«Comedypreis 2010»: Brüste, Genitalien und künstliches Blut

Quotenmeter.de vor Ort: Was abseits der Comedypreis-Verleihung geschah. Freundschaftliche Duelle im Vorfeld, Raab-Zensur, seine Flucht vor RTL-Reportern & die Sorge der Branche um Oliver Pocher.

Die Comedy-Elite Deutschlands, sie versammelte sich zum alljährlichen Stelldichein im Coloneum in Köln-Ossendorf. Denn erneut war die Zeit gekommen – die lustigsten Deutschen sollten gekürt werden. Die Verleihung der Comedypreise ist dabei jedes Jahr auch ein großes Familientreffen der warmherzigen Branche, die dabei vor allem Spaß haben will. Viele Komiker und Komikerinnen sind sogar Freunde und freuen sich auf das Wiedersehen mit den Kollegen. Doch gibt es tatsächlich weder Neid noch Missgunst unter den Nominierten? Herrscht allgemein fröhliche Stimmung unter Deutschlands besten Comedians? Schließlich ist der Comedypreis in seiner 14-jährigen Geschichte auch zum wichtigsten Preis für die deutsche Comedy-Szene geworden. Quotenmeter.de-Redakteur Jürgen Kirsch wollte es genau wissen und begab sich unter die Lachgesellschaft. Wie lustig sind sie wirklich? Vor dem Coloneum warten Fans gespannt auf die Ankunft der Komiker, um den nächsten Gag hautnah mitzubekommen. Doch deren Ziel ist der Empfang drinnen, wo es Sekt und Cocktails gibt, welche die gute Laune zusätzlich aufheitern sollen. Doch zunächst müssen die Comedystars über den roten Teppich.

Zumindest jene, die sich auch präsentieren wollen. Glamour und Dämmerlicht, nur aufgehellt durch das Blitzlichtgewitter der Fotografen, die sich auf die ankommenden Stars stürzen, sind nicht für jeden Spaßmacher auch eine Freude. Stefan Raab beispielsweise begab sich auf direktem Wege zur Aufzeichnung und von dort wieder weg. Doch all jene, die über den roten Teppich zum Empfang und von dort ins Studio schreiten - es sind die meisten -, haben Spaß. Sie zeigen sich gerne den Fans und Fotografen. Sie haben sogar für noch so dumme Fragen am Rande der Gala ein offenes Ohr. Bereitwillig geben sie Tipps und Prognosen für die Preisverleihung ab oder einfach nur darüber Auskunft, was ihre vergangenen und kommenden Projekte betrifft. Vorab sei schon mal ein Running-Gag der Veranstaltung verraten, der vom roten Teppich bis auf die Comedypreis-Bühne überliefert wurde, wo der als bester Komiker ausgezeichnete Dieter Nuhr moderierte. Er äußerte sich schlicht in einer Frage, an der sich mehrere Comedians belustigten: Wo ist eigentlich Oliver Pocher? Denn der war angesichts der miesen Quoten seiner Late-Night lieber zu Hause geblieben und auch nicht - wie zum Beispiel Simon Gosejohann - schlicht als Gast erschienen.

In 15 Kategorien standen gleich mehrere erstklassige Comedy-Projekte zur Wahl, um den begehrtesten Türstopper Deutschlands zu bekommen. Bei den Nominierungen hat die Jury um Thomas Hermanns für einige spannende Konstellationen gesorgt. Zum Beispiel in der Kategorie „beste Comedy-Serie“. Neben der herausragenden Serie «Pastewka» waren auch der kultige «Stromberg» und die fesche «Danni Lowinski» nominiert. Interessant ist dies vor allem vor dem Hintergrund, dass die Darsteller Christoph Maria Herbst und Annette Frier beide auch in Bastian Pastewkas gleichnamigen Comedy-Format mitwirkten. Frier und Pastewka sind seit den «Wochenshow»-Tagen gute Kollegen. Ein Duell unter Freunden um den Comedypreis also. Auch in der Kategorie „bester Schauspieler“ streiteten sich die Kumpels Bastian Pastewka und Christoph Maria Herbst um die Trophäe. Ein spannender Abend sollte es für sie werden. Bastian Pastewka: „Ich gönne es allen. «Stromberg», was ich sehr gerne schaue, ist ein Meilenstein. Genauso wie «Danni Lowinski» mit der bezaubernden Annette“, gab sich der Comedian solidarisch.

