweise noch «Comedystreet» herstellt, auch ein modernes Studio mit bequemen Sitzplätzen und zeitgemäßer Technik parat. Die Zielgruppe der «heute-show» unterscheidet sich dennoch von anderen Late-Night-Formaten. „Boulevard- und Lifestyle-Themen klammern wir nahezu aus“, verrät Produzent Georg Hirschberg. Das macht schon den Unterschied.
Im Publikum sitzen Jugendliche, junge Erwachsene, aber auch ältere Menschen gleichermaßen. Ein gewisses Interesse für Politik und politische Themen wird vorausgesetzt und sollte man als Zuschauer der «heute-show» schon mitbringen. Dabei sind aber nur Grundkenntnisse der aktuellen Schlagzeilen vonnöten, keine tiefer gehenden Debatten. „Wer Rösler oder Brüderle nicht kennt, ist bei uns falsch. Alle anderen kommen auf ihre Kosten“, sagt der Geschäftsführer von Prime Productions, Georg Hirschberg. Wohl wahr. Denn die «heute-show» hat schon eine Reihe von Fernsehpreise abgeräumt, die ihre inhaltliche Qualität belegen. 2009 gab es den Deutschen Comedypreis, dieses Jahr folgte gar der Adolf-Grimme-Preis. Dabei konzentriert sich die «heute-show» auf die deutsche Politbühne. Nur gelegentlich – aus aktuellem Anlass – wirft man einen Blick auch nach Übersee. Dabei gibt die deutsche Politnachrichten-Landschaft gar nicht mal so viel her, um die Sendezeit beispielsweise auch im täglichen Rhythmus wie das US-Vorbild der «Daily News» zu füllen. „Da fehlt uns ein Sender wie FOX News, den wir in Deutschland natürlich nicht haben, um daraus wirklich genügend Material für eine tägliche Sendung zu ziehen“, hat Moderator Oliver Welke im Gespräch mit Quotenmeter.de-Redakteur Jürgen Kirsch das Problem, was die politische Nachrichtenproduktionen in Deutschland betrifft schon länger erkannt. Doch wenn genügend Material vorhanden wäre, könnte sich Welke eine tägliche Nachrichtensatire im deutschen Fernsehen vorstellen? „Da müsste ich mit meiner Frau dann drüber sprechen, ich pendele so schon sehr viel zwischen Köln und Berlin“, lacht der Anchorman der Sendung, die sich namentlich übrigens an die ZDF-Nachrichtenformate «heute» und «heute-journal» anlehnt.
In der Tat ist Oliver Welke bei der wöchentlichen Produktion der «heute-show» voll eingebunden. Nicht nur vor der Kamera ist er aktiv, sondern auch hinter den Kulissen ist Oliver Welke die ganze Woche über im vollen Einsatz, wie er erzählt. Auch inhaltlich wirkt er als Autor in der Vorbereitung auf die nächste Sendung mit. Natürlich muss er dabei auch immer im Bilde sein, was in der politischen Landschaft passiert. Neben den wöchentlich laufenden Vorbereitungen auf die «heute-show», moderiert er auch noch für «ran» bei Sat.1 die UEFA Europa League. Der Aufzeichnungstag selbst beginnt dann für Oliver Welke schon am späten Vormittag. Mit den professionellen Gag-Autoren um Morten Kühne, der auch bei «Kesslers Knigge» mitwirkte, werden die Witze für die spätere Sendung noch einmal besprochen, der Ablauf der Sendung mit dem Produktionsteam abgeglichen, ehe es schon am frühen Nachmittag zu den Proben geht. Nach dem Besuch in der Maske hat Oliver Welke etwas Verschnaufpause: Diesen Moment nutzt er, um sich vor der Sendungsaufzeichnung nochmal zu sammeln, beschreibt der Moderator. Unmittelbar vor der Sendung lässt er es sich auch nicht nehmen, das Publikum und sich selbst „heiß“ auf die Sendung zu machen. „Das hilft mir, um selbst warm zulaufen und für die Sendung in Stimmung zu kommen“, erzählt Welke. In Stimmung ist der Anchorman der «heute-show» dann recht schnell: Was dem Zuschauer zu Hause am Fernseher verborgen bleibt, sind die guten Warm-Upper-Qualitäten von Oliver Welke, die in diesem Moment aufblitzen. Wenige Minuten vor der Sendung brennt er ein wahres Gagfeuerwerk ab, das auch Anheizer Thomas Peffermann am Rand der Studiobühne amüsiert. „Sind FDP-Wähler heute hier?“, fragt Welke und zählt die wenigen nach oben schnellenden Hände. „Zwei FDP-Wähler hier, in Prozentzahlen ausgedrückt kommt das nach den aktuellen Umfragen etwa hin“, scherzt Welke. Das Publikum lacht. Spontan kommen die Witze bei Welke, ehe die Aufzeichnung auch gleich beginnt.
