Schlecht wie nie: Geht die Ära «TV total» zu Ende?

ProSieben-Komiker hat ein großes Problem: Seine tägliche Late-Night-Show hat einen neuen quotenmäßigen Tiefpunkt erreicht.

Stefan Raab gehört zu den erfolgreichsten deutschen Personen: Er moderiert eine tägliche Late-Night-Show, veranstaltet mit seinem Teams sportliche Wettbewerbe, nimmt nach Lust und Laune Lieder auf und fand mit seiner Castingshow «Unser Star für Oslo» die Eurovision Song Contest-Siegerin Lena Meyer-Landrut.

Das frühere Lästermaul Raab hat ein aalglattes Image, denn er kämpft mit normalen Menschen um eine halbe Million Euro und schafft Dinge, die zuletzt die Sängerin Nicole vor rund 20 Jahren geschafft hat. Nicht nur die Medienwelt feiert den Entertainer, auch die Fans lieben Raab mehr denn je. Quotenmäßig ist es schon lange nachgewiesen: Wenn Stefan Raab am Eurovision Song Contest beteiligt ist, sind die Quoten massiv höher. Auch seine Spielshow «Schlag den Raab» verzeichnete mit der Premiere der fünften Staffel das beste Ergebnis aller Zeiten. Im Durchschnitt schalteten zwischen 20.15 und 01.40 Uhr 4,00 Millionen Menschen ein, der Marktanteil lag bei sagenhaften 31,3 Prozent.

Doch nicht alles ist Gold, was bei Raab glänzt. Die werktägliche Late-Night-Show «TV total» befindet sich seit Jahren im Quotentief, mit dem Start der 13. Staffel sind die Quoten allerdings noch einmal abgestürzt. Kurzum: «TV total» lief noch nie so schlecht, wie bislang. Die Tendenz geht sogar nach unten, denn nach sechs Wochen waren die Werte niedriger als nach fünf Wochen.

Die ersten 24 Ausgaben der neuen «TV total»-Staffel wurden nur von 0,72 Millionen Zuschauer gesehen, der Marktanteil lag bei 6,2 Prozent. Bei den 14- bis 49-Jährigen wurden 0,58 Millionen Zuseher gemessen, der derzeitige Marktanteil lag bei 10,52 Prozent. Noch im vergangenen Jahr, als die Sendung zur selben Zeit lief, wurden 11,34 Prozent bei den Werberelevanten gemessen. Die elfte Staffel kam nach sechs Wochen auf 10,59 Prozent Marktanteil, ebenfalls kein gutes Ergebnis.

Die Fernsehstation ProSieben und die Produktionsfirma Brainpool müssen reagieren, denn die Einschaltquoten sind abfallend. Zwar gehen die Reichweiten und Marktanteile nur sehr langsam zurück, aber über Jahre hält dieser Trend schon an. Wie man aus dem Tal der Tränen wieder herauskommt, ließ ProSieben unbeantwortet. Ein Sendersprecher, der das Format betreut, hat auf eine schriftliche Anfrage von Quotenmeter.de nicht reagiert. Zwischenzeitlich versuchte man «TV total» wieder auf den 22.15 Uhr-Slot vorzuverlegen, doch bereits nach wenigen Ausgaben wurde das Experiment beendet.

Im gleichen Atemzug muss aber auch erwähnt werden, dass sich das «TV total»-Vorprogramm in den vergangenen Monaten geändert hat. Der späte Montagabend mit «Supernatural» läuft suboptimal, die Max Giermann-Sendung «Granaten wie wir» macht die tollen «Switch Reloaded»-Quoten kaputt und am Mittwoch konnte «The Good Wife» nicht punkten. Darüberhinaus schwächelt die Castingshow «Popstars», die keine bravurösen, sondern nur noch gute Einschaltquoten an das qualitativ miese Format «red!» weiter gibt.

Jedoch ist dies keine Ausrede, denn auch vor zwei und drei Jahren waren die 22.15 Uhr-Erfolge von ProSieben sehr spärlich. Im TV-Jahr 2007/2008 punktete die Fernsehstation lediglich am Dienstag- («Switch Reloaded») und am Donnerstagabend («Das Model & der Freak», «Simply the Best»), ein Jahr später kamen ebenfalls Realitys am vierten Tag der Woche an. Zeitweise holte «Reaper» tolle Marktanteile am Montag, dafür enttäuschte der Dienstagabend.

Wie man das Blatt wendet: «TV total» ist kein Zuschauermagnet mehr, weil die Menschen mit der Sendung unzufrieden sind. Die Person Stefan Raab ist stattdessen beliebter wie je und lockte zuletzt am Samstagabend vier Millionen Zuschauer vor die Flimmerkiste. Für viele Raab-Fans ist «TV total» eine Werbesendung für andere Raab-Shows geworden, in den vergangenen Wochen wurde viel Sendezeit für den «Bundesvision Song Contest», die «Stock Car Crash Challenge» und «Schlag den Raab» frei geräumt. In Communitys herrscht inzwischen die Meinung, dass Stefan Raab wieder auf die Straße müsste, weil dann die Sendung besser wird. Lob bekam er im Übrigen für seine Sondersendungen aus Oslo, die in der Zielgruppe 13,8 Prozent Marktanteil erreichten.

Verändern wird sich in den nächsten Monaten nur sehr wenig, wie die Erfahrung aus den vorherigen Jahren zeigt. Allerdings ist nun der Punkt gekommen, an dem sich Stefan Raab, Brainpool und ProSieben zusammen setzen müssen, denn die Quoten waren noch nie so schlecht.
13.10.2010 08:01 Uhr  •  Fabian Riedner Kurz-URL: qmde.de/45122