Es war allerdings nicht seine einzige Nominierung. „Am liebsten würde ich den Preis mit Anke Engelke als bester Comedy-Event für «Fröhliche Weihnachten» gewinnen. Denn würde ich als bester Schauspieler gewählt, würde ich mir alleine auf der Bühne verloren vorkommen. Daher möchte ich lieber mit Anke dort stehen oder mit dem ganzen «Pastewka»-Team zusammen“, verriet Pastewka unmittelbar vor der Verleihung. Es sollte schließlich so kommen: Zusammen mit Anke Engelke stand er auf der Bühne - «Fröhliche Weihnachten» wurde als bester Comedy-Event geehrt. Spontan hat sich das Duo sogar noch zu einem Sketch animieren lassen, den sie auf der Bühne improvisierten. Anke Engelke räumte mit «Ladykracher» ebenfalls ab und hatte wieder einen Preis mehr in der Tasche als Pastewka, was in der Comedy-Serie auch einmal zur Sprache kam. „Eben weil wir Freunde sind, ist das kein Problem. Man freut sich für den Anderen mit und gefeiert wird ohnehin zusammen“, kommentierte dies Anke Engelke.

Lesen Sie auf der nächsten Seite unter anderem, was Christoph Maria Herbst seinem Kollegen Pastewka wünschte.

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Pastewka war neben Christoph Maria Herbst und Jan Josef Liefers auch als bester Schauspieler nominiert. Kollege Herbst hätte ihm diesen Preis sogar gewünscht: „Der Bastian soll sich den Preis holen. Damit sich seine Karriere wieder erholt und ihm der Preis vielleicht aus dem Knick hilft“, scherzte er. „Oder auch Jan Josef Liefers. Ich möchte die Kollegen ja auch nicht langweilen, wenn ich immer gewinne“, sagte Christoph Maria Herbst im Gespräch mit Quotenmeter.de-Redakteur Jürgen Kirsch. „Ich hatte die große Ehre dreimal als bester Schauspieler zu gewinnen, da möchte ich mich dieses Mal hinten anstellen“, erklärte der Schauspieler ernsthaft. Letztlich stand Christoph Maria Herbst aber doch wieder auf der Bühne und holte sich den Comedypreis für den besten Schauspieler zum vierten Mal ab. „Dass es so gekommen ist, zeigt wie unvorhersehbar und unbestechlich der Comedypreis ist. Das finde ich geil. Insofern freue ich mich ganz besonders, weil ich gar nicht damit gerechnet habe“, gab Herbst nach der Verleihung zu Protokoll. Die Serie «Stromberg» ging allerdings abermals leer aus. Bislang konnte das Format selbst noch keinen Comedypreis abgreifen. Dabei hatte sich Christoph Maria Herbst vor allem für «Stromberg» große Chancen ausgerechnet: „Ich finde, dass «Stromberg» als Format längst überfällig ist, den Preis zu gewinnen und es weiß Gott verdient hat“, meinte Herbst. Serien-Autor Ralf Husmann nickte beipflichtend im Hintergrund.

Mit «Danni Lowinski», die letztlich den Preis als beste Serie ergatterte, hatte man allerdings auch in diesem Jahr weitere, neue Konkurrenz. Ungeachtet dessen, geht «Stromberg» aber in die fünfte Staffel und kann in einem Jahr einen neuen Anlauf versuchen. Die Dreharbeiten hierzu beginnen im März 2011 wie Christoph Maria Herbst verriet. Zehn neue Folgen wird es geben. Auch eine ganz andere Baustelle hat der «Stromberg»-Darsteller noch im Blick: „Ich habe auch bezüglich eines Kino-Films die Hoffnung nicht aufgegeben. Ich bin mir sicher, dass wir auch das 'wuppen' werden“, erzählte der gebürtige Wuppertaler auf dem roten Teppich. Am 1. November 2010 zeigt ProSieben zunächst seinen Krimi-Film «Kreutzer kommt», auf dessen Premiere sich der Schauspieler ebenfalls freut: „Die Dreharbeiten haben irrsinnig Spaß gemacht. Für mich war das auch ein Genrewechsel und ich hatte sehr viel Freude die Figur des Kommissar Kreutzer mit einem tollen Ensemble zu spielen. Es hat auch ein sehr gutes Drehbuch. Ich wäre blöd gewesen, hätte ich die Rolle jemand Anderen spielen lassen“, würde Herbst sich freuen, wenn «Kreutzer kommt» eine Fortsetzung beispielsweise als Reihe finden würde.