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Die Nachrichtensatire mit Oliver Welke macht Politnachrichten zur Unterhaltung. Quotenmeter.de-Redakteur Jürgen Kirsch besuchte das ZDF-Format und blickte hinter die Kulissen der Sendung.
Von der ersten Minute an ist Oliver Welke in bester Laune, das macht auch dem Publikum sichtlich Spaß, das nicht nur aus Gefälligkeit über die satirischen Kommentare lacht. Die großen Themen der Woche sind in der «heute-show» vertreten: Sarrazin, das Udo-Jürgens-Abschiedsständchen an Roland Koch, Lehrlingsmangel oder Westerwelle, auf den man sich ein wenig eingeschossen hat, und sogar Barack Obama - sie alle sind vertreten. Oliver Welke springt dabei nicht von einem Thema zum nächsten, sondern hat auch ein Kabarettisten-Team an seiner Seite, das dafür sorgt, dass er die Sendung nicht komplett alleine tragen muss. Mit Christian Ehring bespricht er auf sehr witzig-zynische Weise das umstrittene Buch von Thilo Sarrazin, Olaf Schubert zeigt seinen humorvollen Einspieler aus Cottbus, Martina Hill spielt die Statistik-Expertin Tina Hausten in ihrer unverwechselbaren Art und auch Schauspieler Alexander Schubert bietet vor dem Greenscreen (vermeintlich live aus Washington) sein ganzes Können auf, wenn er den sensiblen Reporter mimt. Einen haben wir noch vergessen: Gernot Hassknecht, die Rolle des Kabarettisten Hans-Joachim Heist, ist perfekt für den lautstarken Kommentar zwischendurch. Die Rolle passt dem Theater-Mann wie angegossen. Er wird stets schon weit im Vorfeld der eigentlichen Sendung aufgezeichnet, da er Freitagabends Theater spielt. Entdeckt hat man ihn durch ein Casting, bei dem jedoch ein gänzlich anderer Charakter gesucht wurde. Ein Glücksgriff. Er und die anderen „Experten“ sind willkommene Sidekicks für Oliver Welke, der durch die Sendung führt. Eine Bereicherung für die «heute-show», denn das Konzept aus Einspielern, Live-Schalten und der satirischen Verarbeitung der Politnachrichten geht voll auf. Die Sendung hat Unterhaltungswert und trifft den Humor ihrer Zielgruppe, die größtenteils die politisch-interessierten, jungen Erwachsenen sind. Durch die direkte Wahrnehmung vor Ort im Studio kommt man aus dem Lachen ob der hohen Gagdichte gar nicht mehr heraus. Inwieweit man sich dabei an dem US-Vorbild der «Daily Show» orientiert verrät Oliver Welke: „Als wir auf Sendung gingen, kam dieser Vergleich recht schnell. Dabei gab es schon vor der «heute-show» politische Nachrichtensatire. Zum Beispiel «extra3», das heute immer noch im NDR zu sehen ist. Und wir wollen gar nicht so sehr mit anderen Formaten verglichen werden“, betont der «heute-show»-Anchorman.
Zum Konzept der «heute-show» zählt aber auch der richtige Moment, in dem man einen Gag bringt, damit dieser zündet. Das eine oder andere Mal muss ein Witz wiederholt werden, weil die MAZ zu früh abgefahren wurde oder beim zweiten Versuch das Sarrazin-Buch an der falschen Stelle lag. Kleine Pannen, die bei einer Aufzeichnung eben passieren können. Davon lässt sich das eingespielte Produktionsteam aber nicht beirren, auch Oliver Welke nimmt es mit Humor, denn auch beim zweiten Mal sitzt der Gag. Der «heute-show»-Anchorman hat ein gutes Gespür dafür, wann der richtige Moment für einen Witz da ist, war er doch auch oftmals in der Impro-Comedy «Schillerstraße» dabei. „Völlig spontan kommt in der Sendung relativ wenig. Fast alles wird von den Autoren und mir geschrieben, weil die Regie sonst mit dem Einspielen der vielen Grafiken nicht punktgenau nachkäme. Ich darf aber den Wortlaut spontan variieren und einzelne Sätze drum herum improvisieren“, beschreibt Oliver Welke seine Rolle als Moderator der «heute-show», die er mit viel Spaß verbindet. Spontan reagieren möchte man aber schon auf aktuelle politische Ereignisse. „Wir hatten das Glück, dass in unserer Sommerpause generell wenig Politisches passiert ist, das wir verpasst hätten und sind auch Herrn Köhler dankbar, dass er noch vor der Pause zurückgetreten ist, so dass wir das noch verarbeiten konnten. Generell reagieren wir also schon auf politische Ereignisse“, meint Welke im Gespräch mit Quotenmeter.de-Redakteur Jürgen Kirsch etwas süffisant. Die «heute-show» versteht sich somit auch als Wochenrückblick. Die Themen der Woche werden von der Redaktion gesammelt, die Gags von den Autoren geschrieben und am Ende im Politainment-Produkt «heute-show» zusammengeführt. Also kann bei einem bedeutenden politischen Ereignis am Aufzeichnungstag die Arbeit einer ganzen Woche über den Haufen geworfen werden? Welke: „Das ist richtig. Aktualität ist sehr wichtig."
Mit 30 Minuten, die exakt eingehalten werden müssen, ist die «heute-show» im ZDF noch an Sendezeit eher knapp bemessen. Doch steckt sehr viel Arbeit dahinter, um diese Sendezeit zu füllen. Noch unmittelbar vor der Aufzeichnung herrscht eine Etage über dem Studio ein reges Treiben. Teilweise werden noch letzte Vorbereitungen getroffen, größtenteils wird aber schon auf die Sendung sieben Tage später hingearbeitet. „Man denkt, die Sendung ist fertig, aber der Schein trügt, die nächste Sendung wartet schon. Viel Verschnaufpause bleibt da nicht“, erläutert Produzent Georg Hirschberg bei einem Rundgang im Produktionsbüro der «heute-show». Hier steht auch das Herzstück der «heute-show», das ein Mitarbeiter von Prime Productions betreut. Modernste Technik in einem Raum, in dem außer Lüftergeräuschen und viel Hightech nicht viel zu vernehmen ist. Über 30 Kanäle, überwiegend News-Sender, werden hier parallel aufgezeichnet. Das Material für die «heute-show» kommt hier zusammen. Ohne dieses wäre die politische Satire mit Nachrichtenbeitrag-Schnipseln erst gar nicht möglich. Ein umfassendes Archiv an Bildmaterial, das hin und wieder auch mal ausgemistet werden muss, wenn die Technik an ihre Kapazitätsgrenzen stößt. Zwei Türen weiter befinden sich die Sichter-Plätze. Die dortigen Mitarbeiter sind damit beschäftigt das aufgezeichnete Material für die bevorstehende Sendung anzuschauen und für die mögliche Verwendung auszufiltern. In der Redaktion daneben entstehen die Ideen und Beiträge für die «heute-show». Das gesichtete Material wird für die Sendung schließlich aufbereitet. Nebenan befinden sich natürlich einige Schnittplätze, wo die Einspieler für die Sendung in ihre Endfassung umgewandelt werden.