Zurück zum «Comedypreis»: «Danni Lowinski» hatte den Preis für die beste Comedyserie in diesem Jahr bekommen. Annette Frier konnte sich gleich doppelt freuen. Denn sie ist auch gleichzeitig die beste Schauspielerin 2010. Auf der Aftershow-Party im Anschluss an die Aufzeichnung des deutschen Comedypreises, der bei RTL ausgestrahlt wurde, gab sie sich in bester Feierlaune. „Es ist richtig Freude. Es ist voll im Bauch drin und hat mit dem Kopf nichts zu tun“, beschrieb sie ihre Glückgefühle nach dem dritten Preis in einer Woche. Denn auch den Fernsehpreis hatte sie schon abgeräumt. Aus diesem Grund hätte auch Bastian Pastewka auf die Dramedy gewettet. „Aber zum Glück gibt es keine Tippgemeinschaften, in denen über Comedypreis-Gewinner spekuliert wird“, spaßte er. Doch woher kommt der Erfolg von Annette Frier? „Ich habe gar kein Erfolgsrezept, der kommt und geht, wie man so schön sagt“, antwortete sie.

Ein großer Gewinner des Abends in Köln war auch Oliver Welke mit seiner «heute-show». Bereits zum zweiten Mal gab es für die Nachrichtensatire den Comedypreis, eine Woche zuvor schon den Fernsehpreis und den Grimme-Preis haben Welke und seine Crew auch in der Vitrine stehen. Welcher Preis ist da eigentlich wichtiger? „Es gibt keine Hierarchie der Preise. Ich habe alle Preise gleich lieb“, offenbarte der «heute-show»-Moderator, der übrigens auch als Autor an der Gestaltung des «Comedypreis» mitarbeitete. Beeindruckend ist vor allem, dass die Polit-Late-Night im ZDF in der Kategorie „beste Comedyshow“ gegen zwei Live-Programme angetreten ist. «Willkommen bei Mario Barth» und «Cindy aus Marzahn & die jungen Wilden» konnte man hinter sich lassen. Doch die Protagonisten der beiden Formate gingen nicht leer aus. Mario Barth hat wie jedes Jahr auf wirtschaftlichen Erfolg begründet den Preis für den besten Live-Act bekommen und Cindy aus Marzahn ist 2010 die beste Komikerin. Nur per Videogruß nahm Til Schweiger seinen Preis für «Zweiohrküken» an. Auch ein Deja-vu. Die weiteren Preisträger des Deutschen Comedypreises sind hier aufgelistet. Die Einspieler bei den Vorstellungen der Nominierungen hielten dabei nicht nur lustige Szenen bereit, sondern zeigten teilweise sogar viel nackte Haut. Neben unbedeckten Brüsten («Dennis & Jesko») waren auch entblößte männliche Genitalien («Barfuß bis zum Hals») zu sehen. Das Gesamtpaket der Verleihung stimmte – es war amüsant. Und lustig.

Lesen Sie auf der nächsten Seite unter anderem, wie Stefan Raab vor RTL-Reportern flüchtete und Bastian Pastewka von Herbert Feuerstein schwärmt.

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Es hätte an diesem Abend ruhig drei inoffizielle Preise geben können. In Sachen lustigste Laudatio wäre an Max Giermann niemand vorbei gekommen, denn der kam mit einer Tüte über dem Kopf auf die Bühne und spielte den Zwist zwischen seiner eigenen Persönlichkeit und dem Alter-Ego von Stefan Raab. Dies war ausgefallen und brachte auch Raab selbst zum Lachen. So floss sogar künstliches Blut aus Giermanns Mund, da er auch mit (vorgetäuschter) Gewalt gegen sein vermeintlich "zweites Ich" ankämpfte. Ein atemberaubendes Schauspiel, das erst Matthias Opdenhövel beendete. „Stefan, bist du wieder Mountainbike gefahren?“, fragte er Max Giermann in Anspielung auf Raabs Sturz bei «Schlag den Raab». Das Publikum brüllte vor Lachen. Dagegen konnte auch die sehr lustige Performance von Martina Hill als Daniela Katzenberger direkt am Anfang nur schwer mithalten. Im Gegensatz zu «Switch Reloaded»-Kollege Max Giermann ging Martina Hill nicht ganz leer aus, gehört sie als Tina Hausten doch zum «heute-Show»-Cast. Nominiert war sie noch mit «C.I.S. – Chaoten im Sondereinsatz» und «Switch Reloaded - Der Jahresrückblick» - beide Formate bekamen keinen Comedypreis.

Die bissigste Dankesrede kam übrigens von dem "echten" Stefan Raab, der mit «TV total» den Comedypreis als beste Late-Night-Show – vor allem für die Sternstunden in Oslo – gewann. „Ich danke allen Sendern, die das Material produzieren, damit wir «TV total» machen können. Zum Beispiel RTL – für «Schwiegertochter gesucht» kommt ihr alle in die Hölle“, sagte er im Wortlaut und setzte das typische Raab-Grinsen auf. Im Publikum saß dabei RTL-Geschäftsführerin Anke Schäferkordt neben NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft. Sie musste den Raab-Seitenhieb auf ihren Sender im Studio noch erdulden. Nicht aber bei der Ausstrahlung einen Tag später, dort hatte man den Raab-Spruch rausgeschnitten. Offensichtlich machte Raab sich einen Spaß daraus in einer RTL-Sendung zu Gast zu sein. Auch später noch: Nach der Aufzeichnung versammelten sich die Gewinner alle auf der Bühne, während auch Presse-Statements möglich waren. Als ein Kamerateam von RTL Raab interviewen wollte, ergriff er die Flucht. Lieber rannte er schelmisch vor sich hin lachend einmal um die Studio-Deko, ehe er nur ein Wort in das RTL-Mikrophon sprechen würde. Die RTL-Reporter blieben baff zurück.

Die schönste Laudatio aber hielt Bastian Pastewka als Highlight des Abends beim Ehrenpreis für Herbert Feuerstein. Wohl klingende Worte, ein Schweif über 20 Jahre Fernsehen mit Feuerstein und gewürzt mit ein paar scharf-züngigen Sätzen – es hätte einen extra Comedypreis verdient gehabt. Denn Bastian Pastewka war geradezu prädestiniert für diese Laudatio. „Ich bin früher ein Harald-Schmidt-Jünger gewesen, damals als man ihn noch kannte, ohne Frage. «Schmidteinander» hat mich elektrisiert. Damals hat Schmidt schon bewiesen, dass er ein Großmeister ist. Aber auch Feuerstein hatte einen absolut faszinierenden Charakter. Ich verleihe daher sehr gerne diesen Ehrenpreis an Feuerstein“, erzählte der Fernsehliebhaber Pastewka im Vorfeld. Herbert Feuerstein fühlte sich tatsächlich geehrt. „Ich sehe es als angenehme, sympathische Geste von den Kollegen“, sagte Feuerstein nach der Aufzeichnung. Sich selbst hätte er den Preis aber nicht verliehen, wie er in diversen Interviews immer wieder betonte. Zu seinen 20 Jahren im deutschen Fernsehen ließ er nur verlauten, dass er es überstanden habe. Beim Spaßtreffen der Comedy-Elite fühlte sich Feuerstein dennoch unterhalten. Zum Gratulieren schickte der einistige Feuerstein-Weggefährte Harald Schmidt den Show-Bandleader Helmut Zerlett direkt von der Aufzeichnung seiner Late-Night (noch) im Ersten ins Coloneum.

Vor der Aufzeichnung mussten sich die Komödianten aber jedoch etwas gedulden. Denn für die neue Staffel von «Pastewka» wollte Brainpool, das von RTL mit der Produktion des Comedypreises beauftragt worden war, noch etwas drehen. Eine der neuen Folgen soll eben beim Comedypreis spielen. Die Dreharbeiten sind also weiterhin in vollem Gange. Bereits auf dem roten Teppich wurde unbemerkt mit Axel Stein in Begleitung zweier schräger Typen gedreht. Im Studio selbst musste Annette Frier ins Rampenlicht. Was aus den Wenige-Minuten-Drehs wurde, wird in der fünften Staffel von «Pastewka» zu sehen sein. Sie ist für das Frühjahr 2011 angedacht. „Heutzutage sitzt der finanzielle Gürtel bei den Sendern sehr eng, umso mehr freuen wir uns, dass wir mit «Pastewka» ins fünfte Jahr gehen können. Das ist eine der schönsten Geschichten und wir haben auch wieder viele Gaststars dabei“, sagte Bastian Pastewka zu Quotenmeter.de-Redakteur Jürgen Kirsch, angesprochen auf die Dreharbeiten zur neuen Staffel. Neben Wigald Boning & Co. freut sich Pastewka übrigens besonders auf "Bernd, das Brot", welches sich selbst spielt. Wir sind schon gespannt.
17.10.2010 08:00 Uhr  •  Jürgen Kirsch Kurz-URL: qmde.de/45235