Lesen Sie auf der nächsten Seite, wie die "Mainzelmännchen" entstehen.
Die Nachrichtensatire mit Oliver Welke macht Politnachrichten zur Unterhaltung. Quotenmeter.de-Redakteur Jürgen Kirsch besuchte das ZDF-Format und blickte hinter die Kulissen der Sendung.
Gegenüber entstehen auch die „Mainzelmännchen“. Eine sehr interessante Arbeitstechnik ist hiermit verbunden. Zunächst werden die ZDF-Trickfiguren, die mit Erlaubnis des Mainzer Senders zu Satire-Zwecken genutzt werden dürfen, wie Comics auf Papier vorgezeichnet. Zeichenkünste sind hier nicht nur von Vorteil, sondern auch zwingend erforderlich, sollen die ZDF-Werbetrenner doch echt aussehen. Über einen LCD-Zeichenbildschirm wird die Schablone dann nachgezeichnet und sozusagen digitalisiert. Mit Hilfe vieler Einzelzeichnungen und einem professionellen Schnittprogramm werden die „Mainzelmännchen“ schließlich animiert zu einem Videoclip, der dann während der «heute-show» über den Bildschirm flimmert. Ein sehr arbeitsintensiver Prozess, der aber ebenso effektvoll daher kommt, wenn sich die türkische Form der „Mainzelmännchen“ beispielsweise auf eine Sarrazin-Animation stürzt und diese dann aus einer Staubwolke auf dem fliegenden Teppich wie «Aladin» davon schwirrt. Die „Mainzelmännchen“-Animationen in der «heute-show» erfreuen sich großer Beliebtheit und sind eine Augenweide. Hier lacht der Mainzer Sender gerne mit, wenn seine „Aushängeschilder“ zur Satire beitragen, werden sie doch stets auf sehr charmant-witzige Art eingebaut. Bei einem Beitrag von Martin Sonneborn mit einem Pharmalobbyisten, den er unter dem Deckmantel der ZDF-Marke «heute-journal» gedreht haben soll, verstand man weniger Spaß. Allerdings spielt man bei den Außendrehs für die «heute-show» ohnehin lieber mit offenen Karten, versichern die Mitarbeiter von Prime Productions.
Da die «heute-show» auch ein Wochenrückblick ist, spielt dieser Umstand beim Sendeplatz am Freitagabend auch eine nicht zu unterschätzende Rolle, sagt Prime Productions-Geschäftsführer Georg Hirschberg. „Für uns ist diese Ausgangsposition inhaltlich sehr glücklich“, meint er. „Denn so können wir die großen Themen der Woche rückblickend verarbeiten“, so Hirschberg. Über die Einschaltquoten der «heute-show» mit zuletzt 5,0 und 5,2 Prozent Marktanteil der 14- bis 49-Jährigen Zuschauer (der beiden Sendungen nach der Sommerpause) sorgt man sich nicht. Denn ZDF-Programmchef Thomas Bellut hat bereits angekündigt, dass es auch über das Jahr hinaus mit der «heute-show» weitergeht. Die Qualität steht im Vordergrund – und so bleibt zu hoffen, dass bald auch mehr Fernsehzuschauer auf den Geschmack kommen werden.
Das ZDF zeigt eine neue Folge der «heute-show» am heutigen Freitagabend um 22.30 Uhr.